TE Vwgh Beschluss 2022/9/22 Ra 2022/22/0117

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Veröffentlicht am 22.09.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M J, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 4. Jänner 2022, LVwG 26.20-2154/2021-16, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Steiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 4. Jänner 2022 bestätigte das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Bescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 2021, mit dem der am 17. Februar 2021 gestellte Erstantrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot - Karte“ (selbständige Schlüsselkraft) gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz abgewiesen worden war.

Das Verwaltungsgericht führte begründend im Wesentlichen aus, laut dem eingeholten Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark komme der von einer noch zu gründenden GmbH auszuübenden Erwerbstätigkeit (Produktion und Vermarktung von Fleisch im Rahmen eines zu errichtenden „Logistik- und Vertriebszentrums“ in Graz) kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG zu.

2.2. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich - nach Ablehnung der Behandlung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem mit Beschluss VfGH 29.4.2022, E 420-421/2022-5, dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde - die außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung der Revisionswerber ein Abweichen von der Rechtsprechung in den nachfolgend näher erörterten Punkten behauptet. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird jedoch nicht aufgezeigt.

4.1. Der Revisionswerber macht geltend, das Verwaltungsgericht habe den Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision lediglich mit der sinngemäßen Wiedergabe des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründet. Eine solche Begründung werde den Anforderungen des § 25a Abs. 1 VwGG nicht gerecht, dürfe sie doch nicht so kurz und inhaltsleer sein, dass die Parteien die Erfolgsaussichten einer Revision nicht beurteilen bzw. einschätzen könnten.

4.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass selbst das Fehlen einer näheren Begründung des Ausspruchs gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für sich betrachtet nicht dazu führen kann, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG allein deshalb gegeben wären. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich gemäß § 34 Abs. 1a VwGG an den gemäß § 25a Abs. 1 VwGG getätigten Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden, sondern überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision anhand der gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dazu gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 14.4.2021, Ra 2020/22/0257, Pkt. 3.2. mwN).

5.1. Der Revisionswerber releviert weiters, der belangten Behörde (gemeint: dem Verwaltungsgericht) sei eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten, weil sie (es) trotz Durchführung einer mündlichen Verhandlung seine Angaben und die vorgelegten Urkunden nicht entsprechend berücksichtigt habe. Bei Berücksichtigung der Beweise hätte sich ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der im Blick stehenden Erwerbstätigkeit im Sinn des § 24 AuslBG ergeben.

5.2. Eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung liegt dann vor, wenn ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweggenommen und die Beweisaufnahme deshalb abgelehnt wird (vgl. VwGH 10.6.2022, Fe 2022/09/0001, Rn. 42 mwN).

Vorliegend wendet sich der Revisionswerber aber nicht gegen das Unterbleiben der Aufnahme von Beweisen wegen antizipierender Würdigung, sondern behauptet vielmehr eine unzureichende Berücksichtigung der (ohnehin) aufgenommenen Beweise und bekämpft damit in Wahrheit die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts (vgl. zu einer solchen Konstellation etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2022/14/0154, Rn. 17).

5.3. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts ist freilich einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nur insofern zugänglich, als es um die ordnungsgemäße Ermittlung der Beweisergebnisse und die Kontrolle der Schlüssigkeit der angestellten Erwägungen geht. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die diesbezügliche Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 20.12.2021, Ra 2018/08/0013 u.a., Pkt. 18.2. mwN).

Derartiges zeigt die Revision - in der im Übrigen wie schon im vorangegangenen Verfahren völlig offen gelassen wird, welche Funktion dem Revisionswerber bei der in Österreich zu gründenden GmbH (mit einer anderen Person als Geschäftsführer) überhaupt zukommen sollte - aber nicht konkret auf.

6.1. Der Revisionswerber moniert schließlich, das angefochtene Erkenntnis entspreche nicht den Anforderungen des § 60 AVG, zumal das Ermittlungsverfahren mangelhaft sei und auch nicht nachvollziehbar sei, von welchen konkreten Feststellungen das Verwaltungsgericht ausgehe.

6.2. Im Fall der Geltendmachung eines Verfahrensmangels ist der gerügte Mangel zu präzisieren und seine Relevanz für den Verfahrensausgang bereits in der Zulässigkeitsbegründung darzutun (vgl. VwGH 2.9.2020, Ra 2016/08/0006, Pkt. 5.2. mwN).

Vorliegend werden die gerügten Ermittlungsmängel im Zulässigkeitsvorbringen nicht im Ansatz näher präzisiert, sondern bloß pauschal und ohne Bezugnahme auf den konkreten Fall unterstellt. Ebenso wird die Relevanz für den Verfahrensausgang in keiner Weise dargetan.

6.3. Das angefochtene Erkenntnis entspricht aber auch noch ausreichend den Anforderungen des § 60 AVG, zumal aus der Entscheidung noch erkennbar hervorgeht, welche Feststellungen das Verwaltungsgericht zugrunde legte.

7. Soweit der Revisionswerber ferner vorbringt, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen, genügt der Hinweis, dass eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt (vgl. neuerlich VwGH Ra 2020/22/0257, Pkt. 6. mwN).

8. Insgesamt wird daher in der - für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision maßgeblichen - gesonderten Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 21.3.2017, Ra 2015/22/0147, Pkt. 3.1.) keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. September 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022220117.L00

Im RIS seit

21.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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