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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §68 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Dezember 1994, Zl. VwSen-210129/13/Lg/Bk, betreffend Übertretung der Oberösterreichischen Bauordnung (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Dezember 1994 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, als Bauherr in Hörsching auf dem Grundstück Nr. n1, KG N, in der Zeit vom 14. April bis 7. Mai 1993 mit der Ausführung eines gemäß § 41 Abs. 1 lit. a Oberösterreichische Bauordnung 1976 bewilligungspflichtigen Neubaues, nämlich eines landwirtschaftlichen Gebäudes, begonnen zu haben, indem Fundamente und Kellerwände errichtet, Schalungsarbeiten durchgeführt, sowie der Unterlagsbeton hergestellt worden seien, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen ist. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 68 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 41 Abs. 1 lit. a OÖ. Bauordnung 1976 verletzt. Über sie wurde eine Geldstrafe von S 50.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen hiezu aus, die Tat sei auf Grund der Ermittlungsergebnisse und insbesondere der vom Vertreter der Beschwerdeführerin selbst vorgebrachten Tatsachen erwiesen. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Notwendigkeit der Ernteeinbringung und der damit verbundenen Notwendigkeit des Unterstellens von Erntemaschinen wirke weder rechtfertigend noch entschuldigend. Hiebei handle es sich lediglich um ein auf einen wirtschaftlichen Nachteil hinzielendes Vorbringen. Der Einwand der Befürchtung drohender Investitionsverluste entschuldige die Beschwerdeführerin nicht. Bei Festsetzung der Strafhöhe sei von einem monatlichen Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin von S 20.000,-- auszugehen gewesen. Sorgepflichten lägen keine vor. Der Unrechtsgehalt der Tat sei beträchtlich, da die Beschwerdeführerin einer ordnungsgemäßen (vor Baubeginn stattgefundenen) Durchführung eines Baubewilligungsverfahrens planmäßig entgegengearbeitet und ein Bauvorhaben von erheblicher Größenordnung in einer sensiblen Zone in Angriff genommen habe. Dadurch sei ein zetraler Schutzzweck der einschlägigen Normen gezielt vereitelt worden. Die nachträgliche Genehmigung des Bauvorhabens bilde schon deshalb keinen Anlaß für eine Strafherabsetzung, weil dadurch dem gesetzlichen Verbot der Durchführung des behördlichen Verfahrens vor Baubeginn nicht Genüge getan werde. Da kein Grund für eine disproportionale Ausschöpfung der Strafrahmen für die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen ersichtlich sei, sei die Ersatzfreiheitsstrafe im Vergleich zur Strafbehörde erster Instanz, welche diese mit 14 Tagen festgesetzt habe, in einer dem Strafrahmenproporz entsprechenden Höhe festzusetzen gewesen. Mangels geringen Unrechts- und Schuldgehaltes der Tat habe § 21 VStG nicht angewendet werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, entgegen § 68 Abs. 1 lit. b Oö. Bauordnung 1976 nicht bestraft zu werden, verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 der im Beschwerdefall maßgebenden
Oberösterreichischen Bauordnung 1976 (OÖ. BO) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer
....
b)
als Bauherr oder Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung oder vor rechtskräftigem Abschluß des Vorstellungsverfahrens gegen die Baubewilligung auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat oder ohne rechtskräftige Baubewilligung oder vor rechtskräftigem Abschluß des Vorstellungsverfahrens gegen die Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abweicht oder abgewichen ist.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 300.000,-- zu bestrafen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes trägt die Beschwerdeführerin vor, die Spruchfassung des von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnisses der Strafbehörde erster Instanz entspräche nicht den Beweisergebnissen, da die Beschwerdeführerin zwar Bauherr des hier in Rede stehenden bewilligungspflichtigen Bauvorhabens sei, die im Spruch aufgezählten Arbeiten jedoch selbst nicht durchgeführt habe, vielmehr "herstellen habe lassen bzw. derartige Arbeiten in Auftrag gegeben habe".
Strafbar gemäß § 68 Abs. 1 lit. b BO sind die vom Bauherrn oder Bauführer eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens unter den dort näher aufgezählten Voraussetzungen durchgeführten Ausführungshandlungen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1981, Zl. 81/06/0106). Bauherr im Sinne dieser Gesetzesstelle ist derjenige, in dessen Auftrag und auf dessen Rechnung ein Bau ausgeführt wird (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 7. Juni 1955, Zl. 532/53, und vom 16. Mai 1979, Zl. 1725/77). Für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales "ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausführen" ist daher ohne weitere Bedeutung, ob der Bauherr selbst die Ausführungshandlungen vornimmt oder den Auftrag zur Erbringung dieser Ausführungshandlungen an Dritte erteilt (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1992, Zl. 91/10/0146).
