TE Vwgh Beschluss 2022/9/20 Ra 2020/15/0078

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Veröffentlicht am 20.09.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision der S H GmbH in G, vertreten durch die Stipanitz-Schreiner & Partner Rechtsanwälte GbR in 8010 Graz, Zimmerplatzgasse 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. Mai 2020, Zl. RV/2100319/2015, betreffend Haftung für Lohnsteuer 2008, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Im Zuge einer bei der Revisionswerberin durchgeführten Prüfung der lohnabhängigen Abgaben für den Zeitraum 2005 bis 2009 gelangte der Prüfer zur Auffassung, HK habe seine Leistungen an die Revisionswerberin nicht - wie bisher von ihr angenommen - als Selbständiger, sondern im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht. Von einer Geltendmachung der Lohnsteuerhaftung sei aber abzusehen, weil die Einkünfte bereits im Einkommensteuerverfahren des HK erfasst worden seien.

2        Aufgrund von weiteren im Rahmen der Prüfung getroffenen Feststellungen erließ das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin den Bescheid vom 11. Mai 2011 über die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2008 von 1.911,79 €. Zur Begründung verweist der Bescheid auf den Bericht vom 11. Mai 2011 über das Ergebnis der Prüfung, aus dem sich ergibt, dass der Haftungsbetrag Lohnsteuer für die Dienstnehmer GS, WK, ID, SB und EM betrifft.

3        In der Folge hob das Finanzamt mit Bescheid vom 4. September 2013 den an HK ergangenen Einkommensteuerbescheid 2008 gemäß § 299 BAO auf, weil kein Pflichtveranlagungstatbestand für die Veranlagung der nichtselbständigen Einkünfte (§ 41 Abs. 1 EStG 1988) erfüllt sei.

4        Das Finanzamt erließ sodann gegenüber der Revisionswerberin den Haftungsbescheid vom 18. Dezember 2013 betreffend die Lohnsteuer des HK im Jahr 2008.

5        In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, im Bericht vom 11. Mai 2011 über die Lohnsteuerprüfung sei ausgeführt worden, dass von der Geltendmachung der Lohnsteuerhaftung hinsichtlich HK abgesehen werde, weil die Einkünfte bereits im Einkommensteuerverfahren des HK erfasst worden seien. Nur wenn der an die Revisionswerberin ergangene Haftungsbescheid vom 11. Mai 2011 entweder nach § 299 BAO oder im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigt worden wäre, hätte das Finanzamt nunmehr die Haftung für die Lohnsteuer auf die Bezüge des HK (im Jahr 2008) geltend machen können. Die Voraussetzungen des § 299 BAO oder § 303 BAO seien aber nicht erfüllt. Die Geltendmachung der Haftung sei daher unzulässig.

6        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Der Lohnsteuerhaftungsbescheid sei ein Sammelbescheid, der die Lohnsteuer pro Arbeitnehmer und Monat erfasse. Daher bedürfte es keiner Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn der Arbeitgeber in einem späteren Haftungsbescheid für Lohnsteuer anderer Arbeitnehmer oder für andere Monate in Anspruch genommen wird (Hinweis auf VwGH 19.3.1998, 97/15/0219).

7        Die mit Haftungsbescheid vom 11. Mai 2011 erfasste Lohnsteuer habe nicht die nichtselbständigen Einkünfte des HK, sondern die Lohnsteuer für andere Arbeitnehmer der Revisionswerberin betroffen. Ein Haftungsbescheid über die Nachforderung der die nichtselbständigen Einkünfte des HK im strittigen Jahr betreffende Lohnsteuer sei entgegen der Ansicht der Revisionswerberin, es gebe bereits einen rechtskräftigen Bescheid, am 11. Mai 2011 nicht erlassen worden. Damit könne die Revisionswerberin in einem späteren Haftungsbescheid für die Lohnsteuer eines anderen Arbeitnehmers für dasselbe Jahr mit einem weiteren Haftungsbescheid entsprechend der gesetzlichen Bestimmung des § 82 EStG 1988 in Anspruch genommen werden. Dies vor allem auch deswegen, weil im Zuge der Lohnabgabenprüfung unbestritten ein tauglicher Wiederaufnahmegrund im Zusammenhang mit der Tätigkeit des HK hervorgekommen sei und somit die Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO vorgelegen seien.

8        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Begründung eines Bescheides zur Deutung des Bescheidspruches heranzuziehen sei.

9        Mit diesem Revisionsvorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13       Der Lohnsteuerhaftungsbescheid stellt, wenn er sich auf mehrere Arbeitnehmer und Monate bezieht, einen Sammelbescheid dar, weil die Lohnsteuer grundsätzlich pro Arbeitnehmer und Monat anfällt. In einem solchen Verfahren ist die „Sache“ durch Lohnsteuerschuldigkeiten für dieselben Arbeitnehmer und für dieselben Zeiträume festgelegt, die das Finanzamt im Haftungsbescheid herangezogen hat (vgl. zB. VwGH 3.5.2022, Ra 2020/15/0055, und 17.12.1996, 92/14/0214; Ritz/Koran, BAO7, § 279 Tz 12).

14       Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn der Arbeitgeber in einem Haftungsbescheid für Lohnsteuer eines Arbeitnehmers für bestimmte Monate und in einem späteren Haftungsbescheid für Lohnsteuer anderer (weiterer) Arbeitnehmer bzw. für andere Monate in Anspruch genommen wird (vgl. neuerlich VwGH 3.5.2022, Ra 2020/15/0055, und 17.12.1996, 92/14/0214).

15       Entscheidungswesentlich ist daher, ob mit dem Haftungsbescheid vom 11. Mai 2011 bereits eine Haftung für die auf die Einkünfte des HK entfallenden Abgaben gegenüber der Revisionswerberin geltend gemacht wurde.

16       Soweit im Zulässigkeitsvorbringen dazu releviert wird, die Begründung eines Bescheids sei zur Deutung des Spruches heranzuziehen, ist darauf zu verweisen, dass das Bundesfinanzgericht den Haftungsbescheid vom 11. Mai 2011 ohnehin unter Heranziehung seiner Begründung (samt dem darin angeführten Bericht über die durchgeführte Prüfung der lohnabhängigen Abgaben) ausgelegt hat und zu dem Ergebnis kam, er habe nicht die Haftung für die Nachforderung der Lohnsteuer des HK betroffen. Die weitere Beurteilung des Bundesfinanzgerichts, wonach der Haftungsbescheid vom 11. Mai 2011 der Erlassung des streitgegenständlichen Haftungsbescheids vom 18. Dezember 2013 nicht entgegengestanden habe, stößt daher auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.

17       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. September 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020150078.L00

Im RIS seit

20.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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