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81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §77 Abs3 liti;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Juni 1991, Zl. 410.560/02-I4/91, betreffend Rückforderung von Beiträgen an eine Wassergenossenschaft (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft "D", vertreten durch den Obmann R in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1981, Zl. 07/3722/80, und vom 30. Mai 1989, Zl. 85/07/0289, verwiesen. Mit dem letztangeführten Erkenntnis war der Bescheid der belangten Behörde, soweit mit ihm dem Antrag des Beschwerdeführers vom 19. November 1980 auf Rückzahlung von Beitragszahlungen in der Höhe von S 75.907,16 nicht Folge gegeben worden war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden. Der Beschwerdeführer erhob in der Folge, da die belangte Behörde nicht innerhalb der ab Zustellung des letztangeführten Erkenntnisses laufenden Frist des § 73 AVG über seinen Antrag vom 19. November 1980 entschieden hatte, beim Verwaltungsgerichtshof Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG. Auf Grund der Erlassung des nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides der belangten Behörde vom 4. Juni 1991 am 7. Juni 1991 stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. Juni 1991, Zl. 90/07/0158, das Verfahren über die Säumnisbeschwerde wegen Nachholung des versäumten Bescheides innerhalb der hiefür gesetzten Frist gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein.
Zur Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, das - unter Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 28. Mai 1991 - durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Grundparzellen, hinsichtlich welcher der Beschwerdeführer die Rückzahlung der geleisteten Genossenschaftsbeiträge verlange, freiwillig in die Wassergenossenschaft "D" (im folgenden: mP) eingebracht worden seien. Das Entwässerungsprojekt der mP sei vom Landeshauptmann von Burgenland mit Bescheid vom 3. Oktober 1968 wasserrechtlich bewilligt worden, ohne daß der Beschwerdeführer eine Änderung beantragt hätte. Diese Behörde habe das Vorhaben auch mit Bescheid vom 4. Jänner 1972 wasserrechtlich überprüft, wobei auch in diesem Verfahren der Beschwerdeführer keine Einwände gegen den Umfang der Ausführung der Entwässerung erhoben habe. Es sei daher davon auszugehen, daß alle mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 15. Juli 1967 - mit diesem war die mP als Wassergenossenschaft mit Beitrittszwang anerkannt worden - einbezogenen Parzellen weiterhin "de iure" im Entwässerungsbereich verblieben seien, obwohl die Parzellen 2418, 2461, 2464, 2467 und 2470, alle KG Parndorf, infolge der Weigerung des Beschwerdeführers nicht drainagiert worden seien. Voraussetzung für die Rückforderung eines Teiles der geleisteten Beitragszahlungen sei es, daß die nach Auffassung des Beschwerdeführers zu Unrecht einbezogenen Parzellen ordnungsgemäß aus dem Entwässerungsbereich ausgeschieden worden wären. Das hiefür erforderliche Einvernehmen zwischen dem Beschwerdeführer und der mP sei aber nicht erzielt und die notwendige Zustimmung der Aufsichtsbehörde sei nicht eingeholt worden. Die vom Beschwerdeführer mündlich bekannt gegebene Verweigerung, einen Teil seiner Parzellen drainagieren zu lassen, reiche für die Einleitung eines derartigen Ausscheidungsverfahrens nicht aus. Der Antrag auf Rückzahlung habe daher abgewiesen werden müssen; somit erübrige es sich auch, die Frist für eine Stellungnahme zu den Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen - wie vom Beschwerdeführer beantragt - zu erstrecken. Es stehe dem Beschwerdeführer aber frei, nachträglich einen Antrag auf Ausscheidung der angeführten Parzellen zu stellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt. Die mP hat keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem 1. Juli 1990 hatte die belangte Behörde das WRG 1959 bereits in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden (Art. IV Abs. 1 der Novelle).
Wie bereits in dem angeführten Erkenntnis vom 30. Mai 1989 ausgeführt worden war, handelt es sich bei den Rückforderungsbegehren des Beschwerdeführers - unabhängig davon, daß er im Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses nicht mehr Eigentümer der für den Beschwerdefall maßgeblichen Liegenschaften war - um Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis. An diesem Umstand hat sich auch dadurch nichts geändert, daß nach dem Tod des seinerzeitigen - d.h. im Zeitpunkt der Erlassung dieses Erkenntnisses - Eigentümers der Beschwerdeführer nunmehr - wieder - Eigentümer dieser Grundstücke geworden ist.
