TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/26 95/19/0277

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Veröffentlicht am 26.03.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §68 Abs2;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. April 1995, Zl. 300.914/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. April 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - unter anderem - gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, über den Beschwerdeführer sei am 12. Oktober 1989 ein Aufenthaltsverbot verhängt worden, dessen Vollstreckung bis 30. Mai 1993 aufgeschoben worden sei. Der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte gewöhnliche Sichtvermerk sei am 1. September 1992 abgelaufen. Am 1. Juni 1994 sei das über den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot aufgehoben worden. Der Beschwerdeführer falle daher nicht unter die Übergangsbestimmung des § 13 Abs. 1 AufG, sondern hätte aus dem Grunde des § 6 Abs. 2 AufG den Antrag nicht im Inland, sondern vor seiner Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen gehabt.

Der Beschwerdeführer sei mit einer Österreicherin verheiratet und Vater zweier Kinder. Im Hinblick auf das bis 31. Mai 1994 bestandene Aufenthaltsverbot überwögen jedoch die öffentlichen Interessen die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Tatsachenannahme der belangten Behörde, er habe seinen Antrag vom Inland aus gestellt, nicht entgegen. Er bestreitet auch nicht, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes gegen ihn ein Aufenthaltsverbot bestand, dessen Vollstreckung nicht (mehr) aufgeschoben war.

Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 10. Mai 1995 hatte die belangte Behörde die Rechtslage vor Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, anzuwenden.

Gemäß § 6 Abs. 2 a.F. AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung kann auch vom Inland aus gestellt werden. Nach § 13 Abs. 1 AufG bleiben die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften beantragen.

Der im bekämpften Bescheid gezogene Schluß, daß für den Beschwerdeführer - mangels rechtmäßigen Aufenthaltes im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes - die Übergangsregelung des § 13 Abs. 1 AufG nicht zum Tragen komme, er daher die Antragstellung gemäß § 6 Abs. 2 AufG "vor der Einreise nach Österreich" vom Ausland aus vorzunehmen gehabt hätte, begegnet keinen Bedenken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0564).

Insoweit der Beschwerdeführer darzulegen versucht, die Verhängung des Aufenthaltsverbotes selbst sei unzulässig gewesen, ist ihm zu entgegnen, daß die Frage der Rechtmäßigkeit dieses fremdenpolizeilichen Aktes im Verfahren zur Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung nicht zu überprüfen war. Der am 1. Juni 1994 erfolgten Aufhebung dieses Bescheides in Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG kam keine rückwirkende Kraft zu (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Juni 1950, Slg. 1512A, und vom 8. April 1975, Slg. 8798A). Die belangte Behörde hatte daher davon auszugehen, daß das Aufenthaltsverbot vom 12. Oktober 1989 - ab 1. Jänner 1993 aus dem Grunde des § 88 Abs. 3 FrG - bis 31. Mai 1994 dem Rechtsbestand angehörte.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurde auch seinem - gemeinsam mit der Berufung gestellten - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "zum Inkrafttreten des neuen Aufenthaltsgesetzes" nicht stattgegeben. Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde war das Berufungsverfahren gegen den diesen Antrag zurückweisenden Bescheid der erstinstanzlichen Behörde noch anhängig. In einer Aufforderung zur Verbesserung oder Ergänzung einer Eingabe durch die Berufungsbehörde kann keinesfalls eine "konkludente Stattgebung der Wiedereinsetzung" erblickt werden.

Im vorliegenden Fall kann es dahingestellt bleiben, ob bei einer auf § 6 Abs. 2 a.F. AufG gestützten Entscheidung auf die durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechte des Aufenthaltswerbers grundsätzlich Bedacht zu nehmen ist oder nicht. Den Beschwerdeführer traf im Hinblick auf das Aufenthaltsverbot vom 12. Oktober 1989 jedenfalls mit Ablauf des Vollstreckungsaufschubes zum 30. Mai 1993 aus dem Grunde des § 22 Abs. 1 FrG die Verpflichtung zur unverzüglichen Ausreise.

Die während eines unberechtigten weiteren Aufenthaltes begründeten oder auch nur intensivierten persönlichen Interessen eines Fremden im Inland vermögen keine zu seinen Gunsten ausschlagende Interessenabwägung zu bewirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0340).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Eintritt und Umfang der Rechtswirkungen von Entscheidungen nach AVG §68

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190277.X00

Im RIS seit

02.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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