TE Vwgh Beschluss 2022/9/26 Ra 2022/04/0079

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Veröffentlicht am 26.09.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrat Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy und Hofrat Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des H A in T, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Promenade 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 5. Mai 2022, Zl. LVwG-851708/5/Wg, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Dem Verfahren liegt folgender unstrittiger Sachverhalt zugrunde:

2        Der Revisionswerber ist irakischer Staatsbürger. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 2020 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11. September 2020 abgewiesen, mit welchem der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz und Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in seinen Heimatstaat zulässig sei.

3        Der Revisionswerber meldete am 2. November 2021 das Gewerbe „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ an einem bestimmten Standort an. Der Revisionswerber verfügte weder bei Anmeldung des Gewerbes noch zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts über einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

4        2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde ab, mit welchem diesem die Ausübung des Gewerbes „Hausbetreuung, bestehend aus der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ untersagt wurde, weil die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gewerbes nicht vorlägen. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

5        In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, gemäß § 14 Abs. 1 GewO 1994 dürften ausländische natürliche Personen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimme, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden sei. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen worden sei, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürften, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimme, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürften. Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig seien (Erstantragsteller) und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollten, sei die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ziehe eine Gewerbeanmeldung eine Prüfung der Anmeldungsvoraussetzungen durch die Behörde nach sich, bei der grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen sei. Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes im Falle des Revisionswerbers nicht vorlägen, sei daher zurecht erfolgt.

6        3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       4.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, auf den vorliegenden Fall sei das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Irak anzuwenden, dem zufolge die Republik Österreich verpflichtet sei, irakische Anbieter von Dienstleistungen wie der gegenständlichen inländischen Anbietern gleichzustellen, also bei der Gewerbeanmeldung von einem Aufenthaltstitel abzusehen.

11       4.2. Der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, 2004/04/0037, auf dessen Begründung hier gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, vor dem Hintergrund des Urteils Kondova des EuGH vom 27. September 2001, Rs C-235/99, zu Art. 59 Abs. 1 des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Bulgarien andererseits, Amtsblatt Nr. L 358 vom 31. Dezember 1994 (Europa-Abkommen) ausgeführt, dass die Bestimmung in § 14 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 nicht gegen das Europa-Abkommen verstoße, weil dieses Abkommen das Einreise- und Aufenthaltsrecht als Nebenrechte des Niederlassungsrechts nicht schrankenlos gewährleiste und ihre Ausübung durch die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaates beschränkt werden könne. § 14 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 trete daher hinter die unmittelbare Wirkung der aus Art. 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens gewährten Rechte für bulgarische Staatsangehörige nicht zurück bzw. werde durch diese nicht verdrängt (mit Hinweis auf Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zu GewO², (2003), Rz 5 zu § 14). Folglich sei für die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ein (diesen Aufenthaltszweck deckender) Aufenthaltstitel erforderlich, welcher durch die zuständige Behörde nach den nationalen fremdenrechtlichen Vorschriften zu erteilen sei.

12       Dasselbe hat wegen der insofern inhaltlich vergleichbaren Regelung des Art. 29 Abs. 4 des (hier gegenständlichen) Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits, BGBl. III Nr.137/2018, auch für den vorliegenden Fall zu gelten. Insbesondere geht aus der zu Art. 29 ergangenen Anmerkung in Anhang 4 dieses Abkommens hervor, dass das Abkommen dem Erfordernis eines Visums - nichts Anderes kann für einen Aufenthaltstitel gelten - prinzipiell nicht entgegensteht.

13       § 14 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994, wonach die rechtmäßige Ausübung eines Gewerbes durch einen Drittstaatsangehörigen, der noch nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig sei, einen die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit zulassenden Aufenthaltstitel voraussetzt, ist demnach auch für irakische Staatsangehörige maßgeblich.

14       Die angefochtene Entscheidung steht daher hinsichtlich dieser Frage in Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

15       4.3. Insoweit die Revision ausführt, „zu prüfen wäre daher eigentlich die Existenz einer Hauptniederlassung im Irak selbst“, ist ein Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

16       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Wien, am 26. September 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022040079.L00

Im RIS seit

24.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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