TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/3 LVwG-2022/39/1908-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2022
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Entscheidungsdatum

03.09.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §52 Abs2
AVG §52 Abs3
AVG §76 Abs1
  1. AVG § 52 heute
  2. AVG § 52 gültig von 01.01.2002 bis 27.11.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  3. AVG § 52 gültig von 01.07.1998 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  4. AVG § 52 gültig ab 01.07.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  5. AVG § 52 gültig von 01.07.1995 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  6. AVG § 52 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. AVG § 52 heute
  2. AVG § 52 gültig von 01.01.2002 bis 27.11.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  3. AVG § 52 gültig von 01.07.1998 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  4. AVG § 52 gültig ab 01.07.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  5. AVG § 52 gültig von 01.07.1995 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  6. AVG § 52 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. AVG § 76 heute
  2. AVG § 76 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  3. AVG § 76 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/1999
  4. AVG § 76 gültig ab 01.01.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 76 gültig von 18.08.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/1999
  6. AVG § 76 gültig von 01.01.1999 bis 17.08.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. AVG § 76 gültig von 01.07.1998 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  8. AVG § 76 gültig von 01.07.1998 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  9. AVG § 76 gültig von 01.07.1995 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  10. AVG § 76 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Drin Mair über die Beschwerde

a) der AA, Adresse 1, **** Z, und

b) der BB, Adresse 1, **** Z, vertreten durch AA, ebendort,

gegen den im Umfang der Vorschreibung der Kosten für den nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen gemäß § 76 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Z vom 17.06.2022, Zl ***,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde zu 1. und 2. wird Folge gegeben und wird der Bescheid im Umfang seiner Anfechtung (Kosten für den nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen) ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:

Im zur Aktenzahl *** geführten Bauverfahren wurden CC als nichtamtlicher hochbautechnischer Sachverständiger (Bestellungsbescheid vom 24.09.2021) und ein Vertreter der Landesstelle DD als brandschutztechnischer nichtamtlicher Sachverständiger (Bestellungsbescheid vom 13.12.2021) beigezogen. Begründend wurde in beiden Bescheiden ausgeführt, dass der Marktgemeinde Z kein entsprechender Amtssachverständiger zur Verfügung stehe, aus welchem Grunde ein geeigneter nichtamtlicher Sachverständiger zu bestellen wäre.

Für die Erstellung seiner Gutachten vom 25.10.2021 (Eingang 28.10.2021), vom 15.11.2021 (Eingang 19.11.2021) und vom 02.03.2022 (Eingang 04.03.2022) stellte der nichtamtliche hochbautechnische Sachverständige Kostennoten vom jeweils gleichen Tag in den Höhen von Euro 373,00, Euro 313,00 und Euro 338,00, für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 20.12.2021 eine Kostennote vom gleichen Tag (Eingang 21.12.2021) in der Höhe von Euro 180,00 sowie für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 20.05.2022 eine Kostennote vom gleichen Tag (Eingang 23.05.2022) in der Höhe von Euro 120,00.

Der Sachverständige der Tiroler Landesstelle DD (Bestellungsbescheid vom 13.12.2021) legte für die Erstellung seines Gutachtens vom 14.12.2021 eine Honorarnote vom gleichen Tag (Eingang 20.12.2021) in der Höhe von Euro 105,00 und für eine Gutachtensergänzung dazu vom 04.04.2022 eine Honorarnote vom gleichen Tag (Eingang 07.04.2022) in der Höhe von Euro 70,00.

Parteiengehör zu den Kostennoten wurde gewahrt mit Schreiben vom 21.12.2021 und vom 24.05.2022. Zum Schreiben vom 21.12.2021 bezogen die Beschwerdeführerinnen Stellung mit Schreiben vom 27.01.2022. Zum Schreiben vom 24.05.2022 liegt (geltend gemacht wird Ortsabwesenheit) keine Stellungnahme im Akt.

Jeweils mit Bescheiden vom 14.06.2022 bestimmte die Behörde gemäß § 53a AVG eine Gebühr für die Tätigkeit des nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen in der Höhe von Euro 1.324,00 und für die Tätigkeit des Sachverständigen der Tiroler Landesstelle DD eine Gebühr in der Höhe von Euro 175,00.

Mit Kostenbescheid vom 17.06.2022 wurden die für das Bauverfahren in Rechnung gestellten Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen CC in der Höhe von gesamt Euro 1.324,00 und des Sachverständigen der Tiroler Landesstelle DD in der Höhe von gesamt Euro 175,00, gesamt sohin Euro 1.499,00, vorgeschrieben.

