Entscheidungsdatum
07.10.2022Index
L82007 Bauordnung TirolNorm
BauO Tir 2022 §30 Abs3Text
A.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seine Richterin Drin Mair über die Beschwerde der/des
1. AA, Adresse 1, **** Z, und
2. BB, Adresse 1, **** Z,
beide vertreten durch CC, Rechtsanwälte-Partnerschaft, Adresse 2, **** Z, gegen den Bescheid der Stadt Z vom 28.02.2022, ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) den
B E S C H L U S S
1. Die Beschwerde zu 1. und 2. wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
B.
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol entscheidet durch seine Richterin Drin Mair über die Beschwerde der/des
1. AA, Adresse 1, **** Z, und
2. BB, Adresse 1, **** Z,
beide vertreten durch CC, Rechtsanwälte-Partnerschaft, Adresse 2, **** Z, gegen den Bescheid der Stadt Z vom 25.05.2022, ***, betreffend einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde in einer Angelegenheit nach der Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022)
zu Recht:
1. Die Beschwerde zu 1. und 2. wird nach Maßgabe, wonach es im Spruch des angefochtenen Bescheides anstatt „unbegründet abgewiesen“ richtig „unzulässig zurückgewiesen“ zu lauten hat, als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang zu A. und B.:
Mit Bauansuchen vom 25.03.2019, mehrfache Änderungen dazu nachgereicht, beantragte die DD GmbH die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 22 Wohneinheiten und einer Tiefgarage mit 26 Stellplätzen auf Gst **1 (Zusammenlegungsbescheid vom 28.05.2019 der Grundstücke **1 und **2), KG Y.
Mit Kundmachung vom 11.08.2020 wurde die mündliche Verhandlung für den 02.09.2020 anberaumt. Diese Kundmachung enthielt unter anderem den Hinweis gemäß § 42 AVG, wonach die Beteiligten ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben.
In der mündlichen Verhandlung am 02.09.2020 gaben die Beschwerdeführer zu Protokoll:
„Aufgrund der derzeitigen Urlaubszeit und im Hinblick auf die Ausführung von EE und FF hatten wir bis dato keine Zeit, uns mit den rechtlichen Gegebenheiten auseinanderzusetzen.“
Das Verhandlungsprotokoll wurden den Beschwerdeführern mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.01.2020 mit Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme am 08.01.2021 nachweislich zugestellt. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführer ging in der Folge nicht ein.
Mit Bescheid vom 28.02.2022, ***, erteilte die Stadt Z für dieses Bauvorhaben die Baubewilligung unter Vorschreibung diverser Auflagen nach Maßgabe der genehmigten Pläne (Spruchpunkt 1), legte fest, dass für dieses Bauvorhaben 21 Stellplätze erforderlich sind, davon 1 Stellplatz in behindertengerechter Ausgestaltung, 26 Stellplätze würden auf Eigengrund errichtet (Spruchpunkt 2), eine Stellfläche für Fahrräder wurde größenmäßig vorgeschrieben (Spruchpunkt 3).
In der Bescheidbegründung wird der Inhalt der Verhandlungsniederschrift wörtlich wiedergegeben.
In ihrer Beschwerde fordern die zwischenzeitlich rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer eine Klärung der Zufahrtssituation. Sie werfen die Frage der Dienstbarkeitseinräumung der Zufahrt über ihr Gst **3 auf und käme es im Falle einer Zufahrt über ihr Grundstück zu einer unzulässigen Dienstbarkeitsüberschreitung. Der Bauplatz sei nicht mit einem rechtlich gesicherten Zufahrtsweg erschlossen, weshalb eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung fehle. Moniert werden weiters Geruchbelästigungen, Ungezieferplage und Windverfrachtungen durch die im Abstandsbereich zu ihrem Grundstück angeordnete nicht überdachte Mülllagerstätte, die Abstandsfrage zu ihrem Grundstück wird aufgeworfen. Brandschutzrechtliche Bedenken werden erhoben.
Gleichzeitig wurde – unter Angabe von Gründen - beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Mit Bescheid vom 25.05.2022, ***, wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben und darin der Sache nach näher argumentiert.
II. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in den behördlichen Bauakt. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest. Es waren entscheidend Rechtsfragen zu lösen. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da die Akten bereits haben erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen. Bezogen auf Punkt A. konnte die Durchführung einer Verhandlung gemäß § 24 Abs Z 1 VwGVG entfallen.
III. Rechtslage:
Es gilt folgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl Nr 51/1991 (WV) idF BGBl I Nr 58/2018:
„§ 41
(1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.
