Index
L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;Norm
ABGB §833;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der W-Kommanditgesellschaft in Wien, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 7. November 1995, Zl. MA 64 - BE 72/95, betreffend Gebrauchserlaubnis gemäß dem Wiener Gebrauchsabgabgegesetz 1966 (mitbeteiligte Partei: M, W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Spruchpunkt I des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 29. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführerin die Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes für die Benützung des über öffentlichem Grund befindlichen Luftraumes vor dem Hause Wien X, X-Straße nn, im Hinblick auf verschiedene in diesem befindliche, am Haus angebrachte Anlagen (ein sockelfreies Portal, eine lamellenartige Sonnenschutzvorrichtung, ein beleuchtetes Vordach, eine Lichtreklame, ein Leuchtkasten flach am Pfeiler im Auslagenbereich) erteilt. Aufgrund der von der Mitbeteiligten, einer Miteigentümerin des verfahrensgegenständlichen Hauses, erhobenen Berufung wurde Spruchpunkt I des angeführten Bescheides mit dem angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Gebrauchserlaubnis gemäß § 2 Abs. 5 Gebrauchsabgabegesetz 1966 versagt. Nach dieser Bestimmung sei anläßlich des Antrages auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis die Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft nachzuweisen, sofern die Zustimmung zu der mit der gleichen Gebrauchsart verbundenen Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes nicht schon früher einem anderen Erlaubnisträger gegeben worden sei. Im vorliegenden Fall sei die Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft EZ n1, KG Favoriten, erforderlich, da der Gebrauch von einem auf dieser Liegenschaft befindlichen Geschäftslokal aus erfolge. Eine solche Zustimmung sei von Hauseigentümerseite nicht schon früher einem anderen Erlaubnisträger gegeben worden. Mit Schreiben vom 20. Februar 1995 habe die Mitbeteiligte zum Ausdruck gebracht, daß eine Zustimmung ausdrücklich verweigert werde. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin dazu habe nicht erkennen lassen, daß sie eine nachträgliche Zustimmung nachweisen könnte. Sofern die Beschwerdeführerin der Auffassung sei, die Mitbeteiligte habe keine Beschwer, werde auf § 2 Abs. 5 Gebrauchsabgabegesetz 1966 verwiesen, nach dem es auf eine konkrete Beeinträchtigung des Liegenschaftseigentümers durch eine Luftraum in Anspruch nehmende Maßnahme nicht ankomme. Die Zustimmung des Eigentümers sei eine Voraussetzung für die Erteilung der Gebrauchserlaubnis. Aus Anlaß der Berufung könne eine Liegenschaftseigentümerin gegen einen ihr zuvor nicht zugestellten Bescheid betreffend die Gebrauchserlaubnis diesen Mangel geltend machen. Dies sei zeitlich auch nicht beschränkt und gelte auch dann, wenn die übergangene Partei jahrelang der Inanspruchnahme der Bewilligung zugesehen habe. Die Anbringung von Reklameanlagen und anderen Änderungen der Außenfassade eines Hauses gingen über Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung eines Hauses im Sinne des § 833 ABGB hinaus, sodaß für diese Anbringungen die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer erforderlich sei. Allein aus diesem Grund sei der erstinstanzliche Bescheid zu beheben gewesen und sei die beantragte Gebrauchserlaubnis zu versagen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. für Wien Nr. 20 in der Fassung des Landesgesetzes
LGBl. Nr. 13/1982, ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll. Gemäß § 2 Abs. 5 Gebrauchsabgabegesetz 1966 in der angeführten Fassung ist anläßlich des Antrages auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis die Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft, bei Bauwerken auf fremdem Grund und Boden überdies die Zustimmung des Eigentümers der Baulichkeit, von der aus jeweils der Gebrauch erfolgt oder erfolgen soll, nachzuweisen, sofern die Zustimmung zu der mit der gleichen Gebrauchsart verbundenen Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes nicht schon früher einem anderen Erlaubnisträger gegeben wurde. Im Genehmigungsverfahren haben nur der Antragsteller und die genannten Zustimmungsberechtigten Parteistellung.
