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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juli 1995, Zl. 302.292/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. August 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und eine solche aus Ermangelung einer Beschäftigungsbewilligung auch nicht aufnehmen könne; sein Unterhalt solle lediglich aufgrund der Verpflichtungserklärung der Schwester des Beschwerdeführers, MK, gedeckt werden. Eine derartige Finanzierung seines Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber "nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet", die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus dem Zusammenhalt, daß § 4 Abs. 1 AufG im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erwähnt ist, und dem Aufbau der Begründung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde keine eigenständige Ermessensentscheidung getroffen, sondern sich ausschließlich auf § 5 Abs. 1 AufG gestützt hat (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0765).
Diesbezüglich lag der belangten Behörde folgender Sachverhalt vor:
Der Beschwerdeführer stellte am 16. August 1994 einen offensichtlich auf Verlängerung seiner bis 18. August 1994 gültigen Aufenthaltsberechtigung gerichteten Antrag. In diesem gab er als Beruf Kraftfahrer, beschäftigt bei der Firma A-Center, aufgrund gültiger Beschäftigungsbewilligung bis 30. Juni 1995 bei monatlichen Einkünften von S 12.000,-- netto an. Im erstinstanzlichen Verfahren gab er niederschriftlich am 7. März 1995 an, daß er seit ca. 20 Jahren in Österreich lebe, vor dem Jahr 1991/92 habe er ca. vier Jahre in Jugoslawien gelebt. Die Beschäftigungsbewilligung bis Juni 1995 sei ungültig geworden, weil er von der Firma gekündigt worden sei. Ein neuer Antrag auf Beschäftigungsbewilligung sei vom Arbeitsamt abgelehnt worden. Er habe laut Lohnzettel zuletzt monatlich netto S 3.239,-- verdient. Er habe überhaupt kein Einkommen und beziehe kein Arbeitslosengeld. Den neuen Reisepaß (Anm.: der alte Reisepaß war im Verlauf eines gegen den Beschwerdeführer wegen §§ 127 ff StGB beim Landesgericht für Strafsachen Wien anhängigen Strafverfahrens in Verstoß geraten) erhalte er nicht von der jugoslawischen Botschaft in Wien ausgestellt, sondern nur in seiner Heimat, wohin er jedoch nicht fahren wolle, weil er dann zum Militär müsse. Er wohne bei seiner Lebensgefährtin (BM). Sie arbeite, er wisse nicht, wieviel sie verdiene. Er habe mit ihr zwei Kinder. Die Angaben des Beschwerdeführers wurden durch Beweismittel belegt.
In der gegen die abweisende Entscheidung des Landeshauptmannes von Wien gerichteten Berufung legte der Beschwerdeführer "nunmehr eine Verpflichtungserklärung der Frau KM", seiner Schwester, vor. Er schloß Unterlagen über deren Einkommen und deren gültige Aufenthaltsbewilligung an.
Des weiteren legte der Beschwerdeführer in der Berufung den bis 17. Jänner 2000 gültigen Befreiungsschein, die bis 18. Februar 1997 gültige Aufenthaltsbewilligung und den Meldezettel seiner Lebensgefährtin BM vor. Der Beschwerdeführer behauptete jedoch nicht, daß die Lebensgefährtin für seinen Lebensunterhalt aufkommen werde, und legte auch keine Beweismittel betreffend die Einkünfte seiner Lebensgefährtin vor.
Weiters war die Geburtsurkunde der in Serbien geborenen gemeinsamen Tochter des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin, D, angeschlossen.
Der Beschwerdeführer leitete aus diesen Berufungsangaben ab, daß sein Lebensunterhalt gesichert sei.
Die Behauptungen in der Beschwerde, daß der Unterhalt des Beschwerdeführers allein durch seine Lebensgefährtin bestritten werden solle, und die daraus abgeleitete Behauptung der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erweisen sich als aktenwidrig. Denn es hat sich - wie ausgeführt - nicht die Lebensgefährtin M verpflichtet, für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen, sondern seine Schwester K. Dennoch ist die Beschwerde berechtigt. Denn die belangte Behörde hat sich auf die Unglaubwürdigkeit und mangelnde Eignung der Bestreitung des Unterhalts des Beschwerdeführers durch Zuwendungen der Schwester des Beschwerdeführers mangels Gegenleistung gestützt, womit sie allenfalls auf die im Akt einliegende "Verpflichtungserklärung" der Schwester des Beschwerdeführers abgestellt hat. Die belangte Behörde hat jedoch keine näheren Ausführungen zur "Verpflichtungserklärung" getroffen, insbesondere hat sie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Schwester des Beschwerdeführers nicht als unzureichend beurteilt. Da es sich keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, daß eine Schwester für den Unterhalt ihres Bruders - auch ohne Gegenleistung - nicht aufkommen werde, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff, wiedergegebene Rechtsprechung).
Zur Klarstellung sei nur angemerkt, daß der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183, im Zusammenhang mit der Frage der Berechtigung der Verhängung der Schubhaft über mittel- und unterkunftslose Personen im Hinblick auf die Entscheidungsfrist nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG und die daraus erfließende erhöhte Mitwirkungspflicht erkannt hat, daß Nachweise über die erforderlichen Mittel und eine ortsübliche Unterkunft initiativ zu erbringen seien, dies schließe auch den Nachweis der Bonität der Person ein, die eine diesbezügliche Verpflichtungserklärung abgebe; weiters sei eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen. Diese - besonderen - Voraussetzungen liegen jedoch im Beschwerdefall nicht vor, ging es doch hier um die Frage der Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 Abs. 1 AufG, wobei allfällige Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vom Beschwerdeführer beigebrachten Urkunden und sonstigen Nachweise gemäß § 37 AVG zu klären sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612).
Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das die Barauslagen betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Beilage nur einer Kopie des angefochtenen Bescheides notwendig war.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beweismittel Urkunden freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190972.X00Im RIS seit
02.05.2001