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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §93 Abs3 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. September 1993, GZ GA 5-1872/1/93, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Akten bezog die am 15. Oktober 1965 geborene Beschwerdeführerin, die seit dem Jahre 1983 an der Universität Wien inskribiert ist, auf Grund eines Antrages vom 27. Jänner 1987 für sich selbst Familienbeihilfe, und zwar zunächst befristet bis 30. November 1988. Im Zuge einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin ab 18. Oktober 1988 in einem Dienstverhältnis stand. Mit Erledigung vom 13. Jänner 1989 berichtigte das Finanzamt die Eintragungen auf der Familienbeihilfenkarte insoferne, als der Anspruch auf Familienbeihilfe ab 1. November 1988 als weggefallen erklärt wurde.
Mit Bescheid vom 26. April 1993 stellte das Finanzamt fest, die Beschwerdeführerin habe für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Oktober 1988 Familienbeihilfe in Höhe von S 14.500,-- zu Unrecht bezogen. Begründet wurde der Bescheid damit, daß die Eltern der Beschwerdeführerin auf Grund der Einkünfte der Beschwerdeführerin keine Unterhaltsverpflichtung mehr gehabt hätten.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde unter anderem darauf hingewiesen, daß die Beschwerdeführerin keine Kenntnis von den Umständen habe, die zu diesem Bescheid geführt hätten. Zwischen der Antragstellung und der Gewährung der Familienbeihilfe ab Juni 1985 bis Oktober 1988 hätten sich weder die wirtschaftlichen Verhältnisse, Studium und Bezug von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz noch die maßgebende Rechtslage verändert. Im Zuge des Berufungsverfahrens werde daher zunächst zu begründen sein, auf welcher Grundlage die Behörde ohne Änderung des Sachverhaltes den Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe verneint habe.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, es stehe fest, daß die Beschwerdeführerin infolge ihrer eigenen Einkünfte im Rückforderungszeitraum selbsterhaltungsfähig gewesen sei und demnach seitens der Eltern keinerlei Unterhaltsverpflichtung ihr gegenüber bestanden habe. Da dieser Sachverhalt von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt worden sei, erübrigten sich weitere Ausführungen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1994, 92/13/0148).
Weder im erstinstanzlichen Bescheid noch in der Berufungsentscheidung der belangten Behörde wurde ausgeführt, welche Einkünfte der Beschwerdeführerin im strittigen Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. Oktober 1988 festgestellt worden sind. Weiters wurde nicht dargelegt, auf Grund welchen Denkvorganges aus dem Vorhandensein von solchen Einkünften - nach dem Inhalt der vorgelegten Akten erzielte die Beschwerdeführerin abgesehen von Einkünften im Sinne des § 3 Z. 4 EStG 1972 (Notstandshilfe und Sondernotstandshilfe) allein für Oktober 1988 eigene Einkünfte - die Schlußfolgerung gezogen wurde, daß die Eltern der Beschwerdeführerin keine Unterhaltsverpflichtung getroffen habe. Zu einer entsprechenden Begründung des angefochtenen Bescheides war die belangte Behörde dabei umso mehr verpflichtet, als die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ausdrücklich beantragte, ihr die teilweise fehlende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides mitzuteilen. Durch diese Mangelhaftigkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides ist aber der Verwaltungsgerichtshof gehindert, diesen auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes zu prüfen. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird für das fortzusetzende Verfahren darauf hingewiesen, daß im Beschwerdefall zu entscheiden sein wird, ob im Sinne des § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz in der vor der Novelle BGBl. Nr. 311/1992 geltenden Fassung vom aufrechten Bestand einer Unterhaltspflicht der Eltern der Beschwerdeführerin auszugehen ist. Dabei wird die belangte Behörde zu berücksichtigen haben, daß sich die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum in Berufsausbildung befunden hat. Die Eltern der Beschwerdeführerin hatten daher gemäß § 140 Abs. 1 ABGB zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Nach § 140 Abs. 3 ABGB mindert sich ein solcher Unterhaltsanspruch allerdings insoweit, als die Beschwerdeführerin eigene Einkünfte hatte, worin auch die von der Beschwerdeführerin vom 1. Jänner bis 16. Oktober 1988 bezogene Sondernotstandshilfe bzw. Notstandshilfe einzubeziehen ist. Im Hinblick auf die Berufsausbildung der Beschwerdeführerin war jedoch deren Selbsterhaltungsfähigkeit im Sinne der zweiten Alternative des § 140 Abs. 3 ABGB offenkundig nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994130028.X00Im RIS seit
01.06.2001