(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Sie kann unter Hinweis auf die gemäß § 39 Abs. 4 eintretenden Folgen die Aufforderung an die Parteien enthalten, binnen einer angemessenen, vier Wochen möglichst nicht übersteigenden Frist alle ihnen bekannten Tatsachen und Beweismittel geltend zu machen. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekanntzugeben.
§ 42
(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.
(1a) Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet, wenn sich aus einer dauerhaften Kundmachung an der Amtstafel der Behörde ergibt, dass solche Kundmachungen im Internet erfolgen können und unter welcher Adresse sie erfolgen. Sonstige Formen der Kundmachung sind geeignet, wenn sie sicherstellen, dass ein Beteiligter von der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
[….]“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 109/2021, lauten:
„§ 17
Anzuwendendes Recht
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 31
Beschlüsse
(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“
Es gilt folgende maßgebliche Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2022 – TBO 2022, LGBl Nr 44/2022 idF LGBl Nr 62/2022:
„§ 33
Parteien
(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.
(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke,
a) die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen und
b) deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 50 m zu einem Punkt der baulichen Anlage oder jenes Teiles der baulichen Anlage, die (der) Gegenstand des Bauvorhabens ist, liegen.
Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.
(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:
a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist,
b) der Bestimmungen über den Brandschutz,
c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe,
d) der Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes nach § 31b Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 hinsichtlich der Mindestabstände baulicher Anlagen von den Straßen und der Bauhöhen,
e) der Abstandsbestimmungen des § 6,
f) das Fehlen eines Bebauungsplanes bei Grundstücken, für die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein Bebauungsplan zu erlassen ist, im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise auch das Fehlen eines ergänzenden Bebauungsplanes.
(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.
[….]“
IV. Erwägungen:
Zu A:
1. Das Mitspracherecht eines Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Das gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 42 AVG die Parteistellung behalten hat (etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2016/06/0007, 27.06.2006, 2006/06/0015, 27.11.2003, 2002/06/0062).
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Gst **3, KG Y. Dieses grenzt im Osten an das Baugrundstück an. Die Beschwerdeführer sind damit als Nachbarn im Sinne des § 33 Abs 3 TBO 2022 berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs 3 lit a bis f TBO 2022 genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit dies auch seinem Schutz dient. Die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte sind in taxativer Weise beschränkt.
Im Nachbarverfahren ist das Verwaltungsgericht in seiner Prüfungsbefugnis an den Umfang geltend gemachter zulässiger Mitspracherechte gebunden.
2. In der Kundmachung der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vom 11.08.2020 wurde auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG ausdrücklich hingewiesen. Nach der Fassung des § 42 Abs 1 AVG („soweit“) bleibt die Parteistellung nur im Umfang der rechtzeitig erhobenen Einwendungen erhalten (VwGH 07.12.2011, 2010/06/0257). Der Verfahrensgegenstand wurde präzise umschrieben und in der mündlichen Verhandlung auch abgehandelt. In der Kundmachung wurde auf die Auflage und Einsichtnahmemöglichkeit in die dem Vorhaben zugrundeliegenden Pläne und Projektbehelfe ausdrücklich hingewiesen. Nach der Aktenlage nahmen die Beschwerdeführer am 20.08.2020 bei der belangten Behörde Akteneinsicht.
Die Verhandlungsschrift wurde den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 04.01.2020 mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme am 08.01.2021 nachweislich zugestellt. Die Beschwerdeführer bezogen dazu keine Stellung.
Im bekämpften Bescheid wurde der Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 02.09.2020 wörtlich wiedergegeben. Dem Umfang des dortigen Vorbringens wird in der Beschwerde nicht entgegengehalten.
§ 42 AVG selbst trifft keine Aussage zum Begriff Einwendung, sondern setzt ihn voraus (Hauer/Leukauf 6 AVG § 42 Anm 4). Nach herrschender Lehre und Judikatur ist unter einer „Einwendung“ die Behauptung zu verstehen, durch die Genehmigung des verfahrensgegenständlichen Projekts in seinen subjektiv öffentlichen Rechten verletzt zu sein (VwGH 02.07.1998, 98/07/0042; 18.09.2002, 2001/07/0149; 27.11.2003, 2002/06/0084; Hengstschläger 2 Rz 329; Pallitsch, Präklusion 14f; Thienel 3 155; Wiederin, Neuregelung 32). Nur eine Einwendung in diesem Sinne (VwGH 18.11.2002, 2001/05/0341), also eine zulässige Einwendung, sichert gemäß § 42 Abs 1 AVG die Parteistellung im weiteren Verfahren (siehe AB 1998, 30, wo es heißt: „Selbstverständlich kommt es auch dann zur Präklusion der Parteistellung, wenn lediglich unzulässige Einwendungen erhoben werden“;idS auch VwGH 15.07.2003, 2001/05/0032; ferner Hengstschläger 2 Rz 329; ders, ÖJZ 2000, 792f; Pallitsch, Präklusion 49f).
