TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 96/20/0125

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.1996
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §8;
AVG §56;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/20/0088 E 4. September 1996

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Jänner 1996, Zl. 4.343.673/9-III/13/95, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides reiste die Beschwerdeführerin, eine irakische Staatsangehörige, am 6. Oktober 1993 in das Bundesgebiet ein. Sie stellte am 31. Oktober 1993 einen Asylantrag, der sowohl in erster als auch in zweiter Instanz abgewiesen wurde. Mit Erkenntnis vom 29. November 1994, Zl. 94/20/0573, der Beschwerdeführerin zugestellt am 19. April 1995, hob der Verwaltungsgerichtshof den Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Gegen den (erneut abweisenden) Ersatzbescheid vom 19. Jänner 1996 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.

Am 14. Februar 1995 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bundesasylamt die Feststellung, daß sie "jenem Personenkreis angehöre, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbewilligung nach § 8 Asylgesetz 1991 erfüllt", weil die Abschiebung der Beschwerdeführerin rechtlich und tatsächlich unmöglich sei und der Beschwerdeführerin die Rückkehr in den Irak aus näher dargelegten Gründen nicht zumutbar sei. Nach der Darstellung im angefochtenen Bescheid verband die Beschwerdeführerin ihren Feststellungsantrag mit der "Anregung", ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Asylgesetz 1991 zu bewilligen. Zur Begründung von Antrag und "Anregung" führte sie u.a. aus, ihre Abschiebung in den Irak sei aus den im § 37 Abs. 1 und 2 Fremdengesetz genannten Gründen unzulässig.

Das Bundesasylamt wies den Feststellungsantrag als unzulässig zurück, wogegen die Beschwerdeführerin Berufung erhob.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde "in Erledigung Ihrer Berufung" den Feststellungsantrag als unzulässig zurück. Sie führte begründend aus, die Berufung stelle in keiner Weise auf die Frage der Zulässigkeit des Feststellungsantrages ab und verkenne, daß der Antrag nicht auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Asylgesetz 1991 (diese sei nur "angeregt" worden), sondern ausdrücklich und mit Bestimmtheit auf die bescheidmäßige Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen dafür gerichtet gewesen sei. Ein öffentliches Interesse oder ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an einer solchen Feststellung sei nicht erkennbar. Das Vorliegen der isolierten Voraussetzungen des § 8 Asylgesetz 1991 sei in keinem anderen behördlichen Verfahren Vorfrage im technischen Sinn, und es sei der Beschwerdeführerin auch zumutbar, sich des Rechtsschutzinstrumentariums des Fremdengesetzes zu bedienen, auf das die Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Antrages selbst verwiesen habe. Dieses Gesetz sei "sedes materiae" des von der Beschwerdeführerin "materiell Angestrebten". Es brauche daher nicht erörtert zu werden, inwieweit die Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen einer behördlichen Ermessensentscheidung sich "überhaupt deutlich denken" lasse.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung des Rechtes der Beschwerdeführerin auf Feststellung, daß sie dem Personenkreis angehöre, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbewilligung nach § 8 Asylgesetz 1991 erfüllt, und wegen Verletzung des Rechtes auf Beachtung des Refoulement-Verbots des Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention. Geltend gemacht wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides.

Die Beschwerdeführerin bekräftigt, ihr Begehren habe auf "Feststellung der Voraussetzungen des § 8 Asylgesetz" gelautet.

Sie führt dazu weiter aus:

"Ohne hier nun näher in die Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung der unsystematischen Abweichung hins. der Antragslegitimation (arg: "von Amts wegen") einzutreten, ist das Begehren in der Art, in der sie die belangte Behörde für möglich hält, dem Gesetzeswortlaut nach nicht zulässig, und legt die Behörde damit das Gesetz falsch aus."

