TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/26 95/19/0762

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Veröffentlicht am 26.03.1996
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Index

20/02 Familienrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
EheG §23 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. August 1995, Zl. 302.472/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. August 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Die belangte Behörde nahm begründend als erwiesen an, daß die vom Beschwerdeführer am 27. Februar 1990 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26. April 1993, AZ. 7 C 46/93g, für nichtig erklärt worden sei. Unausgesprochen geht der bekämpfte Bescheid davon aus, daß der Beschwerdeführer diese Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen sei, und führt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, daß durch seinen weiteren Aufenthalt die öffentliche Ordnung gefährdet wäre und die Erteilung einer Bewilligung daher ausgeschlossen sei.

Die familiären Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich bestünden nur in der für nichtig erklärten Ehe. Sonstige familiäre Beziehungen habe er weder in seinem Antrag angegeben, noch solche im Verfahren geltend gemacht oder belegt. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen des Beschwerdeführers im Rahmen des Art. 8 MRK sei den öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, Priorität einzuräumen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt der zugrundegelegten Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, er habe überwiegend zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eine Ehe geschlossen, welche mit dem in Rede stehenden Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien aus diesem Grunde gemäß § 23 Abs. 1 des Ehegesetzes für nichtig erklärt worden sei, entgegen. Er führt aus, seine am 27. Februar 1990 geschlossene Ehe sei aus dem Nichtigkeitsgrund der Doppelehe gemäß § 24 des Ehegesetzes für nichtig erklärt worden, weil seine Partnerin im Zeitpunkt der Eheschließung mit einem Dritten in gültiger Ehe gelebt habe. Der vom Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Kopie des Urteiles des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26. April 1993 ist zu entnehmen, daß die Nichtigerklärung der vom Beschwerdeführer am 27. Februar 1990 geschlossenen Ehe - ausschließlich - aus dem Grunde des § 24 Ehegesetz erfolgte.

Sowohl die erstinstanzliche Behörde wie auch die belangte Behörde haben ihre Annahme, der Beschwerdeführer sei seine Ehe überwiegend zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen eingegangen, offenbar auf die Auskunft der Staatsanwaltschaft Wien vom 14. März 1995 (Seite 34 des Verwaltungsaktes) gestützt, wonach die Nichtigerklärung der Ehe durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien aus dem Grunde des § 23 Ehegesetz erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer ist schon in seiner Berufung dieser ohne Offenlegung der Erkenntnisquelle getroffenen Tatsachenannahme der erstinstanzlichen Behörde - wenngleich mit der unrichtigen Behauptung, es sei überhaupt keine Nichtigerkärung seiner Ehe erfolgt - entgegengetreten. Im Hinblick auf dieses Berufungsvorbringen wäre die belangte Behörde aufgrund ihrer aus § 37 AVG abgeleiteten Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit gehalten gewesen, die Richtigkeit der in Rede stehenden Auskunft der Staatsanwaltschaft Wien durch Beischaffung des Gerichtsaktes zu überprüfen. Mit seinem Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz dieses Verfahrensmangels auf.

Da die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid aus dem Grunde des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung wäre hinreichend gewesen. Stempelgebühren für die Vorlage von Beilagen sind lediglich in der Höhe von S 120,-- entstanden.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190762.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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