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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, in den Revisionssachen 1. des T K und 2. der A K, beide vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 2021, 1. L515 2113549-2/21E und 2. L515 2113547-2/20E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.
Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Erstrevisionswerber und die minderjährige Zweitrevisionswerberin sind Geschwister und armenische Staatsangehörige. Sie stellten (zusammen mit ihren Eltern und ihrem Großvater) erstmals im September 2014 Anträge auf internationalen Schutz, die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) abgewiesen wurden.
Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 17. Dezember 2015 rechtskräftig abgewiesen.
2 Am 6. April 2016 stellten die revisionswerbenden Parteien (und sämtliche weitere Familienmitglieder) erneut Anträge auf internationalen Schutz.
3 Mit Bescheiden vom 25. August 2017 wies das BFA auch diese Anträge ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte jeweils fest, dass die Abschiebung nach Armenien zulässig sei, und legte jeweils eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. Juli 2021 wies das BVwG die dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien nach Durchführung einer Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die „Rückkehrentscheidung vorübergehend unzulässig“ sei (Spruchpunkte 4. A. und 5. A.).
Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das BVwG, soweit die vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung festgestellt werde, für zulässig, im Übrigen für unzulässig.
5 Begründend führte das BVwG aus, das im Erstverfahren erstattete Vorbringen werde auch im gegenständlichen Verfahren nicht als glaubwürdig gewertet. Ebenso würden sich die Behauptungen, dass gegen den Vater der revisionswerbenden Parteien ein Strafverfahren anhängig sei und die revisionswerbenden Parteien auf Grund der gemischt-ethnischen Abstammung ihrer Mutter Repressalien ausgesetzt seien, als nicht glaubwürdig erweisen. Da die revisionswerbenden Parteien nicht damit rechnen müssten, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen Gefahr im Sinne des § 8 AsylG 2005 ausgesetzt zu sein, scheide die Gewährung von subsidiärem Schutz aus.
Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet, jedoch werde im Fall der revisionswerbenden Parteien davon ausgegangen, dass vorübergehend bis zur Beendigung der Schulausbildung im zweiten Semester des Schuljahres 2022/2023 kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Durchführung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bestehe. Nach dem Wegfall dieser Hindernisse, die auch in einem Abbruch der Schule oder in keinem weiteren ernsthaften Betreiben des Schulbesuchs zu sehen sein würden, werde der Sachverhalt neu zu prüfen sein.
6 Die vorliegenden ordentlichen Revisionen richten sich gegen die Spruchpunkte 4.) A) und 5.) A) des Erkenntnisses vom 6. Juli 2021, soweit damit die Rückkehrentscheidung gegen die revisionswerbenden Parteien für vorübergehend unzulässig erklärt wurde (zur Anfechtung der übrigen Teile des Erkenntnisses siehe die zu Ra 2022/19/0021 bis 0024 protokollierten außerordentlichen Revisionen).
7 Mit dem zwischenzeitlich ergangenen Erkenntnis vom 4. Mai 2022, Ro 2021/14/0004, gab der Verwaltungsgerichtshof der ordentlichen Amtsrevision des BFA Folge und hob die Entscheidung des BVwG vom 6. Juli 2021 im Umfang seiner Anfechtung, sohin in den Spruchteilen der Spruchpunkte 4.) A) und 5.) A), mit dem die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die revisionswerbenden Parteien für vorübergehend unzulässig erklärt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.
8 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
9 Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt unter anderem dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung durch eine höchstgerichtliche Aufhebung aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (zu einer solchen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof vgl. etwa VwGH 4.2.2022, Ra 2021/14/0262, mwN).
10 Die Revisionen waren daher gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und die Verfahren einzustellen.
11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. September 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022190001.J00Im RIS seit
24.10.2022Zuletzt aktualisiert am
24.10.2022