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21/01 HandelsrechtBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der T KG in W, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquai-Platz 13/19, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 29. August 2019, VGW-101/048/9170/2019/E-17, betreffend eine Angelegenheit nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 553,20 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalles ist auf die in der gegenständlichen Angelegenheit bereits ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 2014, 2012/05/0004, vom 18. November 2014, Ra 2014/05/0035, sowie vom 25. Juni 2019, Ra 2018/05/0169, zu verweisen.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien (Verwaltungsgericht) wurde nunmehr der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (belangte Behörde) vom 14. März 2011, mit dem ein Antrag der revisionswerbenden Partei vom 6. September 2010 auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) abgewiesen und die beantragte Gebrauchserlaubnis versagt worden war, aufgehoben (Spruchpunkt I., erster Satz). Weiters wurde „die Anzeige (der Antrag) vom 14.12.2013 bzw. der Antrag [...] vom 30.12.2013“, ebenfalls betreffend Genehmigungen nach dem GAG, zurückgewiesen (Spruchpunkt I., zweiter Satz). Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass dagegen eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt II.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht dazu aus:
„Die [Revisionswerberin] wurde mit 29.05.2019 aus dem Firmenbuch gelöscht. Die Gewerbeberechtigungen wurden in 02/2019 aufgrund Zurücklegung gelöscht. Da für eine liquidierte Gesellschaft, noch dazu nach Zurücklegung der Gewebeberechtigungen, Rechte so hier nach dem Gebrauchsabgabegesetz jedenfalls für die Zukunft nicht mehr begründet und gestaltet werden können, war wie im Spruch zu erkennen“.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zum Anfechtungsumfang vorbringt, der bekämpfte Beschluss werde in Spruchpunkt I. zweiter Satz und Spruchpunkt II. angefochten; explizit nicht angefochten werde der Spruchteil „Der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 14.03.2011 wird aufgehoben“ (Spruchpunkt I. erster Satz).
5 Unter Punkt 3.) der Revision wird vorgebracht, die revisionswerbende Partei erachte sich durch den angefochtenen Beschluss „in ihrem einfach gesetzlich gewährleisteten subjektivem Recht auf Erteilung einer Genehmigung nach dem Wiener Gebrauchserlaubnisgesetz bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen verletzt und ficht aus diesem Grund die revisionsgegenständliche Entscheidung in Spruchpunkt I. zweiter Satz sowie in Spruchpunkt II. zur Gänze an. Spruchpunkt I. erster Satz ist unvollständig, da eine Entscheidung in der Sache fehlt, aber auch keine Zurückverweisung der Angelegenheit an die die Behörde erster Instanz zur Erlassung eines neuen Bescheides erfolgte. Die angefochtene Entscheidung ist mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit und mit Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.“
6 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.
7 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 29.1.2021, Ra 2020/05/0249, mwN).
8 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich.
9 Spruchpunkt I. erster Satz des angefochtenen Beschlusses (welcher inhaltlich vom zweiten Satz des Spruchpunktes I. trennbar ist - es handelt sich um unterschiedliche verfahrenseinleitende Anträge; siehe dazu etwa das in der gegenständlichen Angelegenheit ergangene hg. Vorerkenntnis vom 25. Juni 2019, Ra 2018/05/0169) wird nach dem erklärten Willen der revisionswerbenden Partei in der vorliegenden Revision ausdrücklich nicht bekämpft. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es damit verwehrt, aufgrund der Revision über den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes in diesem Spruchteil des angefochtenen Beschlusses abzusprechen.
10 Mit dem somit für das gegenständliche Revisionsverfahren allein maßgeblichen zweiten Satz des Spruchpunktes I. wurden datumsmäßig näher bezeichnete Anträge der revisionswerbenden Partei nach dem GAG zurückgewiesen.
11 Hat das Verwaltungsgericht einen Antrag jedoch zurückgewiesen, ist Sache des Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, weshalb die revisionswerbende Partei durch Spruchpunkt I. Satz 2 des angefochtenen Beschlusses allenfalls in ihrem Recht auf Sachentscheidung, nicht aber in dem dazu als Revisionspunkt geltend gemachten „Recht auf Erteilung einer Genehmigung nach dem Wiener Gebrauchserlaubnisgesetz“ verletzt sein kann (vgl. etwa VwGH 22.6.2022, Ra 2021/09/0113, 17.12.2021, Ro 2018/06/0001, 0002, nochmals 29.1.2021, Ra 2020/05/0249, oder auch 16.12.2020, Ra 2020/11/0095, jeweils mwN).
12 Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften werden Aufhebungsgründe vorgebracht, es handelt sich dabei aber nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes (vgl. nochmals für viele VwGH 29.1.2021, Ra 2020/05/0249, mwN).
13 Die Revision erweist sich aus diesem Grund mangels Geltendmachung eines tauglichen Revisionspunktes als unzulässig und war somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
14 Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
15 Zur Klarstellung ist ergänzend jedoch auf Folgendes hinzuweisen:
16 Wie sich aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, ist die Löschung einer Kommanditgesellschaft im Firmenbuch nur deklarativ; die Gesellschaft besteht bis zu ihrer Vollbeendigung als rechts- und parteifähige Gesellschaft fort. Die Vollbeendigung ist Voraussetzung für die Löschung im Firmenbuch und nicht umgekehrt. Wurde die Gesellschaft vor ihrer Vollbeendigung im Firmenbuch gelöscht, so hat diese Eintragung keinen Einfluss auf ihren Weiterbestand, insbesondere nicht auf ihre Parteifähigkeit (vgl. etwa VwGH 18.4.2012, 2009/16/0202, mwN). Zur Vollbeendigung der Gesellschaft kommt es erst, wenn keinerlei Vermögen mehr vorhanden ist (vgl. VwGH 28.5.2015, 2012/15/0106, mwN).
17 Mit der nunmehr rechtskräftigen Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 14. März 2011 erweist sich weiters der diesbezügliche verfahrenseinleitende Antrag der revisionswerbenden Partei als unerledigt.
Wien, am 16. September 2022
Schlagworte
Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit juristische Person Personengesellschaft des HandelsrechtsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019050308.L00Im RIS seit
20.10.2022Zuletzt aktualisiert am
20.10.2022