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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ARG 1984 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sulyok, Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des Rudolf Z in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Dezember 1992, Zl. Ge-600019/2-1992/Pan/Stü, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seine Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.050,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. Juli 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der "R Ges.m.b.H."
(verantwortlicher Überlasser gemäß § 6 Abs. 2 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes) zu vertreten, daß in L, wie durch Organe des Landesarbeitsamtes Oberösterreich anläßlich einer Betriebsprüfung am 13. Dezember 1989 und am 15. Februar 1990 festgestellt worden sei,
1.
der Arbeitnehmer Sigmar R in den Kalenderwochen 33 bis 38 und 40 bis 43 des Jahres 1989 mit einer Wochenarbeitszeit von jeweils 57 Stunden beschäftigt worden sei, obwohl gemäß § 9 des Arbeitszeitgesetzes, die sich aus § 3 ergebende Wochenarbeitszeit (40 Stunden) um nicht mehr als 10 Stunden wöchentlich (= 50 Stunden) überschritten werden dürfe;
2.
der Arbeitnehmer Sigmar R an den Samstagen 12., 19. und 26. August, 2., 9., 16. und 23. September, 7., 14., 21. und 28. Oktober 1989 bis jeweils 17.00 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen am 15. August und 26. Oktober 1989 von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr beschäftigt worden sei, obwohl gemäß § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes bzw. gemäß § 7 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens am Samstag um 13.00 Uhr zu beginnen habe bzw. dieser Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 24 Stunden habe, die spätestens um 6.00 Uhr des Feiertages beginnen müsse;
3.
...
4.
die nachstehend angeführten Arbeitnehmer mit einer Tagesarbeitszeit von mehr als 10 Stunden beschäftigt worden seien, obwohl gemäß § 9 des Arbeitszeitgesetzes die Arbeitszeit 10 Stunden täglich nicht überschreiten dürfe:
a)
Eduard W, am 1. bis 5. Dezember 1989, 8. bis 15. Dezember 1989, jeweils 12,5 Stunden;
b)
Kurt B, am 1. November 1989, am 5. bis 10. November 1989, am 2. bis 12. Dezember 1989, jeweils 12,5 Stunden, am 14. bis 19. Jänner 1990 und am 23. bis 28. Jänner 1990, jeweils 12,5 Stunden;
c)
Rudolf D, am 1. Dezember 1989 10,5 Stunden, am 4. Dezember 1989 12 Stunden und am 5. Dezember 1989 11 Stunden;
5.
die Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 50 Stunden beschäftigt worden seien, obwohl gemäß § 9 des Arbeitszeitgesetzes die sich aus § 3 ergebende Wochenarbeitszeit (40 Stunden) um nicht mehr als 10 Stunden wöchentlich (= 50 Stunden) überschritten werden dürfe:
a)
Eduard W, vom 4. bis 10. Dezember 1989, Wochenarbeitszeit 81,5 Stunden und vom 11. bis 15. Dezember 1989, Wochenarbeitszeit 62,5 Stunden;
b)
Kurt B, vom 5. bis 10. November 1989, Wochenarbeitszeit 75 Stunden, vom 4. bis 10. Dezember 1989, Wochenarbeitzeit 87,5 Stunden, vom
14. bis 19. Jänner 1990, Wochenarbeitszeit 62,5 Stunden und vom 23. bis 28. Jänner 1990, Wochenarbeitszeit 75 Stunden.
6.
die Arbeitnehmer an Sonntagen beschäftigt worden seien, obwohl gemäß § 3 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes der Arbeitnehmer in jeder Kalenderwoche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag fallen müsse, habe:
a)
Eduard W, an den Sonntagen 3. und 10. Dezember 1989,
b)
Kurt B, an den Sonntagen 3. und 10. Dezember 1989;
7.
die Arbeitnehmer an gesetzlichen Feiertagen beschäftigt worden seien, obwohl gemäß § 7 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes der Arbeitnehmer Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, die frühestens um 0.00 Uhr und spätestens um 6.00 Uhr des Feiertages beginnen müsse, habe:
a)
Eduard W, am 8. Dezember 1989,
b)
Kurt B, am 1. November und am 8. Dezember 1989.
Er habe hiedurch zu 1., 4. und 5. die Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Arbeitszeitgesetz und zu 2. die Übertretung gemäß § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes, zu 6. die Übertretung gemäß § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 des Arbeitsruhegesetzes und zu 7. die Übertretung gemäß § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Arbeitsruhegesetzes begangen. Über ihn wurden wegen dieser Übertretungen Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es - soweit noch wesentlich -, dem Beschwerdeführer, der die Rechtsansicht vertrete, daß das Arbeitszeitgesetz nicht zur Anwendung gebracht werden könne, weil der Arbeitnehmer Sigmar R die Überstunden auf der Kraftwerksbaustelle Argus I auf den Philippinen und Eduard W und Kurt B diese bei einer Montage und Inbetriebnahme von Schaltschränken in Libyien geleistet hätten, sei entgegenzuhalten, daß gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz VStG eine Übertretung im Inland begangen und somit gemäß § 2 Abs. 1 VStG auch nach österreichischem Gesetz zu bestrafen sei, wenn der Täter im Inland gehandelt habe oder hätte handeln sollen. Die entsandten Dienstnehmer seien langjährige Mitarbeiter der R Ges.m.b.H., die nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland weiter beschäftigt worden seien bzw. würden.
