TE Lvwg Erkenntnis 2022/8/24 LVwG 41.25-6478/2022

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Veröffentlicht am 24.08.2022
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Entscheidungsdatum

24.08.2022

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §340
  1. GewO 1994 § 13 heute
  2. GewO 1994 § 13 gültig ab 29.03.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2015
  3. GewO 1994 § 13 gültig von 01.08.2010 bis 28.03.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2010
  4. GewO 1994 § 13 gültig von 27.02.2008 bis 31.07.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  5. GewO 1994 § 13 gültig von 15.01.2005 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2004
  6. GewO 1994 § 13 gültig von 01.08.2002 bis 14.01.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  7. GewO 1994 § 13 gültig von 01.01.2002 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 136/2001
  8. GewO 1994 § 13 gültig von 01.07.1996 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/1997
  9. GewO 1994 § 13 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1996
  1. GewO 1994 § 340 heute
  2. GewO 1994 § 340 gültig ab 30.06.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2015
  3. GewO 1994 § 340 gültig von 27.03.2015 bis 29.06.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 18/2015
  4. GewO 1994 § 340 gültig von 27.02.2008 bis 26.03.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 42/2008
  5. GewO 1994 § 340 gültig von 01.08.2002 bis 26.02.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2002
  6. GewO 1994 § 340 gültig von 01.07.1997 bis 31.07.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 63/1997
  7. GewO 1994 § 340 gültig von 01.07.1996 bis 30.06.1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/1997
  8. GewO 1994 § 340 gültig von 19.03.1994 bis 30.06.1996

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Mag. Michael Hackstock über die Beschwerden des Herrn A B geb. am ****, vertreten durch Mag. C D, Rechtsanwalt, G, Pgasse, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 02.06.2022, GZ: BHLB-472747/2022-4 und BHLB-472543/2022-4,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 109/2021 (im Folgenden VwGVG), wird den Beschwerden vom 24.06.2022 und vom 27.06.2022 keine Folge gegeben und werden die angefochtenen Bescheide bestätigt.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl Nr. 10/1985 idF BGBl I Nr. 109/2021 (im Folgenden VwGG), eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Auf Grund der dem Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Eingaben vom 19.07.2022 vorgelegten Beschwerden des Herrn A B und des diesen angeschlossenen Verwaltungsverfahrensakten ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 02.06.2022, GZ: BHLB-472747/2022-4, wurde auf Rechtsgrundlagen § 13 Abs 1 iVm § 340 Abs 1 und 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 idgF BGBl. I Nr. 65/2020, festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes „Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau, verbunden mit Metalltechnik für Schmiede und Fahrzeugbau; Metalltechnik für Land- und Baumaschinen (verbundenes Handwerk), eingeschränkt auf die Montage von vorgefertigten Fenstern“ durch die Herrn A B, geboren am **** in W, auf dem Standort We, I, nicht vorliegen und wurde die Ausübung dieses Gewerbes untersagt.

Weiters wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 02.06.2022, GZ: BHLB-472543/2022-4, auf Rechtsgrundlagen § 13 Abs 1 iVm § 340 Abs 1 und 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 idgF BGBl. I Nr. 65/2020, festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für Ausübung des Gewerbes „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ durch Herrn A B, geboren am **** in W, auf dem Standort We, I, nicht vorliegen und die Ausübung dieses Gewerbes ebenfalls untersagt.

Bescheidbegründend führte die Gewerbebehörde die im Strafregister der Republik Österreich aufscheinende Urteil durch das LG für Strafsachen Graz vom 18.02.2022 zu 018 HV 14/2022d, Rechtskraft am 22.02.2022, wegen §§ 146, 147 (2) StGB, Datum der (letzten) Tat 22.06.2021, an, mit welchem in Bezug auf Herrn A B eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt mit einer Probezeit von 3 Jahren erfolgte, wobei der Tilgungszeitraum zurzeit nicht errechenbar sei und die Auskunftsbeschränkung voraussichtlich mit 22.02.2025 eintreten werde.