Unter Darlegung näherer Gründe moniert die gegen den Bescheid vom 17.06.2022 erhobene Beschwerde (wobei für BB die Beschwerde in Vertretung durch ihre Mutter AA als erhoben gilt) die vorgeschriebenen hochbautechnischen Kosten, macht Verletzung des Parteiengehörs geltend und erstattet Vorbringen gegen eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde durch die Behörde. Kritik richtet sich auch gegen die geübte Praxis der belangten Behörde, für die Erledigung ihrer behördlichen Aufgaben anstelle von im Bauamt der Marktgemeinde Z (namentlich genannten) beschäftigten Diplomingenieuren jeweils nichtamtliche Sachverständige beizuziehen, wobei die anfallenden Kosten diesfalls von den Bauwerbern zu tragen seien.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in den behördlichen Akt.

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich bereits aus der Aktenlage. Im Vorlageschreiben an das Landesverwaltungsgericht Tirol bezieht die belangte Behörde darüber hinaus Stellung zu den verschiedenen Beschwerdevorbringen. Bei vorliegend geklärtem Sachverhalt waren ausschließlich Rechtsfragen zu lösen.

Die Akten haben bereits erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der mündlichen Verhandlung standen weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde in der Beschwerde auch nicht beantragt.

III.     Rechtslage:

Es gelten folgende maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 (WV) idF BGBl I Nr 58/2018:

„§ 52

Sachverständige

(1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, so kann die Behörde dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.

[….]

§ 59

Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

[….]

§ 75

Kosten der Behörde

(1) Sofern sich aus den §§ 76 bis 78 nicht anderes ergibt, sind die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.

(2) Die Heranziehung der Beteiligten zu anderen als den in den §§ 76 bis 78 vorgesehenen Leistungen, unter welchem Titel immer, ist unzulässig.

[….]

§ 76

(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

[….]“

IV.      Erwägungen:

Zum Anfechtungsumfang der Beschwerde:

Der angefochtene Bescheid verpflichtet zum Ersatz der Barauslagen für den beigezogenen nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen sowie der Barauslagen für den beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen der Tiroler Landesstelle DD.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Kostenbescheid lediglich im Umfang der Vorschreibung der Kosten für die Tätigkeit des nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen. Diese inhaltliche Auslegung der Beschwerde ist zu treffen in einer gesamtschauenden Betrachtung sowohl des Umstandes, dass Einwendungen der Sache nach ausschließlich in Bezug auf die verrechneten Kosten (Honorarnoten) des hochbautechnischen Sachverständigen CC vorgehalten sind, dass nur in diesem Umfang ungerechtfertigte Kostenansätze geltend gemacht werden, dass begründender Bezug auf die durchgeführten Verhandlungen, an welchen ausschließlich der hochbautechnische Sachverständige, nicht aber auch der brandschutztechnische Sachverständige teilgenommen hat, genommen wird, sowie auch des Umstandes, dass die zur Argumentation des Beschwerdevorbringens verwiesene Stellungnahme der Beschwerdeführerinnen vom 27.01.2022 ausschließliches Vorbringen gegen die vom hochbautechnischen Sachverständigen CC gelegten Rechnungen (Ansätze für Mühewaltung, Hinzuziehung zu den Verhandlungen, …) zum Inhalt hat.

Die für die Tätigkeit des nichtamtlichen brandschutztechnischen Sachverständigen vorgeschriebenen Kosten erwuchsen mangels Anfechtung bereits in Rechtskraft.

Der Sache nach:

1.       Nach § 59 Abs 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides auch die allfällige Kostenfrage zu erledigen. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden. Aus diesen Vorschriften geht der allgemeine Verfahrensgrundsatz der akzessorischen Beziehung jedes Kostenabspruchs zur Hauptsache hervor.

