TE Vfgh Erkenntnis 1994/3/1 B1576/93

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Veröffentlicht am 01.03.1994
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
Nö GVG 1989 §1 Z3 lita
Nö GVG 1989 §22 lita

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags der Interessenten auf Zustellung des Berufungsbescheides betreffend die grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines Kaufvertrags mangels Parteistellung der Interessenten im Berufungsverfahren

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom 25. November bzw. 11. Dezember 1991 veräußerte C B an A P M mehrere Grundstücke im Gesamtausmaß von 1,4460 ha. Während die Grundverkehrs-Bezirkskommission für den Wirkungsbereich der Bezirksbauernkammer Mautern am Sitz der Bezirkshauptmannschaft Krems diesem Kaufvertrag die Zustimmung versagte, gab die Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung der gegen den erstinstanzlichen Bescheid (allein) vom Käufer erhobenen Berufung Folge und erteilte mit Bescheid vom 17. Februar 1993 die Zustimmung.

Gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission richtete sich die von den nunmehrigen Beschwerdeführern erhobene, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer, die sich durch den angefochtenen Bescheid - von dem ihnen nach ihrem Vorbringen eine Kopie zur Kenntnis gelangt ist - in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt erachteten, brachten insbesondere vor, daß sie aufgrund eines langjährigen Vertrages Pächter der Kaufgrundstücke seien. Sie seien überdies im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde erster Instanz als Interessenten iS des §1 Z3 lita des NÖ Grundverkehrsgesetzes 1989, LGBl. 6800-1 (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. 6800-2; im folgenden: NÖ GVG 1989), aufgetreten und hätten iS dieser gesetzlichen Vorschrift glaubhaft gemacht, daß sie bereit und in der Lage seien, anstelle des Käufers die in dieser Vorschrift festgesetzten Bedingungen zu erfüllen. Es hätte daher die grundverkehrsbehördliche Zustimmung nicht erteilt werden dürfen.

Die Beschwerde wurde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1993, B641/93, auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, mangels Legitimation der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer stellten überdies an die Grundverkehrs-Landeskommission den Antrag auf Zustellung des (Berufungs-)Bescheides vom 17. Februar 1993, mit dem dem in Rede stehenden Kaufvertrag die Zustimmung erteilt worden war.

Dieser Antrag wurde von der Grundverkehrs-Landeskommission mit Bescheid vom 12. Juli 1993 unter Berufung auf §1 Z3 lita und §22 NÖ GVG 1989 abgewiesen. Begründend wurde - zusammengefaßt - ausgeführt, daß der Kreis derjenigen, denen gegen Bescheide der Grundverkehrsbehörde erster Instanz ein Berufungsrecht zukomme, in §22 NÖ GVG 1989 taxativ aufgezählt sei. Den Interessenten iS des §1 Z3 lita NÖ GVG 1989 sei danach ein Berufungsrecht ebensowenig eingeräumt wie den an der Kaufliegenschaft obligatorisch oder dinglich Berechtigten. Da den Beschwerdeführern demnach keine Parteistellung zukomme, hätten sie auch kein subjektives Recht auf Zustellung des (über die Berufung einer Vertragspartei absprechenden) Berufungsbescheides.

3. Gegen diesen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums, des Rechtes auf ein Verfahren vor einem unparteiischen Gericht iS des Art6 EMRK sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

4. Die Grundverkehrs-Landeskommission hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdevorwurf einer Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor einem unparteiischen Gericht iS des Art6 EMRK geht mit Rücksicht darauf ins Leere, daß sich der angefochtene Bescheid in der Abweisung des Antrages der Beschwerdeführer auf Bescheidzustellung erschöpft, ihm demnach nur verfahrensrechtliche Wirkung zukommt.

Davon abgesehen, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, Zweifel an der Qualität der Grundverkehrs-Landeskommission als "Tribunal" iS des Art6 Abs1 EMRK zu erwecken (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 7630/1975, 10457/1985).

2. Den Beschwerdeführern kam, wie bereits in dem ihnen gegenüber ergangenen Beschluß vom 27. September 1993, B641/93, dargelegt, im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden, das schließlich zur Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung mit Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 17. Februar 1993 führte, Parteistellung nicht zu. Sie hatten daher insbesondere nicht das Recht der Berufung gegen den Bescheid der Grundverkehrsbehörde erster Instanz (vgl. §22 lita NÖ GVG 1989), demnach aber auch nicht das Recht auf Zustellung des Berufungsbescheides vom 17. Februar 1993. Die Grundverkehrs-Landeskommission hat deshalb mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 12. Juli 1993 den Antrag der Beschwerdeführer auf Zustellung des Berufungsbescheides zu Recht abgewiesen.

3. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §22 lita NÖ GVG 1989 (s. auch dazu etwa den Beschluß vom 27. September 1993, B641/93, und die dort zitierte Vorjudikatur) steht damit zugleich fest, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurden.

4. Auch in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums greift der angefochtene Bescheid mit Rücksicht auf seine bloß verfahrensrechtliche Wirkung von vornherein nicht ein (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 10212/1984, 10227/1984; VfGH 14.6.1993, B89/92).

5. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte der Beschwerdeführer haben somit nicht stattgefunden.

6. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in einem von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sind.

7. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu oben unter II.2.) ist es auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Parteistellung Grundverkehrsrecht, Berufung, Zustellung, Bescheid verfahrensrechtlicher

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1576.1993

Dokumentnummer

JFT_10059699_93B01576_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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