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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §56Rechtssatz
Ein "Erschleichen" erfordert zwar, dass die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen ist und ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere Ermittlungen durchzuführen. Allerdings begründete, selbst wenn die Behörde bereits bei Erteilung der Aufenthaltstitel Erhebungen zu "Vorehen" hätte führen können und sie auch sonst - mangels Anhaltspunkte in diese Richtung - keine weiteren Ermittlungen zum allfälligen Vorliegen einer Aufenthaltsehe durchgeführt hatte, dies allein nicht einen - ein "Erschleichen" ausschließenden - relevanten Mangel der rechtskräftig positiv abgeschlossenen Verfahren (vgl. VwGH 22.2.2018, Ra 2018/22/0032; 23.11.2017, Ra 2017/22/0185). Überlegungen in Bezug auf das in § 11 Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 NAG 2005 genannte Erteilungshindernis (Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit) waren anlässlich der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der von der Behörde aufgrund des Vorwurfs des Vorliegens von Aufenthaltsehen gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG verfügten Wiederaufnahme nicht anzustellen. Zudem war weder eine Interessenabwägung im Sinn von Art. 8 MRK durchzuführen noch eine Prüfung des Kindeswohls vorzunehmen. In der vorliegenden Konstellation wäre das VwG vielmehr gehalten gewesen, zur Frage des Bestehens von Aufenthaltsehen eigene Ermittlungsschritte zu setzen und auf Basis schlüssiger beweiswürdigender Erwägungen entsprechende Feststellungen zu treffen.
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022220053.L02Im RIS seit
25.10.2022Zuletzt aktualisiert am
25.10.2022