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L24009 Gemeindebedienstete WienNorm
AVG §1Rechtssatz
Werden gegen eine Erledigung von mehreren Parteien (zulässige und rechtzeitige) Beschwerden erhoben und ist die angefochtene Erledigung nicht trennbar, so ist darüber in einem einheitlichen Verfahren durch ein einheitliches Erkenntnis abzusprechen. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Sachentscheidung ergibt sich aus § 59 Abs. 1 AVG, wonach der Spruch der Entscheidung "die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge ... zur Gänze zu erledigen hat", iVm § 17 VwGVG 2014. In diesem Sinne wurde schon zur Regelung des Berufungsverfahrens in § 66 Abs. 4 AVG die Auffassung vertreten, dass bei mehreren Berufungen gegen insofern untrennbare Bescheidteile durch einheitliche Entscheidung gegenüber allen Parteien vorzugehen ist. Die Rechtslage nach § 28 VwGVG 2014 hinsichtlich der Entscheidung über Bescheidbeschwerden durch die VwG ist insofern grundsätzlich gleichartig, dementsprechend wird in der Literatur zum Teil auch explizit die Auffassung vertreten, dass genauso wie bei Berufungen bei Bescheidbeschwerden gegen untrennbare Bescheidteile durch mehrere Parteien ein einheitliches Verfahren mit einem einheitlichen abschließenden Erkenntnis zu ergehen hat (vgl. insbesondere Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 [2019] Rz. 564 und 840, und die dazu dargelegte Judikatur). Im vorliegenden Fall war die Frage der Strafbemessung Gegenstand des Verfahrens vor dem VwG, wozu es diametrale Vorbringen des Disziplinarbeschuldigten und der Disziplinaranwältin in deren Beschwerden gab. Die angefochtene Entscheidung war somit nicht trennbar und es wäre über beiden Beschwerden in einem einheitlichen Verfahren durch ein einheitliches Erkenntnis abzusprechen gewesen. Indem das VwG der Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten partiell stattgegeben hat, hat es (auch wenn es darüber nicht ausdrücklich abgesprochen hat) inzident auch die Beschwerde der Disziplinaranwältin erledigt, weil § 59 AVG iVm § 17 VwGVG 2014 einer neuerlichen Entscheidung in dieser Rechtssache entgegensteht. In diesem Disziplinarverfahren nach der Wr DO 1994 ist (nach § 74a Abs. 2 Z 2 legcit.) die Entscheidung durch einen Senat des VwG nur bei Beschwerden des Disziplinaranwalts vorgesehen. Geht man aber nach dem Vorgesagten davon aus, dass im Falle mehrerer Beschwerden gegen einen untrennbaren Bescheid eine einheitliche Entscheidung zu ergehen hat, muss das konsequenterweise bedeuten, dass bei gleichzeitiger Erhebung der Beschwerde durch den Disziplinarbeschuldigten und der Disziplinaranwältin der Senat zuständig ist.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidung Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Instanzenzug sachliche Zuständigkeit Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090067.L01Im RIS seit
18.10.2022Zuletzt aktualisiert am
18.10.2022