Aufgrund der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung bestätigte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid das Straferkenntnis erster Instanz mit der Änderung, daß der Sitz der R Ges.m.b.H. in L sei.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, vom Beschwerdeführer werde die Verwirklichung der objektiven Tatseite und der Umstand, daß die angeführten Arbeitszeiten von den Arbeitnehmern im Ausland geleistet worden seien, nicht bestritten. Die ihm angelasteten Taten seien im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgt, sodaß im Zweifel der Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen sei. Der Sitz der R Ges.m.b.H. sei unbestrittenermaßen in L, sodaß dort der Ort, an dem der Beschwerdeführer hätte handeln sollen, anzunehmen sei. Damit sei L als Tatort nachgewiesen und seien die gegenständlichen Taten als im Inland begangen anzusehen. Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verwaltungsverfahren keine Maßnahmen dargelegt, die die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes sicherstellen würden. Diese mangelnden Vorkehrungen stellten einen Sorgfaltsmangel dar, der dem Beschwerdeführer anzulasten sei und sein Verschulden begründe, das zumindest als Fahrlässigkeit einzustufen sei. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Irrtum bezüglich dieses Geltungsbereiches der Normen des AZG und des ARG sei nicht zielführend, da es ihm zumutbar sei, Erkundigungen bezüglich des Geltungsbereiches von Normen bei der zuständigen Behörde (nicht beim WIFI) einzuholen und sich entsprechend dieser Rechtsauskunft zu verhalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid das angefochtene Straferkenntnis mit der Änderung bestätigt, daß der Sitz der R Ges.m.b.H. in L ist. Dazu war sie aufgrund der ihr zustehenden Berechtigung zur Entscheidung in der Sache nach § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) auch befugt. Der Beschwerdeführer wird als das zur Vertretung der R Ges.m.b.H. nach außen befugte Organ gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Bereich des - im Beschwerdefall in Rede stehenden - Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 92/18/0366), weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären. Mit der Aufnahme des Ortes des Unternehmens in den Bescheidspruch hat die belangte Behörde den Tatort bezeichnet. Der so ergänzte Spruch genügt aber den an den Spruch eines Straferkenntnisses zu stellenden Anforderungen unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Umschreibung der Tatumstände in bezug auf die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes nicht. Normadressat der Bestimmungen dieser Gesetze ist nicht der jeweilige Arbeitnehmer, sondern dessen Arbeitgeber, der dafür Sorge zu tragen hat, daß die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden, oder der Bevollmächtigte. In strafrechtlicher Hinsicht liegt ein Zuwiderhandeln gegen die genannten Vorschriften durch den Arbeitgeber (den Bevollmächtigten) - dem objektiven Tatbestand nach - immer dann vor, wenn ein in diesem Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer bei seiner beruflichen Tätigkeit diese Vorschriften verletzt. Die Zuwiderhandlung besteht in der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers unter Verletzung einer solchen Vorschrift (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 29. Jänner 1987, 86/08/0172, 0173).
Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift wird nur dann entsprochen, wenn im Spruch des Bescheides alle jene Tatmerkmale enthalten sind, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, durch sie also die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist. In Ansehung der Übertretung von arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen muß unverwechselbar feststehen, wann, wo und welchen Arbeitnehmer der Beschuldigte als Arbeitgeber (Bevollmächtigter) entgegen dem Arbeitszeit- und/oder Arbeitsruhegesetz beschäftigt hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bezeichnung des Beschäftigungsortes als ein wesentliches Sachverhaltselement im Sinne des § 44a VStG anzusehen (vgl. das Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0416).
Nach dem Bescheidspruch wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er hebe es zu verantworten, daß namentlich genannte Arbeitnehmer in L in einer gegen das Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz verstoßender Weise beschäftigt worden seien. Demgegenüber ist in der Bescheidbegründung zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, daß die Beschäftigung der genannten Arbeitnehmer im Ausland erfolgt sei. Damit wurde dem Beschwerdeführer jedoch im Spruch eine andere Tat zur Last gelegt als in der Begründung. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet, weil Spruch und Begründung zueinander in Widerspruch stehen.
Bei dieser Rechtslage erübrigte sich, auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde und die von Amts wegen aufzugreifende Frage der Verjährung gemäß § 31 Abs. 3 VStG einzugehen. Der angefochtene Bescheid war aufgrund der dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
örtliche ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993180051.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
01.10.2013