Gemäß § 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959 haben die Satzungen einer Wassergenossenschaft Bestimmungen über die Schlichtung der zwischen den Mitgliedern oder zwischen ihnen und der Genossenschaft aus dem Genossenschaftsverhältnis entstandenen Streitigkeiten zu enthalten.
Gemäß § 85 Abs. 1 WRG 1959 obliegt die Aufsicht über die Wassergenossenschaften der zuständigen Wasserrechtsbehörde, die auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle zu entscheiden hat, die nicht im Sinne des § 77 Abs. 3 lit. i beigelegt werden. Die Wasserrechtsbehörde ist in Wahrnehmung der Aufsicht berechtigt, die Tätigkeit der Genossenschaft zu überwachen, Einsicht in deren Unterlagen sowie entsprechende Auskünfte zu verlangen und an Versammlungen der Genossenschaftsmitglieder teilzunehmen. Sie hat dabei die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der Genossenschaft sowie deren finanzielle Gebarung zu überwachen, die Zweckmäßigkeit der Tätigkeit der Genossenschaft nur insoweit, als hiedurch öffentliche Interessen berührt werden. Sie kann sich zur Aufsicht über die Genossenschaften geeigneter Personen oder Einrichtungen bedienen; § 120 findet sinngemäß Anwendung.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Forderungen des Beschwerdeführers auf Rückerstattung von Beitragszahlungen ausschließlich damit begründet, daß die Parzellen des Beschwerdeführers, hinsichtlich deren er eine ungerechtfertigte Überzahlung geltend gemacht habe, nicht gemäß § 82 WRG 1959 aus der mP ausgeschieden worden seien, sodaß eine Rückzahlung geleisteter Beiträge nicht in Frage komme.
Gemäß § 82 Abs. 1 WRG 1959 können einzelne Liegenschaften oder Anlagen im Einvernehmen zwischen ihren Eigentümern (Berechtigten) und der Genossenschaft wieder ausgeschieden werden. Bei Zwangsgenossenschaften ist die Zustimmung der Behörde erforderlich. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen ist die Genossenschaft verpflichtet, einzelne Liegenschaften oder Anlagen auf Verlangen ihres Eigentümers (Berechtigten) auszuscheiden, wenn ihm nach Ablauf einer zur Erreichung des erhofften Erfolges genügenden Zeit aus der Teilnahme am genossenschaftlichen Unternehmen kein wesentlicher Vorteil erwachsen ist und der Genossenschaft durch das Ausscheiden kein überwiegender Nachteil entsteht. Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen kann, wenn die Mitgliedschaft des ausscheidenden Eigentümers erzwungen war, dieser von der Genossenschaft die Rückzahlung der geleisteten Beiträge und die Beseitigung der durch sein Ausscheiden entbehrlich gewordenen, auf seinem Grund errichteten Anlagen fordern, soweit sie der gewöhnlichen Nutzung seiner Liegenschaft oder Anlage nachteilig sind.
