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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, in der Revisionssache 1. der C H und 2. des M B, beide in T und beide vertreten durch Mag. Robert Schwarz, Rechtsanwalt in 3950 Gmünd, Stadtplatz 28, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 4. Mai 2022, LVwG-AV-1287/004-2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde L; mitbeteiligte Partei: G H in T, vertreten durch die Onz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (in der Folge: LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde L. vom 6. November 2018, mit welchem die Berufung der revisionswerbenden Parteien gegen eine dem Mitbeteiligten mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 16. Juli 2018 erteilte Baubewilligung für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben auf einem näher genannten Grundstück der KG T. als unbegründet abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (I.). Eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das LVwG für zulässig (II.).
2 Als Begründung für die Zulassung der Revision führte das LVwG aus, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „was als bereits bewilligte Bebauungsweise iSd § 54 Abs. 1 dritter Unterabsatz NÖ BO 2014 anzusehen ist, wenn auf einem Grundstück mehrere Hauptgebäude bestehen, die nicht alle einer der Bebauungsweisen des § 31 Abs. 1 NÖ ROG 2014 zugeordnet werden können.“ Nach dem Gesetzeswortlaut scheine auch ein anderes als das vom LVwG erzielte Auslegungsergebnis vorstellbar.
3 Gegen dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit die Zulassungsbegründung des LVwG wiederholt; ein darüberhinausgehendes Zulässigkeitsvorbringen enthält die Revision nicht.
4 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Revision beantragt.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
8 Nach § 28 Abs. 1 und 2 VwGG entspricht der Inhalt einer außerordentlichen Revision grundsätzlich dem Inhalt der ordentlichen Revision. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. VwGH 21.6.2017, Ro 2016/03/0011, mwN). Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt dabei ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. für viele etwa VwGH 24.9.2019, Ra 2019/06/0104, oder auch 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028, jeweils mwN); der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.4.2021, Ro 2020/05/0020, oder auch nochmals 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028, jeweils mwN).
9 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 27.6.2019, Ro 2018/07/0046, mwN). Ein pauschales bzw. nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht jedenfalls nicht aus (vgl. VwGH 27.1.2020, Ro 2020/04/0001 bis 0006; 20.5.2020, Ra 2020/09/0018; 12.10.2020, Ra 2020/10/0131, oder auch 2.6.2021, Ra 2021/02/0114, jeweils mwN).
10 Reicht die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht aus oder erachtet der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben, hat der Revisionswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. für viele nochmals VwGH 26.4.2021, Ro 2020/05/0020, oder auch 25.9.2019, Ro 2019/05/0013, jeweils mwN).
11 In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihr - hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. etwa erneut VwGH 6.7.2021, Ro 2021/05/0025 bis 0028, oder auch 16.11.2017, Ro 2017/07/0027).
12 Im Revisionsfall legt das LVwG mit seinen allgemeinen Ausführungen zur Zulassung der Revision im angefochtenen Erkenntnis nicht dar, welche konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage, die für das gegenständliche Verfahren von entscheidender Bedeutung wäre, der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die Revision (erstmals) zu lösen habe. Zweck der Begründungspflicht des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist die Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ro 2020/10/0005, mwN); dass und aus welchem Grund der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte, von welcher das Schicksal der Revision abhängt, wird mit der dargestellten allgemeinen Zulassungsbegründung nicht ausreichend konkret dargelegt (vgl. etwa VwGH 19.6.2019, Ro 2019/01/0004, oder auch 9.8.2022, Ro 2019/05/0020, jeweils mwN). Der bloße Umstand, dass zu einer bestimmten Regelung keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht, begründet für sich allein noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. etwa VwGH 22.4.2022, Ra 2019/06/0049 bis 0051, oder auch 26.3.2021, Ra 2021/05/0043, jeweils mwN); zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. nochmals etwa VwGH 27.1.2020, Ro 2020/04/0001 bis 0006; 20.5.2020, Ra 2020/09/0018, oder auch 2.6.2021, Ra 2021/02/0114, jeweils mwN).
13 Die Revision wiederholt in ihrer Zulässigkeitsbegründung lediglich die oben wiedergegebene Zulässigkeitsbegründung des LVwG.
14 Wird aber in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 18.12.2019, Ro 2018/10/0002, mwN).
15 Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles gegebenenfalls auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel außerdem keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. z.B. VwGH 29.6.2022, Ra 2020/05/0024, oder auch 19.4.2021, Ra 2021/05/0053, jeweils mwN).
16 Die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 16. September 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022050019.J00Im RIS seit
20.10.2022Zuletzt aktualisiert am
20.10.2022