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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der T in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1995, Zl. 301.484/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 11. Jänner 1995 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1991 (AufG), abgewiesen.
Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß die Beschwerdeführerin keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und eine solche auch nicht aufzunehmen gedenke. Ihr Unterhalt solle allein durch Zuwendungen ihrer Mutter bestritten werden. Eine solche Finanzierung ihres Aufenthalts durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung ihres Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.
Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, die Finanzierung ihres Aufenthaltes durch ihre Mutter sei unglaubwürdig mit dem Hinweis darauf, daß die Beschwerdeführerin ihre seit 1991 gestellten Anträge auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (Anm.: vor dessen Geltung auf Erteilung von Sichtvermerken) gleichlautend unter anderem mit der Verpflichtungserklärung der Mutter begründet habe, welche offenbar von der Behörde bisher anerkannt worden sei, weil ihr die beantragten Bewilligungen erteilt worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus dem Zusammenhalt, daß § 4 Abs. 1 AufG im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erwähnt ist, und dem Aufbau der Begründung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde keine eigenständige Ermessensentscheidung getroffen, sondern sich ausschließlich auf § 5 Abs. 1 AufG gestützt hat (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0765).
Die belangte Behörde hat sich auf die Unglaubwürdigkeit und mangelnde Eignung der Bestreitung des Unterhalts der Beschwerdeführerin durch Zuwendungen ihrer Mutter gestützt, womit sie allenfalls auf einen möglicherweise bestehenden gesetzlichen Unterhaltsanspruch oder auf die im Akt einliegende "Verpflichtungserklärung" der Mutter der Beschwerdeführerin abgestellt hat. Die belangte Behörde hat jedoch weder nähere Ausführungen zum gesetzlichen Unterhaltsanspruch noch zur "Verpflichtungserklärung" getroffen, insbesondere hat sie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter der Beschwerdeführerin nicht als unzureichend beurteilt. Da es sich keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, daß eine Mutter - nicht nur im Fall der gesetzlichen Unterhaltspflicht - für den Unterhalt ihrer Tochter - auch ohne Gegenleistung - nicht aufkommen werde, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff, wiedergegebene Rechtsprechung).
Zur Klarstellung sei nur angemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183, im Zusammenhang mit der Frage der Berechtigung der Verhängung der Schubhaft über mittel- und unterkunftslose Personen im Hinblick auf die Entscheidungsfrist nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG und die daraus erfließende erhöhte Mitwirkungspflicht erkannt hat, daß Nachweise über die erforderlichen Mittel und eine ortsübliche Unterkunft initiativ zu erbringen seien, dies schließe auch den Nachweis der Bonität der Person ein, die eine diesbezügliche Verpflichtungserklärung abgebe. Diese - besonderen - Voraussetzungen liegen jedoch im Beschwerdefall nicht vor, ging es doch hier um die Frage der Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 AufG, wobei allfällige Zweifel an der Glaubwürdigkeit der von der Beschwerdeführerin beigebrachten Urkunden und sonstigen Nachweise gemäß § 37 AVG zu klären sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beweismittel Urkunden freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190441.X00Im RIS seit
02.05.2001