Nun ist zwar nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung der Ausspruch über die Kostenfrage im Sinne des § 59 Abs 1 letzter Satz AVG von jenem über die Hauptfrage trennbar und daher eine gesonderte Entscheidung über die Kosten nach dieser Bestimmung als zulässig anzusehen. Dies gilt aber im Allgemeinen nur insofern, als die Kosten eigenständig nach Erlassung des Bescheides betreffend die damit in Zusammenhang stehende Verwaltungsangelegenheit, nicht aber schon vorher vorgeschrieben werden dürfen. Etwa in seinem Erkenntnis vom 21.05.1996, 96/05/0102, spricht der Verwaltungsgerichtshof in diesem Inhalt aus, dass „ein allfälliger Ausspruch betreffend die Tragung von Kosten des Verwaltungsverfahrens mit dem jeweiligen Verwaltungsverfahren grundsätzlich in einem maßgeblichen Zusammenhang (…) steht. Es können zwar allfällige Kosten des Verwaltungsverfahrens ausnahmsweise, wenn eine zeitgerechte Geltendmachung nicht möglich war, unter Umständen nach Erlassung des Bescheides betreffend die damit in Zusammenhang stehende Verwaltungsangelegenheit vorgeschrieben werden. Vor Erlassung eines die Verwaltungsangelegenheit erledigenden Bescheides kommt allerdings ein Kostenabspruch – abgesehen von den Fällen, in welchen ein solcher maßgeblicher Zusammenhang fehlt (….) sowie abgesehen von der Möglichkeit der Auferlegung eines Kostenvorschusses gemäß § 76 Abs 4 AVG – über im Verwaltungsverfahren entstandene und von einer Partei zu tragende Kosten nicht in Betracht.“

Somit macht weder der Vorbehalt des Abspruchs über die Kosten die Entscheidung in der Hauptsache rechtswidrig, noch ist ein selbständiger Kostenbescheid wegen entschiedener Sache unzulässig, wenn bisher (auch ohne Kostenvorbehalt) allein über die Hauptfrage rechtskräftig abgesprochen wurde. Unzulässig ist hingegen sowohl eine Entscheidung über die Kosten ohne Entscheidung in der Sache selbst als auch lediglich eine Feststellung der Kostentragungspflicht dem Grunde nach unter Vorbehalt der ziffernmäßigen Bestimmung in einem gesonderten Bescheid.

(vgl dazu Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, MANZ Kommentar, 2. Teilband, § 59 RZ 50 ff, und die darin verwiesene höchstgerichtliche Judikatur)

Vorliegend ergibt sich sowohl aus dem vorgelegten Akteninhalt als auch aus einer durch das Landesverwaltungsgericht Tirol bei der belangten Behörde angestellten Nachfrage, dass eine die Bausache erledigende Entscheidung durch die belangte Behörde im nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt noch nicht erfolgt ist.

Schon aufgrund dieses Sachverhaltes erweist sich der an die Beschwerdeführerinnen (im Umfang der angefochtenen hochbautechnischen Kostenvorschreibung) ergangene Kostenbescheid als unzulässig erlassen.

2.       Darüber hinaus gilt aber weiters auch folgendes:

Die Überwälzung der Kosten eines nichtamtlichen Sachverständigen auf die Partei gemäß § 76 AVG ist nur dann zulässig, wenn der Beweis durch Sachverständige im Sinne des § 52 Abs 1 AVG notwendig war und die in § 52 Abs 2 oder Abs 3 AVG normierten Bedingungen erfüllt sind. Die Kostentragung durch die Partei setzt also voraus, dass entweder kein geeigneter Amtssachverständigen zur Verfügung stand oder die Heranziehung des nichtamtlichen Sachverständigen auf Grund der Besonderheit des Falls geboten war (Abs 2) oder der Antragsteller dieses Vorgehen unter Angabe eines bestimmten Betrages, der voraussichtlich nicht überschritten wird, angeregt hat und dadurch eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung zu erwarten war (Abs 3).

Im Bestellungsbescheid des CC zum nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen ist begründend unter Verweis auf die Vorschrift des § 52 Abs 2 AVG die zwingende Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich des Hochbauwesens festgestellt. Da der Marktgemeinde Z kein entsprechender Amtssachverständiger zur Verfügung stehe, sei ein geeigneter Sachverständiger zu bestellen. CC verfüge aufgrund seiner Ausbildung und Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse.

Im Falle, als der belangten Behörde tatsächlich – die Beschwerdeführerin hält dem mit der namentlichen Nennung dreier Mitarbeiter des Bauamtes (Seite 2/Punkt 3) jedoch entgegen – kein geeigneter Amtssachverständiger beigegeben wäre (ein amtlicher Sachverständiger ist einer Behörde beigegeben, wenn er organisatorisch in diese eingegliedert ist) oder aber ihr nicht zur Verfügung gestanden wäre (ein amtlicher Sachverständiger steht zur Verfügung, wenn er einer anderen als der zur Entscheidung berufenen Behörde organisatorisch zugehört, und es der entscheidenden Behörde aufgrund ihres Verhältnisses zu dieser erlaubt ist, sich deren amtlicher Sachverständiger zu bedienen), hätte sich die Beiziehung des nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen als zulässig erwiesen (§ 52 Abs 2 AVG). Festgehalten an dieser Stelle sei, dass jedoch die Behörde selbst in ihrem Vorlageschreiben an das Landesverwaltungsgericht Tirol dem Vorhalt in der Beschwerde auf Seite 2/Punkt 3 (im Gegensatz zum weiteren auf Seite 2 der Beschwerde erstatteten Vorbringen) gänzlich nicht entgegenhielt.