Eine Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs sei nicht abgegeben worden und aufgrund des Gewerbeausschlussgrundes nach § 13 Abs 1 GewO 1994 spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diese Herrn A B gegenüber am 07.06.2022 erlassenen Bescheide erhob dieser mit Schriftsätzen vom 24.06.2022 bzw. 27.06.2022 rechtzeitig und formal zulässig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark und beantragte, die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung und die angefochtenen Bescheide der belangten Behörde vom 02.06.2022 ersatzlos aufzuheben; in eventu die Bescheide aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung nach vorangegangener Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Beschwerdebegründend wurde die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146. 147 (2) StGB mit der zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten außer Streit gestellt und wurde auf die strafgerichtlicherseits als mildernd angenommene bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sowie die teilweise Schadenswiedergutmachung durch diesen verwiesen. Die Gewerbeanmeldungen seien nach Rechtskraft des Urteils mit Eingaben vom 16.05.2022, auch in Bezug auf den in Rede stehenden Standort, erfolgt. Gestützt auf den Beschwerdegrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wurde beschwerdeführerseitig ausgeführt, dass der Ausschlussgrund außer Streit gestellt werde, es jedoch grundsätzlich notwendig gewesen wäre, den konkreten Ausschlussgrund des § 13 GewO darzulegen, wobei die belangte Behörde jedoch auch für die Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen bzw. des Nichtvorliegens derselben in rechtlicher Konsequenz des allfälligen Untersagens der Gewerbeausübung eine notwendige Prüfung im Sinne des § 87 Abs 1 Z 1 GewO durchführen hätte müssen. Auch bei Prüfung des Vorliegens sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen im Sinne des § 340 (1) sowie (3) sei eine Prognoseentscheidung im Sinne des § 87 (1) Z 1 GewO durchzuführen und habe sich die belangte Behörde mit einer derart erforderlichen Prognoseentscheidung nicht auseinandergesetzt, sodass die Bescheide inhaltlich rechtswidrig seien. Auch sei ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren nach § 37 sowie § 39 AVG nicht durchgeführt worden und sei die behördliche Pflicht zur Entscheidungsbegründung im Sinne des § 58 sowie § 60 AVG verletzt, sodass auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werde und hätte die Behörde in richtiger rechtlicher Beurteilung sich auch mit einer zwingenden Prognoseentscheidung im Sinne des § 13 (1) iVm § 87 (1) Z 1 GewO auseinandergesetzt, so wäre sie auch nur zu dem relevanten Ergebnis gelangt, dass nach der Persönlichkeit der Verurteilten die Begehung der gleichen oder eine ähnlichen Straftat bei Ausübung des gegenständlichen Gewerbes nicht zu befürchten sei. Auch wenn eine Bindungswirkung für die belangte Behörde aufgrund des Strafurteils nicht bestehe, so komme den strafgerichtlicherseits herangezogenen Strafbemessungsgründen dem Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit sowie der teilweisen Schadenswiedergutmachung vor der Hauptverhandlung eine nach ständiger Rechtsprechung zu beachtende Indizwirkung zu, wobei strafgerichtlicherseits keinerlei Erschwerungsgründe herangezogen worden seien. Überlegungen des Strafgerichtes könnten bei Anwendung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben und bedürfe es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren einer näheren Erörterung, wonach ungeachtet der günstigen strafgerichtlichen Prognose, die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs 1 Z 1 GewO erfüllt seien. Ein einwandfreies Verhalten durch einen längeren Zeitraum könne auch geeignet sein, die Besorgung eines Missbrauchs der Gewerbeberechtigung auszuschließen. Für die zu treffende Prognose nach § 87 Abs 1 Z 1 GewO 1994 würden die Feststellung der Tathandlung eine Voraussetzung bilden, wobei nicht verkannt werde, dass § 87 GewO sich lediglich auf die Entziehung eines aufrechten Gewerbes beziehe und den Bescheidsprüchen nach das Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und damit einhergehend die Untersagung der Gewerbeausübungen ausgesprochen worden sei. Auch für das Nichtvorliegen der Voraussetzung bzw. des hiermit einhergehenden Ausspruchs der Untersagung der Gewerbeausübung sei auf § 87 Abs 1 Z 1 GewO Bedacht zu nehmen. Die Behörde sei auch verpflichtet gewesen, dem Betroffenen im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und hiermit einhergehenden Einräumung der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme auf die Möglichkeit einer Nachsicht nach § 26 GewO hinzuweisen.