Es muss sich demnach um eine Einwendung handeln, mit der die Verletzung eines subjektiven öffentlichen Rechts, also eines Rechts oder rechtlichen Interesses, das dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, behauptet wird. Die zulässigen Nachbarrechte sind in § 33 Abs 3 TBO 2022 abschließend aufgezählt.
Im Rahmen der mündlichen Bauverhandlung vor der belangten Behörde machten die Beschwerdeführer jedoch nicht Verletzung von subjektiven Rechten im Sinne des § 33 Abs 3 TBO 2022 geltend. Ihr Vorbringen, dass sie aufgrund der derzeitigen Urlaubszeit und im Hinblick auf die Ausführung von EE und FF bis dato keine Zeit gehabt hätten, sich mit den rechtlichen Gegebenheiten auseinanderzusetzen, ist nicht als eine Einwendung im Sinne des § 42 AVG zu werten. Die Beschwerdeführer ließen sich auf die Verhandlung ein und blieben (unter Unterschriftsabgabe) bis zum Schluss der Verhandlung anwesend. Laut Niederschrift wurde auf die Wirkung der Präklusion mehrfach hingewiesen. Auch dem traten die Beschwerdeführer nach Übermittlung der Niederschrift nicht entgegen.
Werden von den Nebenparteien keine rechtzeitigen Einwendungen erhoben, hat dies den Verlust der Parteistellung für den weiteren Verlauf des Verfahrens zur Folge, sie sind damit präkludiert.
Von der Präklusion betroffen sind jene Parteien, denen von Rechts wegen die Möglichkeit eingeräumt ist, gegen das bewilligungspflichtige Vorhaben, das den Verfahrensgegenstand bildet, Einwendungen zu erheben, also nur jene Personen, deren rechtlich geschützte Interessen durch die Verwirklichung des Projektes oder – genauer gesagt – durch die Genehmigung des von einer anderen Partei (der Hauptpartei) gestellten Antrags berührt sind. Diese auch als Nebenparteien bezeichneten Personen verlieren die ihnen durch das materielle Recht iVm § 8 AVG verliehene Parteistellung wieder, wenn sie nicht rechtzeitig durch zulässige Einwendungen selbst aktiv am Verfahren beteiligen. Versäumen sie dies, gleichgültig aus welchen Gründen, verlieren sie alle Parteirechte und damit die Möglichkeit, ihren subjektiven Rechten und rechtlichen Interessen zum Durchbruch zu verhelfen. Sie scheiden am Ende der mündlichen Verhandlung aus dem Verfahren ex nunc wieder aus.
Die Beschwerdeführer sind daher präkludiert.
Es war daher ihre Beschwerde zu A. mangels Rechtsmittellegitimation zurückzuweisen.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei zum Beschwerdevorbringen betreffend die Zufahrtsfrage bzw betreffend Fragen in Zusammenhang mit der Dienstbarkeitseinräumung festgehalten, dass in diesen Hinsichten keine subjekt-öffentlichen Nachbarrechte eingeräumt sind. Dienstbarkeitsauseinandersetzungen obliegen dem Privatrechtsweg.
Zu B:
Mit Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer ihre Parteistellung im Bauverfahren verloren. Mangels Parteistellung im Bauverfahren fehlte ihnen aber auch die Legitimation, einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrer (unzulässigen) Beschwerde gegen den Baubescheid zu stellen. Zutreffend wäre daher ihr Antrag von der belangten Behörde als unzulässig zurückzuweisen, nicht jedoch als unbegründet abzuweisen gewesen. Diese Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Sachentscheidung war vom Landesverwaltungsgericht Tirol aufzugreifen. Die Beschwerde war unter der Maßgabe, dass es im Spruch des Bescheides richtig als „unzulässig zurückgewiesen“ zu lauten hat, als unbegründet abzuweisen.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Punkt IV zitierte höchstgerichtliche Judikatur wird verwiesen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Drin Mair
(Richterin)
Schlagworte
PräklusionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.39.1414.10Zuletzt aktualisiert am
24.10.2022