Auch mit dem Vorbringen, dem Spruch des angefochtenen Bescheides könne nicht entnommen werden, wer die gegenständlichen Arbeiten durchgeführt bzw. wem die Beschwerdeführerin den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten gegeben habe, und der angefochtene Bescheid entspreche deshalb nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 44a VStG, vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen.
Gemäß § 44a VStG hat der "Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1.
die als erwiesen angenommene Tat; ..."
Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und daß die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Demnach sind entsprechende, daß heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Soweit die Strafbarkeit das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener besonderer Merkmale voraussetzt, sind insbesondere auch diese Merkmale zu bezeichnen. Hinsichtlich des unverwechselbaren Feststehens der Identität der Tat muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A).
Wie bereits oben klargelegt, ist für die Annahme des Tatbestandsmerkmales "ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausführen" nicht wesentlich, ob der Bauherr selbst die zur Last gelegten Ausführungshandlungen vorgenommen hat. Welche Ausführungshandlungen der Beschwerdeführerin aber angelastet werden, wurde im Spruch des Straferkenntnisses der Strafbehörde erster Instanz im Sinne der vorzitierten Judikatur konkretisiert umschrieben (Errichten von Fundamenten und Kellerwänden, Durchführung von Schalungsarbeiten, Herstellung eines Unterlagsbetons). Nicht erforderlich ist es, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 44a VStG zu genügen, auszuführen welche Arbeiten an welchem Tag durchgeführt worden sind, da bei einer unzulässigen Bauführung, die sich als Einheit darstellt und auch von einem einheitlichen Bauwillen getragen ist, von der Bestrafung alle bis zum Zeitpunkt der Fällung (Zustellung) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Handlungen erfaßt sind (sogenanntes fortgesetztes Delikt; vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Slg. Nr. 10186/A).
Notstand als Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 6 VStG ist nur dann gegeben, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung einer dem Übertretenden unmittelbar drohenden Gefahr, die so groß ist, daß sich der Täter in unwiderstehlichem Zwang befindet, begangen wird, nicht aber dann, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll. Wirtschaftliche Nachteile können nur dann als relevant angesehen werden, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (vgl. hiezu die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 6. Auflage, Rz. 752, Seite 318 dargestellte hg. Rechtsprechung). In der Beschwerde wird nicht vorgebracht, warum die vor der Strafbehörde behaupteten wirtschaftlichen Nachteile solche sein sollen, die die Annahme eines Notstandes im Sinne dieser Rechtsprechung rechtfertigen würden. Die diesbezüglichen Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid sind frei von Rechtsirrtum.
Das Vorbringen in der Beschwerde, die belangte Behörde hätte bei der Strafbemessung die Sorgepflicht der Beschwerdeführerin für ihren minderjährigen Sohn nicht berücksichtigt, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. In der Niederschrift vom 5. August 1993 vor der Strafbehörde erster Instanz wurde ausdrücklich erklärt, daß die Beschwerdeführerin keine Sorgepflichten träfen.
Gegen die von der belangten Behörde vorgenomme Strafbemessung bestehen seitens des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken. Bei der Strafbemessung sind gemäß § 19 Abs. 1 VStG das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigen. Ein Vergleich mit der gleichzeitig erfolgten Bestrafung des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin - wie in der Beschwerde gefordert - kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dieser Beschuldigte infolge Übertretung des § 68 Abs. 1 lit. b BO für an einem Tag gesetzte Tathandlungen als Beihelfer im Sinne des § 7 VStG mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1994 bestraft worden ist. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ausgeführt, warum die Ersatzfreiheitsstrafe - ohne gleichzeitige Reduktion der von der Strafbehörde I. Instanz festgesetzten Geldstrafe - herabgesetzt worden ist. Die Beschwerdeführerin hat nicht aufgezeigt und auch der Gerichtshof vermag nicht zu erkennen, inwiefern darin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegen soll.
Schließlich vermeint die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte gemäß § 21 VStG von einer Strafe absehen müssen. Dies erfordert jedoch gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle, daß das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, warum sie der Ansicht ist, daß die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VStG vorliegen sollen. Auch in der Berufung wurden solche Gründe nicht vorgebracht. Ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid, daß die Beschwerdeführerin "wissentlich" mit der vorzeitigen Bauführung begonnen hat, kann ihr Verschulden keineswegs mehr als geringfügig im Sinne des § 21 Abs. 1 VStG bezeichnet werden. Eine nähere Begründung durch die belangte Behörde war daher nicht geboten.
Insgesamt erweist sich somit die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050055.X00Im RIS seit
11.07.2001