Wiederholend wurde festgehalten, dass der Zeitpunkt der rechtskräftigen Verurteilung vor dem Zeitpunkt der Gewerbeanmeldungen liege und der Beschwerdeführer sich vor dem Tatzeitpunkt sowie vor der rechtskräftigen Verurteilung jeweils rechtskonform verhalten habe, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt unbescholten gewesen sei. Auch nach dem Tatzeitpunkt sowie nach der rechtskräftigen Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz habe sich der Beschwerdeführer wiederum rechtskonform verhalten und müsse im Sinne der in § 87 Abs 1 Z 1 GewO wiedergegebenen Prognoseentscheidung ins Kalkül gezogen werden, dass der Beschwerdeführer bereits vor der Hauptverhandlung vom 18.02.2022 eine teilweise Schadenswiedergutmachung geleistet habe, welche auch durch das Strafgericht als Milderungsgrund bei der Strafzumessung herangezogen worden sei, sodass zusammenfassend festgehalten werden könne, dass die Beschwerdegründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes sowie der Verletzung von elementären Verfahrensgrundsätzen, die für sich genommen rechtlich entscheidungsrelevant seien, vorliegen würden.

Am 25.07.2022 wurde von Seiten des Verwaltungsgerichtes eine Strafregisterauskunft im Strafregister der Republik Österreich, geführt von der Landespolizeidirektion Wien, eingeholt und wurde dem Verwaltungsgericht mit Eingabe vom 25.07.2022 über Ersuchen auch die gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zu 18 Hv 14/22d übermittelt, wobei diese Urkunden dem Beschwerdeführer im Rahmen der Anberaumung der durchzuführenden öffentlichen, mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht wurden.

Im Verfahrensgegenstand wurde für 30.08.2022 eine öffentliche mündliche Gerichtsverhandlung in Verfahrensverbindung anberaumt, die aufgrund des beschwerdeführerseitig mit Schriftsatz vom 18.08.2022 bekanntgegebenen Verhandlungsverzichts mit hg. Schreiben vom 23.08.2022 abberaumt wurde.

In entscheidungsrelevanter Hinsicht geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark von nachstehendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer wurde seitens des Landesgerichtes für Strafsachen Graz mit Urteil vom 18.02.2022 zu 018 HV 14/2022d, rechtskräftig am 22.02.2022, wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 (2) StGB, (Datum der letzten Tat 22.06.2021) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt und ist diese Verurteilung noch nicht getilgt, weshalb ein Gewerbeausschlussgrund nach § 13 Abs 1 Z 1 lit. b iVm Z 2 GewO 1994 vorliegend ist.

Eine bezughabende Nachsicht nach § 26 GewO 1994 liegt nicht vor.

Der gekürzten Urteilsausfertigung des bezughabenden Strafurteils ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer schuldig sei, beginnend mit 25.03.2021 bis letztlich 22.06.2021 in We mit dem Vorsatz durch das Verhalten des Getäuschten, sich unrechtmäßig zu bereichern, E F durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe die angebotenen Fenster, Türen und Rollos samt Antriebssystemen nach Leistung einer Anzahlung von € 9.142,79 unmittelbar zu bestellen und anschließend zumindest mit Mitte August 2021 zu montieren, zu einer Handlung, nämlich zur Überweisung des genannten Betrages am 22.06.2021, verleitet habe, die sie in einem € 5.000,00, nicht jedoch € 300.000,00 übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt habe, wodurch der Beschwerdeführer das Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB begangen habe und hierfür nach § 147 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 (sechs) Monaten verurteilt worden sei, wobei der Vollzug der verhängten Strafe, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, auf Rechtsgrundlage § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen worden sei und wurde gemäß § 20 Abs 3 StGB der vom Beschwerdeführer durch die Tat erlangte Vermögenswert in der Höhe eines Betrages von € 5.485,63 für verfallen erklärt. Strafbemessend wurde von Seiten des Strafgerichtes die bisherige Unbescholtenheit sowie die teilweise Schadensgutmachung vor der Hauptverhandlung als mildernd erachtet. Erschwerende Gründe wurden in Bezug auf die Strafbemessung durch das Strafgericht nicht angenommen.

Dennoch hat Herr A B bei der Gewerbebehörde des Bezirkes Leibnitz der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Leibnitz Gewerbeanmeldungen in Bezug auf die Gewerbe „„Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau verbunden mit Metalltechnik für Schmiede und Fahrzeugbau; Metalltechnik für Land- und Baumaschinen (verbundenes Handwerk), eingeschränkt auf die Montage von vorgefertigten Fenstern“ sowie „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“, jeweils mit Wirkung 23.05.2022, erstattet.

