TE Vfgh Beschluss 1994/3/1 G1/94

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Veröffentlicht am 01.03.1994
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AlVG §12 Abs3 litf
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des §12 Abs3 litf AlVG. Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wegen Aussichtslosigkeit. Gemäß §46 Abs4 AlVG hat das jeweils zuständige Arbeitsamt über den Anspruch eines Arbeitslosen auf Arbeitslosengeld dann, wenn es ihm keine zumutbare Arbeit vermitteln kann, zu entscheiden. Gegen einen aus dem Grunde des §12 Abs3 litf AlVG abweislichen Bescheid besteht ebenso wie gegen die Abweisung eines auf §12 Abs4 AlVG gestützten Antrages auf Zulassung einer Ausnahme von den Bestimmungen des §12 Abs3 litf leg.cit. die Möglichkeit der Berufung gemäß §56 Abs1 AlVG an das Landesarbeitsamt. Gegen einen Bescheid des Landesarbeitsamtes schließlich kann eine Beschwerde gemäß Art144 B-VG erhoben werden.

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Der Antrag auf Aufhebung des §12 Abs3 litf des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. In seiner nicht durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebrachten, auf Art140 B-VG gestützten und als "Beschwerde" bezeichneten, aber als Individualantrag zu wertenden Eingabe vom 1. Jänner 1994 begehrt der Einschreiter die Aufhebung des §12 Abs3 litf des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (im folgenden: AlVG) und behauptet mit näherer Begründung eine Verletzung sowohl des Gleichheitssatzes als auch der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Bildung sowie auf Freiheit der Berufswahl und Berufsausbildung gemäß Art2 des 1. ZP EMRK bzw. Art18 StGG durch die von ihm bekämpfte Gesetzesvorschrift. Außerdem begehrt er für diese Rechtssache die Bewilligung der Verfahrenshilfe.

2. §12 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 idF BGBl. Nr. 817/1993, - die bekämpfte Bestimmung ist hervorgehoben - lautet auszugsweise:

"Arbeitslosigkeit

§12. (1) Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.

(2) ...

(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs1 und 2 gilt insbesondere nicht:

a) ...

...

f) wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;

g) ...

...

(4) Von den Bestimmungen des Abs3 litf kann das Arbeitsamt Ausnahmen zulassen, sofern der Arbeitslose dem Studium oder der praktischen Ausbildung bereits während des Dienstverhältnisses, das der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorangegangen ist, durch längere Zeit hindurch oblag und die Beschäftigung nicht vom Arbeitslosen selbst zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst wurde.

(5) ...

..."

3. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985, 11684/1988).

Es kann nun dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller - der Antrag enthält diesbezüglich keine näheren Angaben - durch die von ihm bekämpfte Gesetzesbestimmung tatsächlich aktuell beeinträchtigt wird, da ihm jedenfalls ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit zur Verfügung steht: Gemäß §46 Abs4 AlVG hat das jeweils zuständige Arbeitsamt über den Anspruch eines Arbeitslosen auf Arbeitslosengeld dann, wenn es ihm keine zumutbare Arbeit vermitteln kann, zu entscheiden. Gegen einen aus dem Grunde des §12 Abs3 litf AlVG abweislichen Bescheid besteht ebenso wie gegen die Abweisung eines auf §12 Abs4 AlVG gestützten Antrages auf Zulassung einer Ausnahme von den Bestimmungen des §12 Abs3 litf leg.cit. die Möglichkeit der Berufung gemäß §56 Abs1 AlVG an das Landesarbeitsamt. Gegen einen Bescheid des Landesarbeitsamtes schließlich kann eine Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden, in welcher Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften unmittelbar an den Gerichtshof herangetragen werden können.

4. Der Individualantrag ist sohin mangels Legitimation zurückzuweisen.

5. Da sich somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof als aussichtslos erweist, ist sein unter einem mit dem Individualantrag gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG).

6. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Arbeitslosenversicherung, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:G1.1994

Dokumentnummer

JFT_10059699_94G00001_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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