Die Beschwerdeführerin führt zunächst ins Treffen, es sei für sie aufgrund der schriftlich erteilten Genehmigung durch die Hausverwaltung nicht erkennbar gewesen, daß ein etwaiger Miteigentümer keine Vollmacht an die Hausverwaltung erteilt hätte. Die Beschwerdeführerin gehe grundsätzlich davon aus, daß sämtliche Handlungen, die einer Zustimmung der Miteigentümer bedürften, von einem Miteigentümer blockiert werden könnten. Im vorliegenden Fall liege aber eine schikanöse Rechtsausübung vor, der begegnet werden müßte. Die vorgenommenen Baumaßnahmen stellten keine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar. Es wäre jeweils zu überprüfen, ob die mitbeteiligte Partei durch diese Baumaßnahmen in ihren Benützungsrechten als Miteigentümerin eingeschränkt werde. Die belangte Behörde hätte angesichts der von der Mitbeteiligten aufgeworfenen Beeinträchtigung ("Störung erfolgt durch Portalvorbau, Portaldach") feststellen müssen, daß durch die bewilligte Fassadengestaltung keine wichtige Veränderung am Hause vorgenommen worden sei, insbesondere keine Veränderung, die eine Störung oder Beeinträchtigung der Miteigentums- oder Nutzungsrechte der Mitbeteiligten darstelle. Wäre die belangte Behörde zu dieser Auffassung gelangt, dann wäre die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer nicht erforderlich und die für die Mehrheit der Miteigentümer durch den Hausverwalter vorgelegte Zustimmung ausreichend gewesen. Es fehle der Mitbeteiligten jede Beschwer. Rein formelle Einwände eines Miteigentümers könnten eine solche Beschwer nicht begründen.
Sofern das Beschwerdevorbringen darauf hinausläuft, daß der Mitbeteiligten mangels Rechtsverletzung gar keine Parteistellung zugekommen sei, genügt es darauf zu verweisen, daß der angeführte § 2 Abs. 5 des Gebrauchsabgabegesetzes den Zustimmungsberechtigten ausdrücklich Parteistellung einräumt.
Die Beschwerdeführerin ist weiters der Auffassung, die beabsichtigten Baumaßnahmen an der Außenfassade des Hauses stellten keine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar, weshalb die von der Mehrheit der Miteigentümer im Verfahren erteilte Zustimmung genüge. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1981, Zl. 81/05/0061) ist die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer zu einer öffentlichen Grund in Anspruch nehmenden Maßnahme dann nicht erforderlich, wenn die Bauführung keine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB darstellt und somit in den Bereich der ordentlichen Verwaltung gemäß § 833 ABGB fällt. Gegenstand der ordentlichen Verwaltung und Benützung des Hauptstammes im Sinne des § 833 ABGB sind die Erhaltung der Substanz selbst und kleine Veränderungen, die der Erhaltung der Substanz dienen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 1971, Slg. Nr. 8094/A, betreffend die Anbringung einer Leuchtreklame, vom 29. September 1981, Zl. 81/05/0061, betreffend die Anbringung zweier Leuchtkästen, und das hg. Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 88/05/0272, betreffend das Aufstellen von Tischen und Stühlen in einem "Schani-Garten"). Bei den in Frage stehenden Maßnahmen kann aber keine Rede davon sein, daß sie in diesem Sinne keine wichtige Veränderung des im Miteigentum stehenden Gebäudes darstellten. Die belangte Behörde hat somit zutreffend die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer für erforderlich erachtet.
Die belangte Behörde hätte auch nicht - wie die Beschwerdeführerin meint - darauf Rücksicht zu nehmen gehabt, daß die noch fehlende Zustimmung im Rechtswege allenfalls durchsetzbar gewesen wäre. Gemäß § 2 Abs. 5 Gebrauchsabgabegesetz 1966 ist die Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft anläßlich des Antrages auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis nachzuweisen, sofern die Zustimmung zu der mit der gleichen Gebrauchsart verbundenen Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes nicht schon früher einem anderen Erlaubnisträger gegeben wurde. Eine solche Zustimmung der Mitbeteiligten, einer Miteigentümerin des verfahrensgegenständlichen Hauses, ist von der Beschwerdeführerin weder anläßlich ihres Antrages auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - wie unbestritten feststeht - vorgelegen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050001.X00Im RIS seit
08.06.2001