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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AlVG 1977 §21 Abs3Rechtssatz
Unter dem Begriff der "für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag maßgeblichen Höchstbeitragsgrundlage" ist - nach dem Wortlaut und der Gesetzessystematik - die Höchstbeitragsgrundlage sowohl für das laufende Entgelt (§ 49 Abs. 1 ASVG) als auch für die Sonderzahlungen (§ 49 Abs. 2 ASVG) zu verstehen. Erstere ist in § 2 Abs. 1 AMPFG 1994 geregelt, wo auf die gemäß § 45 ASVG festgelegte Höchstbeitragsgrundlage verwiesen wird, welche wiederum dem gemäß § 108 Abs. 1 und 3 ASVG festgestellten Betrag entspricht. Letztere ist in § 2 Abs. 2 AMPFG 1994 geregelt, wo auf die in § 54 Abs. 1 ASVG vorgesehene Höchstbeitragsgrundlage verwiesen wird, welche bis zum sechzigfachen Tagesbetrag wiederum der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 Abs. 1 ASVG entspricht. Soweit der Gesetzgeber dem Begriff der "für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag maßgeblichen Höchstbeitragsgrundlage" einen Verweis lediglich auf "(§ 2 Abs. 1 AMPFG)" und nicht auch auf § 2 Abs. 2 AMPFG 1994 beigefügt hat, ist von einem legistischen Versehen auszugehen. Es würde dem Versicherungsprinzip widersprechen und auch mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz eine sachlich nicht begründbare Einschränkung darstellen, wenn zwar für die Sonderzahlungen Beiträge in nicht bloß geringfügigem Umfang eingehoben würden, umgekehrt aber die Möglichkeit eines entsprechenden Leistungsbezugs (wegen Berücksichtigung nur des laufenden Entgelts und nicht auch der Sonderzahlungen für die Höchstbemessungsgrundlage) ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung schlechthin ausgeschlossen wäre. Dem steht auch die Rechtsprechung, wonach dem Sozialversicherungsrecht eine (volle) Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung fremd ist, nicht entgegen, bedeutet diese doch nur, dass es nicht darauf ankommt, ob die Wahrscheinlichkeit einer Risikoverwirklichung bei den Versicherten annähernd gleich ist (vgl. VfGH 12.6.1997, B 1205/96, VfSlg. 14.842). Davon zu unterscheiden ist eine Konstellation, in der trotz Beitragsleistung ein Leistungsbezug für eine bestimmte Gruppe schlechthin ausgeschlossen ist (vgl. VfGH 19.6.2001, G 115/00 u.a., VfSlg. 16.203). Von einer solchen Konstellation wäre aber auszugehen, wenn trotz erheblicher Beitragsleistung auch für die Sonderzahlungen ein diesbezüglicher Leistungsbezug ohne sachliche Rechtfertigung von vornherein schlichtweg ausgeschlossen wäre. Der Gesetzgeber hat zudem bereits im Zuge der Neufassung des § 2 Abs. 1 AMPFG 1994 durch das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, BGBl. I Nr. 104/2007, in den Materialien (vgl. ErläutRV 298 BlgNR 23. GP 14) ausdrücklich hervorgehoben, die monatliche Höchstbeitragsgrundlage sei "davon abhängig, ob die jeweils betroffenen Pflichtversicherten Anspruch auf Sonderzahlungen haben". Er hat damit zum Ausdruck gebracht, dass es für die Höchstbeitragsgrundlage nicht nur auf das laufende Entgelt, sondern stets auch auf allfällige Sonderzahlungen ankommt. Nach dem Vorgesagten ist daher die Aufnahme eines Gesetzesverweises in § 21 Abs. 3 dritter Satz AlVG 1977 - auch in Fällen, in denen Beiträge aufgrund von Sonderzahlungen zu leisten waren - lediglich auf § 2 Abs. 1 AMPFG 1994 und nicht auch auf § 2 Abs. 2 AMPFG 1994 als ein bloßes legistisches Versehen zu erachten.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2018080197.L04Im RIS seit
20.10.2022Zuletzt aktualisiert am
20.10.2022