Der Feststellungsantrag sei "sohin hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes sehr wohl zulässig". Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei ein Feststellungsbescheid auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage zulässig, wenn seine Erlassung für eine Partei notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung sei oder einer Partei sonstige Rechtsnachteile drohten. Das Parteiinteresse der Beschwerdeführerin gründe sich darauf, daß ihr Rechtsnachteile drohten, die sie "nur mit der begehrten Feststellung ... abwenden" könne. Die Beschwerdeführerin könne ihren "Aufenthalt auf die von der erkennenden Behörde in geradezu zynischer Weise - ohne meine persönlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen - herangezogene Rechtsschutzinstrumentarien des Fremdengesetzes nicht stützen". Da bei der Beschwerdeführerin Sichtvermerksversagungsgründe nach § 10 Abs. 2 (wohl gemeint: Abs. 1) Z. 2, 3 und 7 Fremdengesetz verwirklicht seien, könne sie nach § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz keine Aufenthaltsbewilligung erlangen. Da "im Asylverfahren" die Einreise der Beschwerdeführerin "als illegal qualifiziert" worden sei, drohe ihr auch eine Bestrafung nach § 82 Abs. 1 Fremdengesetz. Dazu führt die Beschwerdeführerin weiter aus:

"Nur die Feststellung, daß ich gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1991 zum befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt bin, schützt mich gegen Verwaltungsstrafen und Erlassung bzw. Vollstreckung einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes.

Die Mittellosigkeit eines Fremden verwirklicht nämlich darüberhinaus aber auch einen Grund zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes (§ 18 Abs. 2 Z. 7 FrG).

Die Gründe, warum das Interesse der Partei am Bescheid hier ein besonderes Gewicht hat, sind offensichtlich, es geht um die Frage, ob ich in Österreich bleiben darf oder ob ich wegen unrechtmäßigen Aufenthalts auszuweisen und schließlich abzuschieben bin. .....

Mir ist auch keinesfalls zuzumuten, die Unsicherheiten bezüglich der in meinem Fall bestenfalls gewährten Durchsetzungsaufschübe hins. einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes gewärtigen zu müssen und stellt dies auch keinesfalls einen dauerhaften Schutz im Sinne des Art. 33 GFK dar."

Im gegenständlichen Fall bestehe auch ein öffentliches Interesse an der begehrten Feststellung. Aus in der Beschwerde näher dargelegten Gründen sei es nämlich gesetzwidrig, daß § 8 Asylgesetz 1991 aufgrund eines Erlasses praktisch überhaupt nicht angewendet werde. Da § 8 Asylgesetz 1991 praktisch - unrechtmäßigerweise - totes Recht darstelle, sei es "im öffentlichen Interesse im gegenständlichen Fall geradezu geboten, die Feststellung, die Voraussetzungen des § 8 AsylG seien gegeben, zu beantragen. Menschenrechtliche Flüchtlinge dem Dahinvegetieren durch Nichtlegalisieren ihres Aufenthaltes auszusetzen, liegt nämlich wohl kaum im öffentlichen Interesse".

Der Rest der Beschwerdeausführungen gilt der Begründung der Rechtsansicht, die Beschwerdeführerin hätte einen Rechtsanspruch auf ERTEILUNG der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Asylgesetz 1991 (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/20/0800). Die Beschwerdeführerin habe mit ihrem Antrag die "de facto eingeschränkte, jedoch de lege bestehende Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Behörde" in Anspruch genommen, die Behörde jedoch "gesetzwidrig eine Sachentscheidung abgelehnt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin zeigt in keinem Punkt schlüssig auf, inwiefern ihre rechtlichen Interessen durch die begehrte Feststellung gefördert würden, WENN IHR EINE BEFRISTETE AUFENTHALTSBERECHTIGUNG NACH § 8 ASYLGESETZ 1991 NICHT ERTEILT WIRD, oder inwiefern es der Feststellung noch bedürfte, wenn eine solche Erteilung erfolgt. Nichts anderes gilt auch für die behaupteten öffentlichen Interessen, zu deren Durchsetzung die Beschwerdeführerin in dem auf den Schutz ihrer subjektiven Rechte beschränkten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auch nicht legitimiert ist.

Die schon ihrem Inhalt nach unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996200125.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten