Entscheidungsdatum
13.06.2022Index
82/04 Apotheken ArzneimittelNorm
ArzneiwareneinfuhrG 2010 §2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Voppichler-Thöni über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.03.2022,
Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Arzneiwareneinfuhrgesetz 2010,
zu Recht
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 15.03.2022, Zl ***, hat die belangte Behörde im Zusammenhang mit dem gegen AA, Adresse 1 (= Beschwerdeführer) erhobenen Vorwurf, dass Arzneiwaren gemäß § 2 Abs 1 lit c AWEG 2010 ohne Meldung - nämlich 7 Stück BB 100mg, KN-CODE *** - entgegen § 3 Abs 1 AWEG 2010 nach Österreich 24.02.2022 verbracht wurden, diese aufgrund des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 21 Abs 1 Zif 2 iVm § 3 AWEG 2010, beschlagnahmt.
Gegen diesen Bescheid hat AA mit Eingabe vom 28.03.2022 Beschwerde erhoben und die Aushändigung des von ihm erworbenen Produktes und folglich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Sachverhalt:
Bei der Kontrolle am 24.02.2022 im Postverteilerzentrum Adresse 2, **** X, wurde durch Organe des CC Teams des Zollamtes Österreich, Zollstelle FH W ein Paket aus Frankreich kontrolliert.
Angegeben als Versender war DD, Adresse 3, ***** V. Adressiert war das Paket an AA, Adresse 1, **** Z.
Inhalt der Sendung war: 7 Stk BB 100 mg.
Die Arzneimittel zählen zu den unter Position 3004 der kombinierten Normenklatur aufgelisteten Arzneiwaren (KN-CODE ***).
Die angeführten Arzneimittel hat der Beschwerdeführer bestellt.
III. Beweiswürdigung:
Laut der Anzeige des Zollamtes Österreich, Zollstelle FH W, vom 25.02.2022, wurde bei der Kontrolle am 24.02.2022 im Postverteilerzentrum Adresse 2 in **** X eine aus Frankreich kommende Lieferung von Arzneimitteln
– 7 Stück BB 100 mg – aufgegriffen und vorläufig beschlagnahmt. Als Empfänger war auf dieser Sendung der Beschwerdeführer mit der „Adresse 1, **** Z“ angeführt. Auf die nichtberechtigte Meldung wird in der Anzeige hingewiesen.
Auf diesen Beweisergebnissen beruht der in Kapitel II. des gegenständlichen Erkenntnisses festgestellte Sachverhalt.
IV. Rechtslage:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Arzneiwareneinfuhrgesetzes 2010
(AWEG 2010), BGBl I Nr 79/2010 (§§ 2, 3, 17 und 21) sowie in der Fassung BGBl I Nr 163/2015 (§ 19), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:
1. Arzneiwaren: nachstehende Waren im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif,
ABl. Nr. L 256 vom 07. 09. 1987, S 1:
[…]
c) Waren der Position 3004,
[…]“
„Einfuhr, Verbringen, Behördenzuständigkeit
§ 3. (1) Die Einfuhr oder das Verbringen von Arzneiwaren dosiert oder in Aufmachung für den Kleinverkauf, ist, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, nur zulässig, wenn im Fall der Einfuhr eine Einfuhrbescheinigung ausgestellt wurde oder im Falle des Verbringens eine Meldung erfolgt ist.
(2) Für die Ausstellung von Einfuhrbescheinigungen und die Entgegennahme von Meldungen ist das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zuständig.“
„Bezug von Arzneiwaren und Blutprodukten im Fernabsatz
§ 17. (1) Der Bezug von Arzneiwaren und Blutprodukten, die im Fernabsatz bestellt wurden, durch Personen, die nicht zur Antragstellung auf Ausstellung einer Einfuhrbescheinigung oder einer Verkehrsfähigkeitsbescheinigung oder zur Meldung berechtigt sind, ist verboten.
(2) Arzneiwaren und Blutprodukte, die entgegen Abs. 1 eingeführt oder verbracht werden, sind dem Absender zurück zu übermitteln, oder sofern dies nicht möglich ist, zu vernichten. Die Kosten dafür trägt jeweils der Besteller.
[…].“
„Befugnisse der Organe der Zollverwaltung
§ 19. (1) Die Einfuhrbescheinigung gemäß § 3, der Nachweis der erfolgten Meldung gemäß
§ 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 oder § 14 Abs. 1, die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung gemäß § 12 Abs. 1 und die Einfuhrbescheinigung gemäß § 18 Abs. 1 sind erforderliche Unterlagen zur Zollanmeldung im Sinne des Art. 162 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Zollkodex), ABl. Nr. L 269 vom 10.10.2013 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 287 vom 29.10.2013 S. 90. Ferner sind diese Unterlagen den Zollbehörden und ihren Organen im Rahmen der diesen gemäß § 29 ZollR-DG und diesem Bundesgesetz eingeräumten Befugnisse auf Verlangen vorzuweisen.
(2) Zur Sicherung des Verfalls oder zu Zwecken der Beweissicherung können Waren auch durch die Organe der Zollverwaltung vorläufig beschlagnahmt werden. Diese Organe haben die Beschlagnahme der zur Strafverfolgung zuständigen Behörde ungesäumt anzuzeigen und die beschlagnahmten Waren dieser abzuliefern.“
„Strafbestimmungen
§ 21. (1) Wer
1. Arzneiwaren entgegen § 3 ohne Einfuhrbescheinigung einführt, oder
[…]
begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu
3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 260 Euro zu bestrafen.
[…]
(3) Die dem Täter oder Mitschuldigen gehörigen Waren, die den Gegenstand der strafbaren Handlung bilden, können für verfallen erklärt werden, wenn die Tat vorsätzlich begangen worden ist. Auf den Verfall dieser Waren kann auch selbständig erkannt werden, wenn keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden kann.“
§ 39 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 57/2018, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:
„Beschlagnahme von Verfallsgegenständen
§ 39. (1) Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann die Behörde zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.
[…]“
V. Erwägungen:
Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Beschlagnahme näher bezeichneter Arzneiwaren auf der Grundlage des § 39 Abs 1 VStG. Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 39 Abs 1 VStG genügt für die Rechtmäßigkeit der Sicherungsmaßnahme der bloße Verdacht einer Verwaltungsübertretung, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist (vgl VwGH 29.04.2002, 96/17/0431).
Das Bestellen von Arzneiwaren ist der Einfuhr im Sinne des § 2 Z 4 iVm § 3 AWEG 2010 gleichzusetzen (vgl VwGH 16.07.2010, 2008/07/0215). Die Bestimmungen der §§ 3 Abs 1 und 17 Abs 1 AWEG 2010 stehen zueinander nicht im Verhältnis von genereller zu spezieller Norm, zumal die Rechtsfolge (Unzulässigkeit) in beiden Fällen ident ist. Ein Verhalten, das
§ 3 Abs 1 AWEG 2010 sowie § 17 Abs 1 AWEG 2010 verwirklicht, ist im Grunde des
§ 21 Abs 1 AWEG 2010 strafbar, auch wenn ein Verstoß gegen § 17 Abs 1 AWEG 2010 nicht mit Strafe bedroht ist (so ausdrücklich VwGH 27.02.2019, Ro 2019/10/0004).
Bei der Lieferung der verfahrensgegenständlichen Arzneimittel – es handelt sich dabei um Waren der Position 3004 im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABl Nr L256 vom 07.09.1987, und damit um Arzneiwaren gemäß § 2 Abs 1 lit c AWEG 2010 – ohne Einfuhrbescheinigung besteht jedenfalls der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 21 Abs 1 Z 1 iVm
§ 3 AWEG 2010. § 21 Abs 3 AWEG 2010 sieht unter näher genannten Voraussetzungen für Verwaltungsübertretungen nach Abs 1 dieser Bestimmung den Verfall der den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Waren vor. Die belangte Behörde war daher zur Beschlagnahme der von den Organen der Zollverwaltung am 19.01.2022 nach § 19 Abs 2 AWG 2010 abgenommenen sowie vorläufig beschlagnahmten Waren berechtigt.
Die Beschlagnahme ist gegenüber dem Beschuldigten, jedenfalls aber auch gegenüber dem Eigentümer der verfallsbedrohten Sache, auszusprechen.
Der Beschwerdeführer ist jedenfalls Beschuldigter des von der belangten Behörde eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens. Schon aus diesem Grund erfolgte die an ihn ergangene Zustellung zu Recht. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch die verfahrensgegenständlichen Arzneimittel bestellt.
Im gegenständlichen Fall waren die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach
§ 39 Abs 1 VStG iVm § 21 Abs 3 AWEG 2010 erfüllt. Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid war folglich als unbegründet abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Der Beschwerdeführer hat in seinem als Rechtsmittel zu qualifizierenden Eingabe vom 28.03.2022 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Beschlagnahme näher bezeichneter Arzneiwaren auf der Grundlage des § 39 Abs 1 VStG. Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol konnte daher gemäß § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte die verfahrensrelevante Rechtsfrage anhand des
§ 39 Abs 1 VStG unter Berücksichtigung des AWEG 2010 zu prüfen. Aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlautes der zitierten Bestimmungen liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl VwGH 13.12.2018, Ro 2018/07/0048, VwGH 25.04.2019,
Ro 2019/07/0001, mit weiteren Nachweisen). Darüber hinaus ist das Landesverwaltungsgericht Tirol von der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes zu § 39 Abs 1 VStG nicht abgewichen. Dementsprechend wird die ordentliche Revision gemäß Spruchpunkt 2. Des gegenständlichen Erkenntnisses nicht zugelassen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Voppichler-Thöni
(Richterin)
Schlagworte
BeschlagnahmeAnmerkung
Aufgrund der ao Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 13.06.2022 zu Zl LVwG-2022/24/1126-1, wurde das Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.09.2022, Z Ra 2022/10/0106-6, eingestellt.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.24.1126.1Zuletzt aktualisiert am
24.10.2022