Dieser Sachverhalt ergibt sich in unbedenklicher Weise aus den in den behördlichen Verfahrensakten erliegenden Urkunden, insbesondere dem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich, geführt von der Landespolizeidirektion Wien, sowie den Gewerbeanmeldungen des Beschwerdeführers und dem von Seiten des Strafgerichtes übermittelten Urteil zu 18 Hv 14/22d, wobei beschwerdeführerseitig das Vorliegen des in Rede stehenden Strafurteils und die nicht vorliegende Tilgung auch nicht in Frage gestellt wurde.

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat das Verwaltungsgericht im Verfahrensgegenstand erwogen wie folgt:

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nicht anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

§ 17 VwGVG normiert Folgendes:

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

Die im Verfahrensgegenstand maßgeblichen Rechtsvorschriften der GewO 1994 lauten wie folgt:

§ 13 Abs 1 GewO 1994:

„Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

  1. 1.
    von einem Gericht verurteilt worden sind
    1. a)
      wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder
    2. b)
      wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen.“
  2. 2.
    die Verurteilung nicht getilgt ist.
Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.“

§ 339 Abs 1 GewO 1994 lautet wie folgt:

„Wer ein Gewerbe ausüben will, hat die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.“

§ 340 Abs 1 und Abs 3 GewO 1994 normieren Nachstehendes:

„(1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.“

Gegenständlich gelangte die Gewerbebehörde bei ihrer Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung der von Seiten des nunmehrigen Beschwerdeführers angemeldeten Gewerbe am betreffenden Standort vorliegen, vor dem Hintergrund der in Bezug auf den Gewerbeanmelder vorliegenden rechtskräftigen Verurteilung, welche nicht getilgt ist, zum Ergebnis des Vorliegens eines Gewerbeausschlussgrundes und untersagte die in Rede stehende Ausübung der näher beschriebenen Gewerbe. Dem ist von Seiten des Verwaltungsgerichtes im Hinblick auf das Vorliegen der Verurteilung durch das LG für Strafsachen Graz vom 18.02.2022, rechtskräftig mit 22.02.2022, zu einer bedingten sechsmonatigen Freiheitsstrafe, Probezeit 3 Jahre, welche auch nicht getilgt ist, vor dem Hintergrund der Regelung des § 13 Abs 1 lit. b iVm Z 2 und § 340 Abs 1 und 3 GewO 1994 nicht entgegenzutreten.

