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20/02 Familienrecht;Norm
AuslBG §15 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. November 1995, Zl. SD 1308/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. November 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach Österreich eingereist und habe zunächst nach Vorlage von Verpflichtungserklärungen befristete Sichtvermerke für die Zeit von Mai 1992 bis 1. Juni 1993 erhalten. Am 7. Juli 1993 habe der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen. Die Ehe sei mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 18. Jänner 1995 für nichtig erklärt worden. Aus den Urteilsgründen gehe hervor, daß die Ehe deshalb geschlossen worden sei, um dem Beschwerdeführer eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in weiterer Folge die Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu verschaffen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich bei der Eingehung einer Ehe nur zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen um einen Rechtsmißbrauch, der als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens und solcherart als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten sei. Dieses Fehlverhalten sei seinem Gehalt nach der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gleichzuhalten und stelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 leg. cit. dar, welche die dort umschriebene Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertige.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 FrG sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, sofern dem nicht die §§ 19 oder 20 leg. cit. entgegenstünden. Dazu habe der Beschwerdeführer erstmals in der Berufung behauptet, daß seine geschiedene Gattin in Österreich aufhältig sei. Daran, daß die geschiedene Gattin nicht vom Schutz des § 19 FrG erfaßt sei, könne wohl kein Zweife bestehen, zumal der Beschwerdeführer selbst ausgeführt habe, daß sich sein Kind aus erster Ehe in Jugoslawien befinde. Dem Eingriff, der damit verbunden sei, daß der Beschwerdeführer, wie er angebe, bei einer seiner Schwestern wohne, komme keine besonders relevante Bedeutung zu. Soweit man darin und in dem dreijährigen Aufenthalt in Österreich einen Eingriff im Sinne des § 19 FrG erblicken könne, sei dieser jedenfalls zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens sowie einer geordneten Arbeitsmarktverwaltung dringend geboten.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG sei zu berücksichtigen, daß die Integration des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthaltes keineswegs beträchtlich sei und daß er sich den Zugang zum Arbeitsmarkt "durch den Rechtsmißbrauch beschafft" habe. Die durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes beeinträchtigten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers würden von den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Maßnahme deutlich überwogen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung der Nichtigerklärung der Ehe durch das Bezirksgericht Floridsdorf rügt, die belangte Behörde habe kein Parteiengehör eingeräumt und trotz entsprechender Anträge die Parteienvernehmung und die Vernehmung der geschiedenen Gattin des Beschwerdeführers nicht durchgeführt, unterläßt er es, die Relevanz der damit geltend gemachten Verfahrensmängel - etwa durch Ausführungen, was er im Falle der Einräumung von Parteiengehör vorgebracht hätte und was bei Durchführung der beantragten Vernehmungen festzustellen gewesen wäre - darzutun.
2. Im übrigen bleibt in der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt der Eingehung einer - mittlerweile für nichtig erklärten - Ehe zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen unbestritten und der daraus von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluß auf das Gerechtfertigtsein der im § 18 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme unbekämpft. Der Gerichtshof hegt auf dem Boden seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 95/18/1197) gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.
3. Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen, daß das Aufenthaltsverbot - unter der Annahme, es wäre damit ein im Grunde des § 19 FrG bedeutsamer Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden - nach dieser Bestimmung zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und demnach zulässig wäre (vgl. etwa das hg. Erkennntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0505).
4. Auch gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde - für den Fall des Vorliegens eines relevanten Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG - vorgenommenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG bestehen keine Bedenken. Insbesondere entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß der Beschäftigung des Beschwerdeführers, welche hinsichtlich ihrer Berechtigung auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zurückzuführen ist, im gegebenen Zusammenhang kein wesentliches Gewicht zukommt. Die Beschwerdeausführungen, der Beschwerdeführer gehe einer geregelten Beschäftigung nach und versehe die Arbeiten zur vollsten Zufriedenheit seines Dienstgebers, sind daher nicht zielführend. Angesichts des somit nicht allzu großen Gewichtes der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers einerseits und des sehr großen Gewichtes der Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen durch den Beschwerdeführer andererseits kann das die letztgenannten Interessen (die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) höher veranschlagende Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Abwägung nicht als rechtswidrig angesehen werden.
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180018.X00Im RIS seit
20.11.2000