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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A in B, vertreten durch die DAX Wutzlhofer & Partner Rechtsanwälte GmbH in 7000 Eisenstadt, Rusterstraße 62/1/4, gegen das am 12. Jänner 2022 mündlich verkündete und am 1. März 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W176 2241964-1/8E, betreffend Teilunterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdenkmalamt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 8. März 2021 stellte das Bundesdenkmalamt (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) fest, dass die Erhaltung der an einer näher angeführten Adresse in B gelegenen ehemaligen Pädagogischen Akademie in ihrer Außenerscheinung und der Erschließungsbereiche im Inneren des Gebäudes gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz (DMSG) im Sinn einer Teilunterschutzstellung gemäß § 1 Abs. 8 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen sei.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde der nun revisionswerbenden Partei wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 29. April 2022, E 1006/2022-5, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer - in der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhobenen - Revision zusammengefasst darin gelegen, dass das Bundesverwaltungsgericht angesichts eines vorliegenden Amtssachverständigengutachtens und eines Gutachtens eines Privatsachverständigen - infolge seiner „grob fehlerhaften Ansicht“ - nicht wie beantragt ein weiteres Sachverständigen-(ober-)gutachten eingeholt, sondern die fachkundigen Aussagen selbst gewürdigt habe.
7 Mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen wirft die revisionswerbende Partei keine Rechtsfragen auf, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erst jüngst in seinem Beschluss vom 11. Mai 2022, Ra 2022/09/0039, zu einem insoweit vergleichbaren Fall die bisherige Rechtsprechung zu dieser Fragestellung wie folgt zusammengefasst:
„12 [...] Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Lösung der Frage, ob es sich bei einer Sache um ein Denkmal im Sinn des § 1 Abs. 1 DMSG handelt, und ob dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, dass es sich also gemäß § 1 Abs. 2 DMSG um ein Denkmal handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestands in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde, die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend, wobei insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen ist. Grundlage einer solchen Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, aus dem sich jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung und jener Dokumentationscharakter im Sinn des § 1 Abs. 2 DMSG ableiten lässt, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0168 bis 0169, mwN).
13 Ist eine Partei durch Vorlage eines Privatgutachtens einem Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten, so ist es Aufgabe eines Verwaltungsgerichtes, den in der Sache schon herangezogenen Amtssachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen im Detail auseinander zu setzen und insbesondere auch dessen Grundlagen zu erörtern und gegebenenfalls darzulegen, warum die Annahme des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht zutreffen (vgl. VwGH 24.3.2020, Ra 2019/09/0159; 16.9.2009, 2009/09/0138, jeweils mwN).
14 Auch hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der (Teil)Unterschutzstellung von Denkmalen bereits wiederholt festgehalten, dass das Verwaltungsgericht bei einander widersprechenden Gutachten nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu prüfen hat, welchem von ihnen höhere Glaubwürdigkeit beizumessen ist. Dabei hat es jene Gedankengänge aufzuzeigen, die es veranlasst haben, von den an sich gleichwertigen Beweismitteln dem einen einen höheren Beweiswert zuzubilligen als dem anderen. Bei einander widersprechenden Gutachten ist es dem Gericht somit gestattet, sich dem einen oder anderen Gutachten anzuschließen, es hat aber in der Begründung seiner Entscheidung die Gedankengänge und sachlichen Erwägungen darzulegen, die dafür maßgebend waren, dass es das eine Beweismittel dem anderen vorgezogen hat. Wenn das Gericht sich über ein von der Partei beigebrachtes Sachverständigengutachten hinwegsetzt, ist dies daher zu begründen. Der bloße Umstand, dass Sachverständige zu verschiedenen Ergebnissen kommen, macht weder das eine noch das andere Sachverständigengutachten unglaubwürdig (vgl. etwa VwGH 9.9.2021, Ra 2021/09/0184; sowie erneut 24.3.2020, Ra 2019/09/0159; 16.9.2009, 2009/09/0138, jeweils mwN).
15 Somit ist auch im Anwendungsbereich des DMSG bei Vorliegen divergierender sachverständiger Meinungen nicht zwingend ein weiterer Sachverständiger, der sämtliche vorliegende Gutachten zu beurteilen hat, beizuziehen, sondern die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht hat die Möglichkeit, aufgrund eigener Überlegungen einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw. Schlüssigkeit bei entsprechender Begründung den Vorzug zu geben (vgl. hierzu auch VwGH 30.10.1991, 91/09/0047, 9.11.2009, 2008/09/0322; 24.3.2020, Ra 2019/09/0159), wobei die Aussagen von Amts- und Privatsachverständigen grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert besitzen (vgl. VwGH 20.2.2014, Ro 2014/09/0004, mwN) und nicht schon die amtliche Eigenschaft des Sachverständigen den Ausschlag geben darf (vgl. erneut VwGH 30.10.1991, 91/09/0047, mwN).“
9 Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das Bundesverwaltungsgericht im hier zu beurteilenden Verfahren wird in der Revision nicht aufgezeigt. So hat das Bundesverwaltungsgericht sowohl die Amtssachverständige als auch den von der revisionswerbenden Partei beigezogenen Privatsachverständigen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung mit den Widersprüchen des eigenen Gutachtens zu dem jeweils anderen Gutachten konfrontiert und den Parteien hiezu Fragerecht und Gehör eingeräumt. Anschließend setzte es sich im Rahmen seiner Beweiswürdigung detailliert mit den einzelnen strittigen Punkten der Gutachten auseinander und legte schlüssig und nachvollziehbar im Einzelnen dar, weshalb es welchem Gutachten in welchem Punkt folgte, sofern die Sachverständigen nicht ohnedies zum selben Ergebnis gekommen waren. Ferner begründete es auch, weshalb die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht erforderlich sei.
10 Mit der dagegen vorgetragenen bloßen Behauptung einer grob fehlerhaften Beurteilung des letztgenannten Punkts und der nur pauschal und unkonkret erhobenen Kritik an der Beweiswürdigung als nicht den Denkgesetzen entsprechend, wird hingegen im Zulässigkeitsvorbringen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt.
11 Die Revision war somit wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 6. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090077.L02Im RIS seit
27.10.2022Zuletzt aktualisiert am
27.10.2022