TE Vwgh Beschluss 1996/3/22 92/17/0066

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Veröffentlicht am 22.03.1996
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §62 Abs4;
BAO §293 Abs1;
BAO §93 Abs2;
LAO Tir 1984 §217;
LAO Tir 1984 §73 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Höfinger, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, in der Beschwerdesache der Cafe-Restaurant B, Gebrüder K & Co in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 20. Dezember 1991, Zl. MD-8083/1987/Dr.Pra., betreffend Vorschreibung von Getränke- und Speiseeissteuer, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Zufolge dem der Beschwerde beigelegten Handelsregisterauszug bestand die beschwerdeführende Partei als offene Handelsgesellschaft seit 27. September 1974 unter der Firma "Cafe-Restaurant B, Gebrüder K-OHG"; als persönlich haftende Gesellschafter waren ausgewiesen: EK, Geschäftsführer, I; HK, Koch, I. Seit 30. September 1982 bestand die Gesellschaft weiter als Kommanditgesellschaft mit einer neu eingetretenen Kommanditistin und unter der geänderten Firma "Cafe-Restaurant B, Gebrüder K & Co". Nach dem Ausscheiden der Kommanditistin ist die beschwerdeführende Partei seit 30. September 1983 wieder eine offene Handelsgesellschaft.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 1986 setzte der Magistrat der Stadt Innsbruck aufgrund des Ergebnisses der für den Betrieb "Rest. B Inn" durchgeführten Getränke- und Speiseeissteuerprüfung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1982 bis 30. September 1985 nach dem Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz, LGBl. Nr. 102/1973, den abgabepflichtigen Umsatz mit S 903.913,-- und die hierauf entfallende Getränke- und Speiseeissteuer mit S 90.301,-- fest. Für diesen Zeitraum, so heißt es im Spruch weiter, sei ein Umsatz von S 690.010,-- bzw. eine Getränke- und Speiseeissteuer in der Höhe von S 69.001,-- bereits erklärt worden; daraus ergebe sich eine Abgabennachforderung in der Höhe von S 21.390,-- sowie ein Säumniszuschlag von 2 %, das sind S 428,--, zusammen S 22.818,--.

In der unterhalb der Unterschrift des Genehmigenden befindlichen Zustellverfügung heißt es "Firma HK-OHG, B Inn, X-Straße 55 in I."

Gegen diesen Bescheid erhob der Steuerberater der beschwerdeführenden Partei unter dem Betreff "Cafe-Restaurant B K u. Co, X-Straße Nr. 55" im Auftrag seiner "o.a.

Mandantschaft" Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1991 wies die Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck die Berufung der "Firma HK-OHG" als unbegründet ab; der erstinstanzliche Bescheid wurde insoweit abgeändert, als der Gesamtbetrag der Abgabennachforderung auf S 21.818,-- berichtigt wurde. In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, die "Firma HK-OHG" führe neben einem Gastbetrieb in N auch in I, K-Straße 55, den Restaurant-Betrieb "B Inn".

