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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1369;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. März 1992, Zl. 135/2-5/Kö-1991, betreffend Nachversteuerung von Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 4 Z 1 in Verbindung mit § 18 Abs 5 EStG 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund einer Mitteilung einer Versicherungsgesellschaft, wonach zu zwei (mit den Polizzennummern konkretisierten) Lebensversicherungen eine Verpfändung bescheinigt worden sei, erließ das Finanzamt gemäß § 18 Abs 5 EStG 1988 einen Bescheid über die Nachversteuerung von Sonderausgaben in der Höhe von S 4.189,20.
In einer dagegen eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er habe gemeinsam mit seiner Ehefrau bei einer Sparkasse einen Kredit aufgenommen, wobei (mündlich) vereinbart worden sei, daß die Lebensversicherungen zugunsten der Kreditgeberin vinkuliert würden. Durch die seitens des Sachbearbeiters der Kreditgeberin erfolgte Verwendung eines falschen Formblattes - welches auch vom Versicherungsnehmer in der Annahme, es würde den mündlich vereinbarten Inhalt aufweisen, ohne es zu lesen, unterfertigt worden sei - sei die Versicherung aber von einer Verpfändung der Lebensversicherungen in Kenntnis gesetzt worden. Da sich die Vertragspartner aber einig gewesen seien, daß die Lebensversicherungen zugunsten der Kreditgeberin nur vinkuliert werden sollten, sei in Wahrheit nie ein Pfandrecht der Kreditgeberin zustandegekommen. Es fehlten daher die Voraussetzungen für die Nachversteuerung der Sonderausgaben wegen vorzeitiger Verpfändung der Lebensversicherungen. In der Folge langte beim Finanzamt ein Schreiben der Versicherung ein, in welchem mitgeteilt wurde, daß die ursprünglich bescheinigte Verpfändung auf Wunsch des Kreditgebers und des Versicherungsnehmers annulliert worden sei.
In einer nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und einem rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung der Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erstatteten Vorhaltsbeantwortung ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen im wesentlichen dahingehend, daß er sich nicht auf die Behauptung gestützt habe, infolge einer nachträglichen Aufhebung einer erfolgten Verpfändung der Lebensversicherungen habe die Rechtsfolge des § 18 Abs 4 Z 1 EStG 1988 nicht einzutreten. Es sei ihm auch bewußt, daß eine nachträgliche privatrechtliche Aufhebung einer steuerschädlichen privatrechtlichen Vereinbarung oder Handlung einen einmal bewirkten abgabenrechtlichen Tatbestand nicht beseitigen könne. Die Berufung stütze sich jedoch auf den Umstand, daß im vorliegenden Fall mangels entsprechender Willensübereinstimmung der Vertragspartner ein Pfandrecht des Kreditgebers niemals zustandegekommen und deshalb der abgabenrechtliche Tatbestand der Verpfändung niemals verwirklicht worden sei.
Über Vorhalt der belangten Behörde legte die Kreditgeberin ihr Schreiben vom 19. November 1990 an die Versicherungsgesellschaft vor, worin dieser mitgeteilt worden war, daß irrtümlich eine Verpfändung bei den bezughabenden Versicherungspolizzen beantragt worden sei und worin weiters um Stornierung dieser Verpfändung und um Vormerkung einer Vinkulierung laut beiliegenden Anträgen ersucht worden war. In diesen Anträgen wurde unter dem Titel Vinkulierung unter Pkt 2 beantragt, das Bezugsrecht für den Ab- und Erlebensfall auf die Dauer der Vormerkung zugunsten des Geldinstitutes zu ändern, die Versicherungsgesellschaft unter Pkt 3 beauftragt, das Geldinstitut von bestimmten Umständen (Einlangen eines vom Versicherungsnehmer unterzeichneten Antrages auf Änderung des Bezugsrechtes, Vormerkung eines Pfandrechtes, einer Abtretung, Summenherabsetzung etc) zu verständigen und unter Pkt 4 angewiesen, ua im Fall des Er- oder Ablebens die entsprechende Versicherungsleistung dem Kreditkonto bei dem Kreditinstitut gutzubringen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß der Tatbestand, der den Abgabenanspruch habe entstehen lassen, mit der Mitteilung einer Verpfändung an die Versicherungsanstalt verwirklicht worden sei. Davon ausgehend maß die belangte Behörde dem im Berufungsverfahren behaupteten Umstand, daß mangels einer auf Pfandrechtseinräumung an den Kreditgeber gerichteten Willensübereinstimmung zwischen dem Kreditgeber und dem Kreditnehmer (Beschwerdeführer) eine zivilrechtlich gültige Verpfändung der Lebensversicherungen nicht zustandgekommen sei, keine Bedeutung bei. Wiewohl den diesbezüglichen Berufungsausführungen im Bereich des Zivilrechts beizupflichten sei, sei im Beschwerdefall nicht über ein privatrechtliches Rechtsgeschäft abzusprechen, sondern über einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, auf den zivilrechtliche Bestimmungen nicht angewendet werden könnten.
Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 Abs 4 Z 1 EStG 1988 sind als Sonderausgaben abgesetzte Versicherungsprämien (nach Maßgabe des § 18 Abs 5 EStG 1988) ua nachzuversteuern, wenn innerhalb von zehn Jahren seit Vertragsabschluß eine Verpfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erfolgt.
Die Frage, ob eine solche Verpfändung vorliegt, kann aber nur auf der Basis entsprechender Sachverhaltsfeststellungen gelöst werden, wobei kein Zweifel bestehen kann, daß mit dem im § 18 Abs 4 Z 1 EStG 1988 genannten Begriff "Verpfändung" eine solche im zivilrechtlichen Sinn gemeint ist.
Gemäß § 1368 ABGB heißt der Vertrag, wodurch der Schuldner, oder ein anderer anstatt seiner, auf eine Sache dem Gläubiger das Pfandrecht wirklich einräumt, folglich ihm das bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher verschreibt, Pfandvertrag. Gemäß § 1369 ABGB gilt auch bei dem zweiseitig rechtsverbindlichen Pfandvertrag, was bei Verträgen überhaupt Rechtens ist. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch (auf entsprechende Nachversteuerung) entsteht dann, wenn - zivilrechtlich - von einer Verpfändung der Ansprüche des Versicherungsnehmers aus der Lebensversicherung ausgegangen werden kann.
Unter "Vinkulierung" werden unterschiedliche Formen der Kreditsicherung verstanden. Welche Sicherungsform im Einzelfall vorliegt, bestimmt sich nach der Parteiabsicht. Minimalgehalt der Vinkulierung ist eine Zahlungssperre zugunsten des Kreditgebers in der Form, daß die Versicherungsleistung nicht ohne Zustimmung des Kreditgläubigers ausgezahlt wird (vgl Fenyves, Die "Vinkulierung" von Versicherungsforderungen, BankArch 1991, 13 ff).
Handelt es sich um eine solche Art der Vinkulierung, so kann davon ausgegangen werden, daß eine derartige Vereinbarung hinsichtlich des Nachversteuerungstatbestandes des § 18 Abs 4 Z 1 EStG 1988 nicht begünstigungsschädlich ist. Geht die Vereinbarung jedoch über eine bloße Zahlungssperre hinaus, so steht auch die Verwendung des Ausdruckes "Vinkulierung" der Annahme einer Kreditsicherung durch Verpfändung nicht entgegen, weil der Begriff der Vinkulierung den der Verpfändung umfaßt.
Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Verwendung der (ursprünglichen) Formblätter, in welchen der Versicherungsgesellschaft eine Verpfändung der Lebensversicherungen angezeigt wurde, um einen Irrtum des Sachbearbeiters der Kreditgeberin gehandelt hat. Nach den in den Verwaltungsakten enthaltenen, mit Schriftsatz vom 19. November 1990 der Versicherungsgesellschaft übermittelten Mitteilungen über die "Vinkulierung" der Versicherungsverträge geht die Vereinbarung des Beschwerdeführers mit der Kreditgeberin dadurch, daß beantragt wurde, das Bezugsrecht für den Ab- und Erlebensfall zugunsten der Kreditgeberin zu ändern, und die Versicherungsgesellschaft angewiesen wurde, die Versicherungsleistungen für den Fall des Er- oder Ablebens dem Kreditkonto bei der Kreditgeberin gutzubringen, über eine bloße Zahlungssperre im oben beschriebenen Sinn weit hinaus. Der Inhalt der beschwerdegegenständlichen "Vinkulierungserklärung" dokumentiert vielmehr eine Verpfändung.
Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von einem die Verpflichtung zur Nachversteuerung der als Sonderausgaben geltend gemachten Beträge auslösenden Sachverhalt ausgegangen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992140080.X00Im RIS seit
11.07.2001