Entscheidungsdatum
22.02.2021Norm
BauO NÖ 2014 §38Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn A, vertreten durch RA B, ***, ***, vom 28. Dezember 2020 gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 23. November 2020, Zl. ***, mit welchem die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 13. März 2019, Zl. ***, betreffend Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe nach der NÖ Bauordnung 2014 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
2. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Sachverhalt:
1.1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
1.1.1.
Mit Kaufvertrag vom 22. März 2001 erwarb Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) von der Gemeinde *** das aus Einlagezahl *** des Grundbuches *** im Teilungpslan des C vom 12. Februar 2001, GZ. ***, neu aufgestellte Grundstück Nr. *** Baufläche und Wald im Ausmaß von 3.000 m². In § 3 des Kaufvertrages findet sich folgende Bestimmung:
„Bei der Vorschreibung der Aufschließungsabgabe wird vereinbart, dass für die Fläche der bestehenden Bodenschutzanlage keine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben wird und dass für die Berechnung der Aufschließungsabgabe der Einheitssatz bei der Errechnung herangezogen wird, der im Jahre 2000 - im Zeitpunkt des Kaufansuchens - gegolten hat. Die vertragsgegenständliche Liegenschaft liegt im Bauland-Betriebsgebiet. Dem Käufer ist daher auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft eine Tierhaltung gestattet, die
über die übliche Haltung von Haustieren nicht hinausgeht.“
1.1.2.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2020 beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung für die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***).
1.1.3.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl. ***, wurde die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) bewilligt. Gleichzeitig wurde das Grundstück Nr. *** KG *** gemäß § 23 Abs., 3 in Verbindung mit § 11 NÖ Bauordnung 2014 für die Fläche zum Bauplatz erklärt, die im Bauland liegt. Dieser Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.
1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.2.1.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 2. Oktober 2020, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 eine Aufschließungsabgabe im Betrag von € 37.893,66 vorgeschrieben. Begründend wird unter Wiedergabe der Bestimmung des § 38 NÖ Bauordnung 2014 dargelegt, dass die Gemeinde gesetzlich dazu verpflichtet sei, aus Anlass der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage einen Beitrag des Grundeigentümers zu den Kosten der Verkehrsaufschließung des Bauplatzes einzuheben. Die Aufschließungsabgabe sei gemäß § 38 Abs. 3 NÖ Bauordnung aus dem Produkt von Berechnungslänge, Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz errechnet worden. Der Einheitssatz betrage gemäß der Verordnung des Gemeinderates € 550,- betragen. Die Berechnung der Aufschließungsabgabe stelle sich demnach wie folgt dar:
Bauplatz Nr. Fläche Berechnungslänge BKK Einheitssatz Aufschließungsabgabe
*** 3.038 m² 55,1181 1,25 € 550,00 € 37.893,66
1.2.2.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass er beantrage, den Bescheid vom 2. Oktober 2020, Zl. *** aufzuheben und auf Basis des Kaufvertrages zu bestimmen. Zeitgleich beantrage er, ihm die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da offensichtlich dieser Abgabenbescheid gegen die Kaufvereinbarung verstoße.
1.2.3.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** vom 23. November 2020, Zl. ***, wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften dargelegt, dass das Grundstück Nr. ***, KG *** im Rahmen des rechtskräftigen Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl. *** zum Bauplatz erklärt worden sei. Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 2. Oktober 2020, Zl. ***, sei für das Grundstück ***, KG ***, für eine Fläche von 3.038 m² eine Aufschließungsabgabe in Hohe von € 37.893.66 vorgeschrieben worden. Die Behörde sei verpflichtet gewesen, eine Abgabenvorschreibung gemäß der NÖ Bauordnung 2014 durchzufuhren. Eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien über Abgaben habe hier keine Anwendung zu finden.
