TE Vwgh Beschluss 2022/9/29 Ra 2022/17/0166

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Veröffentlicht am 29.09.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision 1. der S H, 2. des S H, und 3. des L H, alle in S, die minderjährigen revisionswerbenden Parteien vertreten durch S H, alle vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. April 2022, 1. W232 2205613-4/4E, 2. W232 2212257-4/4E und 3. W232 2235202-3/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Am 30. Juni 2020 beantragten die revisionswerbenden Parteien, Staatsangehörige der Republik Serbien, die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK nach § 55 Asylgesetz (AsylG 2005).

2        Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) vom 31. Juli und 3. August 2020 wurden die Anträge der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien - wegen gegen diese vorliegender rechtskräftiger Rückkehrentscheidungen - gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen. Der Antrag der drittrevisionswerbenden Partei wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 7. August 2020 abgewiesen; unter einem wurde eine Rückkehrentscheidung gegen die drittrevisionswerbende Partei erlassen und die Zulässigkeit ihrer Abschiebung nach Serbien festgestellt.

3        Über Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wurden diese Bescheide mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Mai 2021 ersatzlos behoben. Dies begründete das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass die Anträge der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien auf Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005 - wegen der neu zu berücksichtigenden Erteilung eines Aufenthaltstitels an den in Österreich lebenden Ehegatten der erstrevisionswerbenden Partei und Vater der weiteren revisionswerbenden Parteien - nicht hätten zurückgewiesen werden dürfen und in der Sache zu behandeln seien.

4        Mit Bescheiden des Bundesamts vom 25. August 2021 wurden die Anträge sämtlicher revisionswerbender Parteien auf Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 55 AsylG 2005 abgewiesen. Unter einem wurden Rückkehrentscheidungen gegen sie erlassen, die Zulässigkeit ihrer Abschiebung - ohne im Spruch des an die erstrevisionswerbende Partei adressierten Bescheids den Zielstaat der Abschiebung zu bezeichnen - festgestellt und eine Frist für ihre freiwillige Ausreise festgelegt.

5        Gegen diese Bescheide erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Zulässigkeit der Abschiebung der revisionswerbenden Parteien in den Zielstaat Serbien festgestellt wurde. Eine Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

6        Gegen dieses Erkenntnis führten die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 B-VG.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 29. Juni 2022, E 1313-1315/2022-5, die Behandlung der Beschwerde ab und trat dieselbe dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

7        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nunmehr vorliegende Revision.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 27.7.2022, Ra 2022/17/0113, mwN)

Dieser Anforderung wird die Darlegung der Zulässigkeit der Revision nicht gerecht, soweit sie allgemein die Verletzung von Rechten der minderjährigen revisionswerbenden Parteien rügt, ohne diese Rechte näher zu bezeichnen. Dasselbe gilt für die bloßen Verweise auf den revisionswerbenden Parteien in Serbien drohende materielle und medizinische Notlagen, ohne auszuführen, inwiefern diese eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung begründen. Im Übrigen entfernt sich die Revision mit der Behauptung dieser Notlagen von den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses.

12       Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist fallbezogen in konkreter Weise darzulegen. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, mwN).

Dieser Anforderung wird die Darlegung der Zulässigkeit der Revision nicht gerecht. Denn es werden allgemein Verfahrensfehler - nämlich nicht näher bezeichnete Ermittlungsfehler - für das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ins Treffen geführt, ohne konkret anzugeben, welche Tatsachen bei deren Vermeidung erwiesen worden wären und weshalb ein für die revisionswerbenden Parteien günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können.

13       Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 13.7.2022, Ra 2022/17/0035, mwN).

Mit ihrem bloßen Verweis auf den Umstand, dass der in Österreich lebende Ehegatte der erstrevisionswerbenden Partei und Vater der minderjährigen revisionswerbenden Parteien diese nicht nach Serbien begleiten könnte, wird fallbezogen nicht aufgezeigt, dass das Bundesverwaltungsgericht die angestellte Interessenabwägung mit einem durch den Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler belastet hätte. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigte diverse fallbezogene Gesichtspunkte wie das Eheband, den Umstand, dass das Familienleben begründet wurde, als sich die erstrevisionswerbende Partei der Unsicherheit ihres Aufenthalts im Bundesgebiet bewusst sein musste, vorhandene Bindungen der revisionswerbenden Parteien zum Herkunftsstaat, dort verfügbare Sozialhilfen sowie - betreffend die minderjährigen revisionswerbenden Parteien - deren Kindeswohl.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. September 2022

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022170166.L00

Im RIS seit

24.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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