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Als formeller Mangel des Berufungsbescheides wird die unrichtige Parteibezeichnung geltend gemacht.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Zu dieser erstattete die beschwerdeführende Partei eine Gegenäußerung, auf die die belangte Behörde wiederum replizierte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Gemäß § 73 Abs. 2 zweiter Satz der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, hat jeder Bescheid den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Nach dieser Verfahrensbestimmung hat der Spruch den Bescheidadressaten zu nennen. Das ist bei einem eine hoheitliche Regelung für den Einzelfall darstellenden Abgabenbescheid derjenige, an den der Verwaltungsakt gerichtet wird. Diese Bezeichnung hat bei der Bekanntgabe von Bescheiden, die schriftlich zu erteilen sind, grundsätzlich in der Weise zu geschehen, daß der Name der Person, an die sich der Abgabenbescheid richtet, im Spruch des Abgabenbescheides angegeben wird. Denn in der bestehenden Rechtsordnung ist es der Name, durch den eine Person von anderen Personen unterschieden wird (hg. Erkenntnis vom 27. September 1994, Zl. 91/17/0019).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Jänner 1986, Zl. 84/17/0200, zum Normgehalt des § 70 Abs. 2 Stmk LAO - diese Gesetzesstelle entspricht dem hier anzuwendenden § 73 Abs. 2 Tir LAO - ausgesprochen, daß diese Bestimmung die Funktion habe, einen als Bescheid intendierten individuellen Verwaltungsakt von allgemeinen Verwaltungsakten (Verordnungen) abzugrenzen und die persönliche Reichweite des Bescheides, das ist der individuellen, verwaltungsbehördlichen, außengerichteten Normerlassung, festzulegen. Bestünden in einem konkreten Fall weder Anhaltspunkte dafür, in der behördlichen Erledigung eine Verordnung zu erblicken, noch auch Zweifel daran, wen die belangte Behörde als Bescheidadressaten angesehen habe, so genüge es sowohl unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzung der Verordnung als auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmung des Bescheidadressaten, wenn der letztere aus dem "Bescheidkopf" eindeutig hervorgehe, auch wenn er in dem als Spruch bezeichneten Teil der behördlichen Erledigung nicht aufscheine. Davon ausgehend hat es der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 90/17/0036, nach dem Gesamtbild der Merkmale der Erledigung - nämlich der Anführung des damaligen Beschwerdeführers im Betreff, in der Begründung und in der Zustellverfügung - als unzweifelhaft angesehen, daß damit die Erledigung gegenüber dem Beschwerdeführer getroffen worden sei. Der Adressat kann sich auch aus dem vor dem Spruch befindlichen Adressfeld im Zusammenhang mit der Begründung ergeben (hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1992, Zl. 89/17/0037, 0038). Die Zustellverfügung allein reicht jedoch zur Erschließbarkeit des Adressaten nicht aus (hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1993, Zl. 90/17/0385), ebensowenig ein mehrdeutiger "Bescheidkopf", der es offen läßt, ob zwei physische Personen oder eine aus ihnen gebildete Erwerbsgesellschaft als Abgabenschuldner herangezogen werden sollen (hg. Erkenntnis vom 18. März 1994, Zl. 93/17/0047).

2.2. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich der erstinstanzliche Bescheid in der Bezeichnung des Adressaten als so fehlerhaft, daß nicht zweifelsfrei erkennbar ist, an wen sich der Abgabenbescheid mit dem darin enthaltenen Leistungsgebot richtet. Der Spruch enthält nur die Bezeichnung des Betriebes "Rest. B Inn", jedoch keine Rechtsperson, dem dieser Betrieb zugerechnet wird. Die Zustellverfügung allein vermag die für das Zustandekommen eines Bescheides essentielle Bezeichnung des Adressaten nicht zu ersetzen. Dazu kommt im Beschwerdefall noch, daß selbst die Bezeichnung des Adressaten in der Zustellverfügung "Firma HK-OHG B Inn" nicht ident ist mit dem Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin. Eine unrichtige Bezeichnung des Adressaten wäre im übrigen nur dann unbeachtlich, wenn diese offenbar auf einem Versehen beruhte und der intendierte Adressat zweifelsfrei feststünde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1992, Zl. 91/10/0095 = ZfVB 1993/2/608). Ein berichtigungstaugliches Versehen dieser Art ist hier aber keineswegs offenkundig. Der Erledigung des Magistrates vom 28. Oktober 1986 kam daher mangels Nennung eines Adressaten im Spruch (oder zumindest dessen eindeutiger Erschließbarkeit) kein Bescheidcharakter zu.

Die der beschwerdeführenden Partei zuzurechnende Berufung ist daher ins Leere gegangen und hätte zurückgewiesen werden müssen. Stattdessen wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei im Spruch des angefochtenen Bescheides einer "Firma HK-OHG" zugerechnet und abgewiesen.

Durch diesen Bescheid kann die beschwerdeführende Partei in ihren geltend gemachten Rechten nicht verletzt worden sein, da sich das abgabenrechtliche Leistungsgebot nicht an sie gerichtet hat.

2.3. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die Beschwerde wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluß zurückgewiesen werden mußte.

2.4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abgesehen werden.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 51 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992170066.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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