Die belangte Behörde ist somit insoweit im Recht, als sie davon ausgeht, daß § 82 WRG 1959 Regelungen für die Rückerstattung geleisteter Beiträge im Fall des Ausscheidens eines Genossenschaftsmitgliedes vorsieht. Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, eine Rückerstattung von Beiträgen setze generell in jedem Fall das Ausscheiden eines Mitgliedes bzw. einzelner Liegenschaften voraus. Vielmehr ergibt sich aus den angeführten Bestimmungen des Gesetzes über die Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis (§ 77 Abs. 3 lit. i WRG 1959), zusammen mit dem Umstand, daß es sich bei Streitigkeiten über Rückforderungen bereits bezahlter Beiträge um solche aus dem Genossenschaftsverhältnis handelt (vgl. das o.a. hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1989), die Zuständigkeit der genossenschaftlichen Streitschlichtungseinrichtung und in der Folge der Wasserrechtsbehörde (§ 85 Abs. 1 WRG 1959), über derartige Ansprüche auch bei aufrechter Mitgliedschaft des die Beiträge Rückfordernden zu entscheiden. Die belangte Behörde wäre somit in Entsprechung der im Vorerkenntnis vom 30. Mai 1989 geäußerten Rechtsansicht verpflichtet gewesen, - unabhängig von der Frage, ob die von Rückerstattungsforderungen des Beschwerdeführers betroffenen Grundstücke noch in die Genossenschaft einbezogen sind - zur Lösung der Rechtsfrage die erforderlichen Sachverhaltsgrundlagen zu erheben. Insbesondere wäre es erforderlich gewesen, festzustellen, ob die Satzung der mP hinsichtlich der Ermittlung des Maßstabes für die Aufteilung der Kosten sowie hinsichtlich der Festsetzung der Mitgliedsbeiträge und ihrer Einhebung noch weitere, über die Bestimmungen des § 78 WRG 1959 hinausgehende Regelungen vorsieht. Das in den Verwaltungsakten enthaltene Exemplar der Satzungen besteht aus einem Formular, welches in der maßgeblichen Passage des § 6 nicht ausgefüllt ist. Auch hätte die belangte Behörde erheben müssen, welchen Inhalt die dem Beschwerdeführer gegenüber ergangenen Rückstandsausweise hatten. Weiters wäre es ihre Aufgabe gewesen, durch gezielte Befragung des Beschwerdeführers zu klären, worauf konkret sein Rückforderungsbegehren gerichtet ist; insbesondere, ob er der Auffassung ist, es seien ihm Beiträge gänzlich zu Unrecht auferlegt worden, oder diese Beiträge seien ihm zwar grundsätzlich zu Recht aber in überhöhtem Ausmaß vorgeschrieben worden.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer in der von der belangten Behörde am 28. Mai 1991 durchgeführten mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, er habe der Genossenschaft gegenüber die Ausscheidung der angeführten Grundstücke verlangt und diese habe dadurch, daß sie auf diesen Grundstücken keine Entwässerungsanlagen errichtet habe, ihr Einverständnis damit zu erkennen gegeben. Gegenstand des von der belangten Behörde durchzuführenden Verfahrens waren nämlich die bereits seit langem ohne Bezugnahme auf ein Ausscheiden der Grundstücke erhobenen Rückerstattungsforderungen des Beschwerdeführers, die durch die Behauptung des Ausscheidens keine Einschränkung erfahren haben, sodaß die von der belangten Behörde vorgenommene, auf die Frage des Ausscheidens der Grundstücke beschränkte Einengung des Verfahrensgegenstandes auf Grund der Aktenlage nicht gerechtfertigt ist.
Im angeführten Erkenntnis vom 30. Mai 1989 hat der Verwaltungsgerichtshof auch die Rechtsansicht ausgesprochen, daß die Frage, ob hinsichtlich derjenigen Rückstandsausweise, die dem Beschwerdeführer gegenüber erst nach dem am 10. Oktober 1977 von der Schlichtungsstelle der mP durchgeführten Schlichtungsversuch ausgestellt worden waren, ein weiterer Schlichtungsversuch erforderlich sei, noch einer behördlichen Klärung bedürfe. An diese ausdrücklich ausgesprochene Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes war die belangte Behörde gemäß § 63 Abs. 1 VwGG - unabhängig davon, daß in diesem Erkenntnis mehrere Rechtsmeinungen ausgesprochen worden waren (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Wien 1987, S. 733, angeführte Judikatur) - gebunden und somit verpflichtet, die der Klärung dieser Frage dienenden, erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen. Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde - offenbar ausgehend von der oben dargestellten verfehlten Rechtsanschauung - nicht nachgekommen (sekundärer Verfahrensmangel), sodaß es dem Verwaltungsgerichtshof auch im nunmehrigen Rechtsgang nicht möglich ist festzustellen, ob hinsichtlich dieser Rückstandsausweise das vorgeschriebene, genossenschaftsinterne Schlichtungsverfahren stattgefunden hat. Damit kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde allenfalls zufolge Fehlens eines eine Zuständigkeitsvoraussetzung bildenden Schlichtungsversuches hinsichtlich bestimmter Rückstandsausweise zur Behandlung der Rückforderungsansprüche des Beschwerdeführers teilweise nicht zuständig war.
Da somit die belangte Behörde die Rechtslage in mehrfacher Hinsicht verkannt und den angefochtenen Bescheid sohin mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat, mußte dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich im Rahmen des erhobenen Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Der Ersatz von Stempelgebühren konnte nur im gesetzlich erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1991070091.X00Im RIS seit
12.11.2001