1.3. Beschwerdevorbringen:
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2020 brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde *** ein und begründete diese im Wesentlichen wie seine Berufungsschrift vom 19. Oktober 2020.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2021 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er Rechtsanwalt B mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt habe. Ferner wird ausgeführt, dass die gegenständliche Aufschließungsabgabe jedenfalls verjährt bzw. verfristet sei. In Vorbereitung auf die ausdrücklich beantragte mündliche Verhandlung werden in der Folge diverse Beweisurkunden vorgelegt. Die belangte Behörde habe bereits seit 2007 das gegenständliche Grundstück als Baugrundstück behandelt und die darauf befindlichen Gebäude (letztmals 2011) bewilligt und mit Fertigstellungsanzeige quittiert. Die belangte Behörde habe in sämtlichen Schriftverkehr auch immer wieder bestätigt, dass es sich bei dem gegenständlichen Grundstück um Bauland handle; die Widmung bestehe seit jeher. Sämtliche Gebäude auf dem gegenständlichen Grundstück seien bewilligt und dies letztmals 2011.
1.4. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:
Mit Schreiben vom 15. Jänner 2020 legte die Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Marktgemeinde *** und durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.
1.5. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr. *** KG ***, welches die topographische Anschrift ***, ***, aufweist:
[Abweichend vom Original – Bilder nicht wiedergegeben]
„…
…“
(Quelle: imap Geodaten des Landes Niederösterreich, Abfrage vom 21. Jänner 2021)
Gemäß dem geltenden Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde *** weist das gegenständliche Grundstück eine Widmung als Bauland-Betriebsgebiet auf.
1.6. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen (s.o. Punkt 1.5.) nicht entgegentritt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:
§ 1. (1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
2.2. NÖ Bauordnung 2014:
Aufschließungsabgabe
§ 38. (1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2
1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder
2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2, 3 und 5 erteilt wird.
Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, vorletzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude im Sinn des § 23 Abs. 3 erster Satz oder eine großvolumige Anlage errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben. …
(3) Die Aufschließungsabgabe (A) ist eine einmal zu entrichtende, ausschließliche Gemeindeabgabe nach § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012. Sie wird aus dem Produkt von Berechnungslänge (BL), Bauklassenkoeffizient (BKK) und Einheitssatz (ES) errechnet:
A = BL x BKK x ES
Bei der Vorschreibung ist jeweils der zum Zeitpunkt der Bauplatzerklärung oder Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1) geltende Bauklassenkoeffizient und Einheitssatz anzuwenden. …
(4) Die Berechnungslänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz flächengleichen Quadrates:
Bauplatzfläche = BF BL =
(5) Der Bauklassenkoeffizient beträgt:
in der Bauklasse I 1,00 und
bei jeder weiteren zulässigen Bauklasse um je 0,25 mehr,
in Industriegebieten ohne Bauklassenfestlegung 2,00
bei einer Geschoßflächenzahl
o bis zu 0,8 1,5
o bis zu 1,1 1,75
o bis zu 1,5 2,0 und
o bis zu 2,0 2,5
Ist eine höchstzulässige Gebäudehöhe festgelegt, ist der Bauklassenkoeffizient von jener Bauklasse abzuleiten, die dieser Gebäudehöhe entspricht.
Im Baulandbereich ohne Bebauungsplan beträgt der Bauklassenkoeffizient mindestens 1,25 sofern nicht eine Höhe eines Gebäudes bewilligt wird, die einer höheren Bauklasse entspricht als der Bauklasse II.
2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
3.1.1.
In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Marktgemeinde der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungen außer Streit stehen.
Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nur auf Basis der in § 3 des Kaufvertrages vom 22. März 2001 vorgesehenen Vereinbarung, welche als Grundlage den Einheitssatz des Jahres 2001 vorsieht, erfolgen durfte.
3.1.2.
Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.
3.1.3.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 ist dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit Erlassung des letztinstanzlichen Bescheides der Behörde nach § 2 ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt wurde.
Die - erstmalige - Erklärung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes zum Bauplatz erfolgte mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 15. Juni 2020, Zl. ***, in dem die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Überdachung auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (Adresse ***, ***) bewilligt wurde.