Ein Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs 1 GewO 1994 ist gegeben, wenn eine Person von einem österreichischen ordentlichen Gericht wegen einer strafbaren Tat rechtskräftig verurteilt wurde und die Verurteilung (wie gegenständlich noch) nicht getilgt ist. Bei den „sonstigen strafbaren Handlungen“, wie im in Rede stehenden Fall, bildet die gerichtliche Verurteilung alleine allerdings noch keinen Gewerbeausschlussgrund. Hier muss die gerichtlich verhängte Strafe, das in § 13 Abs 1 Z 1 lit. b) GewO 1994 festgelegte Strafausmaß übersteigen und kommt es dabei tatbestandsmäßig allein auf die erfolgte rechtskräftige Verurteilung und das dabei im Einzelfall vom Gericht verhängte Strafausmaß an (vgl. z.B. VwGH am 29.04.2014, 2013/04/0026, VwGH am 17.09.2010, 2009/04/0259). Gelangt die Gewerbebehörde – wie im gegenständlichen Fall – aufgrund des vorliegenden Gewerbeausschlussgrundes zur Ansicht, dass die Voraussetzungen für das angemeldete Gewerbe nicht vorliegend sind, so hat sie dies bescheidmäßig festzustellen und die Gewerbeausübung zu untersagen (vgl. § 340 Abs 1 und 3 GewO 1994).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Bestimmung des § 87 Abs 1 Z 1 GewO 1994 lediglich im Zusammenhang mit der Entziehung von Gewerbeberechtigungen durch die Behörde von Belang. Insofern ist auch eine Prognose im Sinne dieser Regelung im Falle der Anmeldung der in Rede stehenden Gewerbe behördlicherseits nicht vorzunehmen gewesen. Bei der nach § 340 Abs 1 GewO von Behördenseite vorzunehmenden Prüfung der Anmeldungsvoraussetzungen ist wegen des sich aus § 5 Abs 1 leg. cit. ergebenden konstitutiven Charakters der Anmeldungen der in Rede stehenden Gewerbe auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung, gegenständlich aufgrund der verfahrenseinleitenden Anbringen, abzustellen gewesen (vgl. zB VwGH am 24.06.1998, 98/06/0082). Zum Zeitpunkt der Anmeldung der in Rede stehenden Gewerbe war der Beschwerdeführer durch das Landesgericht für Strafsachen Graz mit Urteil vom 18.02.2022, rechtskräftig am 22.02.2022, bereits zu einer die Schwelle nach § 13 Abs 1 Z 1 lit. b GewO 1994 übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt gewesen, sodass die in Rede stehenden Gewerbeanmeldungen aufgrund des vorliegenden Gewerbeausschlussgrundes im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung nicht wirksam werden konnten und behördlicherseits in Ermangelung des Entstehens der begehrten Gewerbeberechtigungen fallbezogen zutreffend nicht nach § 87 Abs 1 Z 1 GewO 1994, sondern nach § 340 Abs 3 iVm Abs 1 GewO 1994 vorgegangen wurde und hinsichtlich der beiden Gewerbeanmeldungen das Nichtvorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen festgestellt wurde, sowie die Ausübung dieser Gewerbe untersagt wurde. Fallbezogen war im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldungen auch ein Verfahren über die erforderliche Nachsicht nicht anhängig und ein diesbezüglicher Nachsichtsbescheid nicht vorliegend, sodass die belangte Behörde, ausgehend vom vorliegenden Gewerbeausschlussgrund, zurecht die Auffassung vertrat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes im Anmeldezeitpunkt, das ist jener am Tag, an dem alle erforderlichen Nachweise bei der Behörde eingelangt sind und insbesondere eine erforderliche Nachsicht rechtswirksam erteilt wurde (vgl. § 340 Abs 1 GewO 1994) nicht erfüllt waren.

Soweit sich der Beschwerdeführer auch auf eine nicht erfolgte behördliche Manuduktion hinsichtlich der Stellung eines Nachsichtsansuchen bezieht, ist festzuhalten, dass ein zu berücksichtigendes Nachsichtsansuchen spätestens zeitgleich mit der Gewerbeanmeldung eingebracht werden hätte müssen und eine solche in einem nach Einbringung der Gewerbeanmeldungen durchzuführenden behördlichen Prüfungsverfahren nach § 340 GewO 1994 in dieser Form auch nicht in Betracht kommt (vgl. zB auch VwGH am 27.03.1990, 89/04/0170).

Im Ergebnis gilt es festzuhalten, dass, wenn es – wie fallbezogen – im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung an einer Anmeldungsvoraussetzung fehlt, die Behörde dies bescheidmäßig festzustellen hat und die Ausübung des jeweiligen Gewerbes zu untersagen hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein Gewerbeausschlussgrund nach § 13 Abs 1 Z 1 lit. b iVm Z 2 GewO 1994 vorliegt, wobei diesbezüglich anders als im Gewerbeentziehungsverfahren nach § 87 Abs 1 Z 1 GewO 1994 oder dem Nachsichtsverfahren nach § 26 leg. cit. eine entsprechende „Prognose“ nicht durchzuführen ist. Eine erteilte Nachsicht ist von Seiten der Gewerbebehörde zu berücksichtigen, wenn das Nachsichtsverfahren im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung bereits anhängig gewesen ist und ein rechtskräftiger, die begehrte Nachsicht aussprechender Bescheid vorliegend ist.

Die in Rede stehenden Beschwerden vermochten daher die Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide nicht aufzuzeigen, weshalb diese abzuweisen und die mit Beschwerde bekämpften Bescheide der Gewerbebehörde zu bestätigen waren.

Die Durchführung einer Verhandlung war im Hinblick auf den unbestrittenen Sachverhalt und den bekanntgegebenen Verhandlungsverzicht im Lichte der ausschließlich zu klärenden Rechtsfragen fallbezogen nicht erforderlich.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Gewerbeanmeldung, Ausschlussgrund, strafgerichtliche Verurteilung, Untersagung der Gewerbeausübung, Anmeldevoraussetzung, Prognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.41.25.6478.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.10.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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