TE Vwgh Beschluss 1996/3/26 96/05/0034

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Veröffentlicht am 26.03.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, in der Beschwerdesache des M in U, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Kreuttal, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht im Zusammenhang mit einer Bausache, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bringt vor, anläßlich der geplanten Errichtung eines Sendemastes sei sein Bekannter Ing. H.S. als Anrainer zu zwei Bauverhandlungen (der Gemeinde Kreuttal und der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach) für den 10. Juli 1995 geladen worden. Kurz vor dem Verhandlungstermin sei es zu einem Todesfall in der Familie des Ing. H.S. gekommen, der Begräbnistermin sei ebenfalls auf den 10. Juli 1995 gefallen. Daher habe Ing. H.S. den Beschwerdeführer ersucht, ihn bei den Bauverhandlungen zu vertreten. Die verbleibende Zeit habe weder die Bestellung eines berufsmäßigen Parteienvertreters noch das Besorgen eines üblichen Vollmachtsformulars erlaubt. Ing. H.S. habe daher dem Beschwerdeführer am 6. Juli 1995 eine Vollmacht ausgestellt; in der Bauverhandlung vom 10. Juli 1995 sei zwar vom Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, nicht jedoch vom Bürgermeister der Gemeinde Kreuttal die vom Beschwerdeführer vorgelegte Vollmacht anerkannt worden; damit sei auch vom Bürgermeister ausdrücklich die Stellung des Beschwerdeführers als Vertreter aberkannt worden, außerdem sei im Protokoll festgestellt worden, daß der Anrainer Ing. H.S. nicht erschienen sei. Gegen diesen nach Ansicht des Beschwerdeführers mündlich erlassenen verfahrensrechtlichen Bescheid des Bürgermeisters, der für den Beschwerdeführer die Angelegenheit erledigte, habe er am 22. Juli 1995 an den Gemeinderat der Gemeinde Kreuttal Berufung erhoben und diese am 24. Juli 1995 eingeschrieben zur Post gegeben (Beilagen wurden vorgelegt). Über diese Berufung sei bis heute nicht abgesprochen worden. Die Untätigkeit der Behörde verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Entscheidung, weshalb er Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhebe.

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Säumnisbeschwerde setzt daher - wie auch die Bescheidbeschwerde - eine qualifizierte Rechtwidrigkeit voraus, nämlich die Verletzung eines subjektiven Rechtes des Beschwerdeführers (im Fall der Säumnisbeschwerde seines Anspruches auf eine Sachentscheidung), um ihn zur Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zu legitimieren.

Partei des gegenständlichen Bauverfahrens war neben dem Bauwerber Ing. H.S. als Anrainer. Der Beschwerdeführer nahm an dieser Verhandlung nur als Vertreter des Anrainers teil.

Die Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Gemäß § 118 Abs. 8 der Niederösterreichischen Bauordnung genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Eine Parteistellung des einschreitenden Vertreters ist weder im materiellen Recht (hier der Niederösterreichischen Bauordnung) noch im Verfahrensrecht (AVG) vorgesehen.

Eine Lücke im Rechtsschutzsystem liegt nicht vor, weil der Anrainer die Möglichkeit hat, in seiner Berufung gegen den das Bauansuchen erledigenden Bescheid alles vorzubringen, was der Verfolgung seiner eigenen Rechte dient, so auch die Frage, ob der Bürgermeister zu Recht oder zu Unrecht die Vertretungsbefugnis des vom Anrainer eingesetzten Bevollmächtigten anerkannt hat oder nicht.

Da die Säumnisbeschwerde die Verletzung eines subjektiven Rechtes des Beschwerdeführers, nämlich eines Anspruches auf eine Sachentscheidung voraussetzt (vgl. den hg. Beschluß vom 14. Dezember 1994, Zl. 93/01/1503, sowie den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, in welchem der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen ist, daß nur eine Partei des Verwaltungsverfahrens Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben kann), der Beschwerdeführer mangels eigener Parteistellung im Verwaltungsverfahren aber keinen Anspruch auf eine Sachentscheidung in diesem Verfahren hatte, war seine Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050034.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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