Der Zeitpunkt, zu dem sich der Abgabentatbestand des § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 verwirklicht hat, ist der Zeitpunkt der Rechtskraft des Bescheides über die Bauplatzerklärung (vgl. VwGH 2008/17/0095 und VwGH Ro 2014/17/0026, zur wortidenten Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1996). Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Frage der Verpflichtung zur Entrichtung einer Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z 1 NÖ Bauordnung 2014 wegen rechtskräftiger Bauplatzerklärung ohne Bedeutung, ob das Grundstück überhaupt zum Bauplatz zu erklären gewesen wäre. Diese Frage wäre in dem Verfahren zur Bauplatzerklärung zu klären gewesen, nicht jedoch nach Eintritt der Rechtskraft des Bauplatzerklärungsbescheides in dem Verfahren betreffend die Vorschreibung der Aufschließungsabgabe nach § 38 Abs. 1 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 (vgl. VwGH 2002/17/0067 und VwGH 2000/17/0259). Die Vorschreibung einer Abgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z 1. NÖ Bauordnung 2014 auf Grund der Bauplatzerklärung konnte somit grundsätzlich unabhängig davon erfolgen, ob das Grundstück zuvor bereits ein Bauplatz war.
3.1.4.
Wenn der Beschwerdeführer auf § 3 des Kaufvertrages vom 22. März 2001 verweist, so ist dazu anzumerken, dass abgabenrechtliche Tatbestände sind nach den Vorschriften des Abgaberechtes und nicht nach anderen Gesetzen zu beurteilen sind (vgl. VwGH VwSlg. 2088 F/1959 und VwSlg. 2601 F/1962).
Diesen Überlegungen folgt, dass auf Grund der dargestellten Rechtslage den Ausführungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der von ihr behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Berechtigung zukommt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.1.5.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Anträge, die erst in einem der Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung (vgl. VwGH 2006/13/0069 und VwGH 2008/13/0148).
3.1.6. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Zufolge § 17 VwGVG iVm § 2a BAO waren auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren beim Landesverwaltungsgericht die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden.
Gemäß § 254 BAO kommt einer Bescheidbeschwerde keine die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides hemmende Wirkung zu. Ein Antrag auf Nichtausschluss der aufschiebenden Wirkung ist der BAO fremd, möglich wäre gemäß § 212a BAO ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Abgabe, soweit deren Höhe von der Erledigung der Bescheidbeschwerde abhängt (vgl. VwGH vom 30. Mai 1979, Zl. 2789/78). Der gegenständliche Antrag, „die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen“, stellt sich aber nicht als mängelfreier Antrag gemäß § 212a BAO dar, über welchen im Übrigen auch im Beschwerdeverfahren die Abgabenbehörde zu entscheiden hätte.
Angesichts der gegenständlichen, inhaltlichen Beschwerdeentscheidung erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über diesen, ausdrücklich an das Landesverwaltungsgericht gerichteten, jedoch in der BAO nicht vorgesehenen Antrag.
3.1.7. Ergänzendes:
Trifft eine Gemeinde beim Verkauf einer Liegenschaft im Zuge einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit einer Privatperson eine Übereinkunft, die sich auf die Anwendung bestimmter Vorgaben bei der Vorschreibung von Abgaben bezieht, so kann eine derartige Vereinbarung keinen Einfluss auf die hoheitliche Abgabenvorschreibung einer Behörde haben. Die Abgaben sind korrekt zu ermitteln und in vollem Umfang vorzuschreiben.
Wenn nun wie in § 3 des Kaufvertrages vom 22. März 2001 ein bestimmter Einheitssatz herangezogen werden sollte, während bei der tatsächlichen hoheitlichen Vorschreibung ein höherer Einheitssatz zur Anwendung gelangt, könnte der Beschwerdeführer als Vertragspartner der Gemeinde versuchen, die so entstandene Differenz (zwischen vereinbartem und angewendetem Einheitssatz) auf zivilrechtlichem Weg einzufordern.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.
Schlagworte
Finanzrecht; Aufschließungsabgabe; Bauplatzerklärung;Anmerkung
VfGH 04.10.2022, E 1326/2021-14, EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.129.002.2021Zuletzt aktualisiert am
18.10.2022