Im Fall der Zuständigkeit von Gemeindebehörden nimmt der Verwaltungsgerichtshof eine extensive Auslegung vor. Danach können nämlich die Amtssachverständigen, die der Landesregierung oder örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft beigegeben sind, den (organisatorisch verschiedenen) Gemeindebehörden nicht nur im übertragenen Wirkungsbereich, sondern auch im (funktionell verschiedenen) eigenen Wirkungsbereich zur Verfügung stehen (VwSlg 9370 A/1977; diesem folgend VwGH 17.09.1996, 95/05/0231; 26.09.2002, 2000/06/0075; vgl auch VwSlg 14.798 A/1997).

Zur Verfügung stehen nach einschlägiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung nur jene amtlichen Sachverständigen, die auch tatsächlich auf Ersuchen „zur Verfügung gestellt werden (können)“. Ist ein Bemühen der entscheidenden Behörde, einen Amtssachverständigen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zur Verfügung gestellt zu erhalten, ohne Erfolg, liegen nach einschlägiger Judikatur die Voraussetzungen für die Heranziehung (notwendiger) nichtamtlicher Sachverständiger gemäß § 52 Abs 2 AVG vor. Gleiches gälte für eine Weigerung, den Sachverständigen „auszuleihen“. Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung (VwGH 25.06.2002, 2021/03/0066) müssen die Umstände, die zu Ausnahme führen, dass der Behörde kein Amtssachverständiger zur Verfügung steht, im Verwaltungsakt – womit nicht der Bescheid, sondern nur der Verfahrensakt gemeint sein kann – überprüfbar festgehalten werden. Wird etwa die Nichtverfügbarkeit von Amtssachverständigen in einem Telefongespräch festgestellt, muss dieses Telefongespräch, sein wesentlicher Inhalt und der Gesprächspartner grundsätzlich zumindest in einem Aktenvermerk beurkundet werden (dazu auch Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, § 52 RZ 32 ff, und dort verwiesene höchstgerichtliche Judikatur).

Bemühungen der belangten Behörde in diesem beschriebenen notwendigen Sinne bei der Bezirkshauptmannschaft oder dem Amt der Landesregierung sind nicht aktenevident bzw auch an keiner Stelle des Aktengeschehens als aussichtslos vermerkt.

Auch Gründe, weshalb die Beiziehung des nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten gewesen wäre, ergeben sich aus der Aktenlage gänzlich nicht und ließen sich auch aufgrund der geringen Komplexität des konkreten Bauvorhabens (Abbruch und Neubau eines Wohnhauses mit 2 Wohneinheiten) nicht erklären. Auch weitere zulässige Gründe sind nicht hervorgekommen.

Aber auch im Falle, als man – wenn auch entgegen dem Wortlaut- und grammatikalischen Sinn des § 52 Abs 3 AVG – mit einem Teil der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes annähme – dass § 52 Abs 3 AVG nicht die Unanwendbarkeit seines Abs 2 voraussetze, wäre den weiteren in Abs 3 normierten Bedingungen schon nicht entsprochen.

So setzt die Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen unter dem Titel des § 52 Abs 3 AVG voraus, dass sie von demjenigen (bzw von einem von mehreren Antragstellern), der (die) den verfahrenseinleitenden Antrag (hier: das Bauansuchen) gestellt hat (haben), mündlich oder schriftlich angeregt wird. In einer solchen Anregung ist – entsprechend dem letzten Satz des Abs 3 – der betreffende Kostenbetrag, der die durch die Bestellung des nichtamtlichen Sachverständigen nicht überschritten werden darf, vom Antragsteller ziffernmäßig zu bestimmen. Unterlässt der Antragsteller – trotz entsprechender Anleitung der Behörde gemäß § 13a AVG – die Angabe eines solchen Betrages, dann kommt der Anregung keine rechtliche Bedeutung zu.

Nun ist aber aktenkundig, dass weder eine solche Anregung (wobei eine solche Anregung wohl ihrem Zweck nach schon vor der Erlassung eines entsprechenden Bestellungsbescheides zu treffen ist) durch die Bauwerberinnen selbst erfolgte noch auch ein einschlägig fixierter Kostenbetrag durch sie vorgegeben wurde, noch auch etwa die zustimmenden Beschwerdeführerinnen auf die Bestimmung einer Kostenobergrenze ausdrücklich verzichtet hätten. Vielmehr werden in der Beschwerde gerade eben überhöht gelegte Kostennoten moniert.

