TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/27 96/01/0095

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Veröffentlicht am 27.03.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §13 Abs2;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §35 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der MB in T, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Dezember 1995, Zl. 4.347.919/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige "der Jugosl. Föderation" albanischer Nationalität, die am 6. November 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. November 1995, mit dem ihr Asylantrag abgewiesen worden war, mit Berufung bekämpft hat.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 1995 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zusammengesetzten Senat erwogen hat:

Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich im Zusammenhang mit den Beschwerdeausführungen, daß die Beschwerdeführerin bei ihrer Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt am 8. November 1995 angegeben hat, sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten zu haben. Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl unter Zugrundelegung des von der Behörde erster Instanz ermittelten Sachverhaltes und der rechtlichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid auch damit begründet, daß die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Aufenthaltes in Ungarn bereits in diesem Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb ausgehend von § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. nicht in Betracht komme. Zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030) verwiesen.

Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde neben Ausführungen darüber, daß die belangte Behörde in bezug auf ihre Person zu Unrecht das Vorliegen von Fluchtgründen verneint und die Asylgewährung versagt habe, zu dem infolge ihres Aufenthaltes in Ungarn von der belangten Behörde herangezogenen Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 geltend gemacht, sie habe sich lediglich zwei Tage auf der Durchreise mit einem Bus in Ungarn aufgehalten. Verfolgungssicherheit liege aber nur dann vor, wenn im Sinne der zu § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) ergangenen hg. Judikatur der Aufenthalt eines Asylwerbers den Behörden des betreffenden Drittstaates bekannt gewesen und von diesen geduldet worden sei. Entgegen dieser Auffassung genügt es für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber in dem Staat, in dem er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet aufgehalten hat, keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte. Von Verfolgungssicherheit kann nicht erst dann gesprochen werden, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256). Der Verweis des Beschwerdeführers auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil dem Asylgesetz (1968) der Ausschlußgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 fremd war und die durch § 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968) gestaltete Rechtslage der durch § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 neu geschaffenen nicht vergleichbar ist, sodaß die sich auf das Asylgesetz (1968) beziehende Judikatur nicht auf den angeführten Ausschlußgrund übertragen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/01/0552).

Ebensowenig kann - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - aus dem Umstand, daß Ungarn nicht das endgültige Reiseziel der Beschwerdeführerin war, etwas für sie gewonnen werden, weil es für die Frage des Erlangens der Verfolgungssicherheit weder auf die Dauer noch auf das Motiv des Aufenthaltes eines Asylwerbers in einem fremden Staat ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0033).

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, es sei nicht gerechtfertigt, Asylwerber, die im Flugzeug direkt nach Österreich einreisten, anders zu behandeln, als solche, die mit dem Autobus durch ein angrenzendes Drittland in das Bundesgebiet gelangten, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Behandlung von mit dem Flugzeug einreisenden Asylwerbern nicht den Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens bildet, sodaß aus diesen Ausführungen für sie nichts zu gewinnen ist.

Da somit ausgehend vom Beschwerdevorbringen keine Gründe ersichtlich sind, aus denen die Beschwerdeführerin gehindert gewesen wäre, bereits in Ungarn um Asyl anzusuchen, und auch kein Sachverhalt geltend gemacht wurde, aus dem sich die Nichteinhaltung der aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfließenden Verpflichtungen - Ungarn ist dieser Konvention am 14. März 1989 mit der Alternative a des Abschnitts B des Art. 1 (Geltung für Ereignisse in Europa) beigetreten -, insbesondere des Refoulement-Verbots durch diesen Staat ergäbe, liegen keine Umstände vor, die gegen die von der belangten Behörde angenommene Erlangung der Verfolgungssicherheit in dem angeführten Staat sprächen.

Es ergibt sich somit, daß angesichts des Vorbringens der Beschwerdeführerin der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin bereits in einem anderen Staat - nämlich in Ungarn - vor Verfolgung sicher war. Daraus folgt, daß die belangte Behörde, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, das Vorliegen des Ausschlußgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung zugrunde legen konnte. Selbst wenn die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin als gegeben erachtet hätte, käme sohin die Asylgewährung für sie nicht in Betracht, weil dieser der von der belangten Behörde zu Recht herangezogene Ausschlußgrund entgegenstünde (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162).

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte eine Auseinandersetzung mit den die Frage der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin betreffenden Beschwerdeausführungen und mit den in dieser Hinsicht geltend gemachten Verfahrensmängeln unterbleiben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Somit konnte auch davon abgesehen werden, der noch nicht volljährigen Beschwerdeführerin die Beibringung einer Zustimmungserklärung ihres gesetzlichen Vertreters zur Beschwerdeerhebung aufzutragen (vgl. die in Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 533, angeführte Judikatur).

Aus diesem Grund konnte auch eine Entscheidung des Berichters über den (zur hg. Zl. AW 96/01/0069 protokollierten) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Minderjährige Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996010095.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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