In den Niederschriften zu den Verhandlungen vom 20.12.2021 und vom 20.05.2022 ist vielmehr wie folgt festgehalten: „Herr CC, Adresse 2, **** Y, wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Z vom 24.09.2021, Zl ***, zum Sachverständigen für das gegenständliche Bauvorhaben bestellt. Über Befragung durch den Verhandlungsleiter stellen alle Anwesenden ausdrücklich fest, dass gegen den beigezogenen Sachverständige kein Einwand besteht.“

Auch wenn man die aktiv durch die Behörde eingeholte Zustimmung einer eigenen Anregung durch die Antragstellerinnen gleichsetzen möchte, ist jedoch - insbesondere im Hinblick auf die eintretenden Rechtsfolgen im Sinne des § 76 Abs 1 letzter Satz AVG, wonach im Falle des § 52 Abs 3 die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur so weit aufzukommen hat, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten – auch in diesem Falle keinesfalls auf eine Höchstbetragsbestimmung der Kosten durch die Partei verzichtbar.

Kann sich zwar der Umstand alleine, dass sich ein – unter Verletzung des § 52 AVG eingeholtes - von einer anderen geeigneten Person als einem amtlichen Sachverständigen erstelltes – mängelfreies – Gutachten nicht generell auf die Sachentscheidung auswirken, so kann hingegen im Hinblick auf die Kostentragungspflicht der Partei ein solcher Mangel zweifellos zur (inhaltlichen) Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung führen, als eine Kostenüberwälzung nach § 76 AVG auf die Partei nur bei Vorliegen der – hier – Bedingungen des § 52 Abs 3 AVG zulässig ist. Auch vorliegend wirkte sich die Vorgangsweise der belangten Behörde in der Weise nachteilig für die Bauwerberinnen aus, als mit dieser aktiv von der Behörde angefragten Zustimmung zur Beiziehung des nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen ohne Grenzsetzung der Höhe nach die Bauwerberinnen zur Erstattung des gänzlichen, durch die Verfahrensführung letztlich anfallenden, der (voraussichtlichen) Höhe nach nicht abzuschätzenden Betrages verpflichtet wurden. Dass mit der eingeholten Zustimmung zur Beiziehung des nichtamtlichen Sachverständigen auch ein Höchstbetrag festgelegt wurde bzw die belangte Behörde die Bauwerberinnen ihm Rahmen der ihr obliegenden Manuduktionspflicht nach § 13a AVG auf eine solche Notwendigkeit (ausdrücklich) hingewiesen hätte, lässt sich weder den Niederschriften noch auch aus dem gesamten Aktengeschehen entnehmen.

Auch zur weiteren Bedingung des Abs 3, nämlich einer wesentlichen Verfahrensbeschleunigung, wurde im Verfahren keine Aussage getroffen.

Im Ergebnis ist somit festzuhalten:

Der Kostenbescheid vom 17.06.2022 wurde mit Beschwerde nur im Umfang der Vorschreibung der Kosten für den nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen angefochten. Eine Kostenvorschreibung nach § 76 AVG an die Bauwerberinnen wäre nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 52 Abs 2 oder Abs 3 AVG vorlägen. Dies ist jedoch aus den angeführten Gründen nicht der Fall. Es war daher der Beschwerde zu 1. und 2. Folge zu geben und der Kostenbescheid in seinem angefochtenen Umfang ersatzlos zu beheben.

Soweit eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vorgehalten und einer solchen entgegengetreten wird, ist festzustellen, dass ein derartiger Ausschluss tatsächlich nicht erfolgte. Ist ein solcher Ausschluss im Spruch des Bescheides zu verankern, erfolgte vorliegend hingegen lediglich ein in die Rechtsmittelbelehrung aufgenommener Hinweis, welcher – für gegenständliche Kostenvorschreibung jedoch unzutreffend – augenscheinlich wohl aus der Rechtsmittelbelehrung für (positive) Baubescheide übernommen wurde. Lediglich Beschwerden gegen Berechtigungen einräumende Bescheide kommt ex lege – wie in der Rechtsmittelbelehrung festgestellt – keine aufschiebende Wirkung zu.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Punkt IV zitierte höchstgerichtliche Judikatur wird verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Mair

(Richterin)

Schlagworte

nichtamtlicher Sachverständiger
Kostenbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.39.1908.1

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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