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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Anträge der M GmbH in B, vertreten durch Mag. Dr. Maria Lisa Aidin, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Paracelsusstraße 27, betreffend Parteiwechsel, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 19. Jänner 2022, X, wurde über das Vermögen der M GmbH das Konkursverfahren eröffnet und die A Rechtsanwälte GmbH in G, zum Masseverwalter bestellt.
2 Mit Beschluss vom 4. Juli 2022, Ra 2022/16/0032-17, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision der Stadtgemeinde Bad Aussee gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 2. Februar 2022, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht und Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit zurück, und trug der Stadtgemeinde Bad Aussee auf, der Mitbeteiligten in diesem Revisionsverfahren, der A Rechtsanwälte GmbH als Masseverwalter im Konkurs der M GmbH, Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 zu ersetzen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2022 wurde der Mitbeteiligten am 13. Juli 2022 zugestellt.
3 Der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Juni 2022, Y, mit dem der Antrag der S GmbH vom 2. Dezember 2020 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M GmbH nach Aufhebung des Beschlusses vom 19. Jänner 2022 und Zurückverweisung an das Erstgericht abgewiesen wurde, wurde mit 15. Juli 2022 rechtskräftig.
4 Mit Schriftsatz vom 4. August 2022 brachte die Antragstellerin die gegenständlichen Anträge auf „amtswegige Berichtigung [in eventu auf Berichtigung] des Beschlusses zu GZ Ra 2022/16/0032-17 vom 04.07.2022 dahingehend, dass die M GmbH als beteiligte Partei geführt wird“, sowie „auf Bestimmung der Kosten der M GmbH für die Einbringung der Revisionsrekursbeantwortung vom 09.06.2022“ in näher bezeichneten Umfang beim Verwaltungsgerichtshof ein.
5 Nach der hg. Judikatur zur Konkursordnung (KO) idF vor der Novellierung (und Umbenennung in Insolvenzordnung) durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 29, vertritt der Masseverwalter die Gemeinschuldnerin (nunmehr: Schuldnerin; siehe § 275 Abs. 1 Z 23 IO) auch im Verwaltungsverfahren, „wenn die Masse betroffen ist“. Nur der Masseverwalter ist insofern auch zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt. Während der Anhängigkeit des Konkurses können gemäß § 6 Abs. 3 KO nur Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Gemeinschuldners, vom Gemeinschuldner selbst anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Bereits anhängige Verwaltungsverfahren werden zwar nicht von der Unterbrechungswirkung des § 7 Abs. 1 KO (betreffend alle „anhängigen Rechtsstreitigkeiten“, worunter nur zivilrechtliche Verfahren zu verstehen sind) umfasst, doch endet die Prozessfähigkeit des Gemeinschuldners auch für diese Verfahren mit der Eröffnung des Konkurses, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die im vorstehenden Sinn die Masse nicht betreffen („das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen“). Partei in solchen Verfahren ist ebenfalls der Masseverwalter. Damit kommt aber die Vertretungsbefugnis hinsichtlich einer allfälligen Akteneinsicht in solchen Verwaltungsverfahren dem Masseverwalter zu (vgl. VwGH 21.2.2005, 2004/17/0173; VwGH 7.12.2006, 2005/07/0172). Auch das Recht der Erhebung einer Beschwerde an den VwGH kam in solchen Fällen nur dem Masseverwalter zu.
Eine inhaltliche Änderung der für diese Judikatur maßgeblichen Bestimmungen der KO ist durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 nicht eingetreten (siehe insbesondere § 2 Abs. 2 IO über die Entziehung des Vermögens aus der freien Verfügung des Schuldners (früher § 1 Abs. 1 KO), § 3 Abs. 1 über die Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Schuldners, §§ 6 und 7 über die Wirkung der Insolvenzeröffnung in Ansehung von Rechtsstreitigkeiten sowie § 81a Abs. 2 über die Verpflichtung des Insolvenz- bzw. Masseverwalters zur Führung von die Masse betreffenden Rechtsstreitigkeiten - vgl. VwGH 22.10.2013, 2012/10/0002).
6 Durch eine Aufhebung des Konkurseröffnungsbeschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag bleiben die Wirkungen der Konkurseröffnung nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes solange aufrecht, bis nicht eine rechtskräftige Abweisung des Konkurseröffnungsantrages vorliegt (RIS Justiz RS0118048; vgl. aus der ständigen Rspr. etwa OGH 29.9.2020, 8 Ob 79/20f zur IO).
7 Mitbeteiligte in dem Revisionsverfahren zu Ra 2022/16/0032 war somit bis zur rechtskräftigen Abweisung des Insolvenzantrages im Insolvenzverfahren über das Vermögen der M GmbH des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz zu 25 S 6/22b-110 mit 15. Juli 2022 die A Rechtsanwälte GmbH.
8 Die der Sache nach nicht auf Berichtigung gemäß § 43 Abs. 7 VwGG, sondern auf nachträglichen Austausch der mitbeteiligten Partei im Revisionsverfahren zu Ra 2022/16/0032, sowie auf Zuspruch von Aufwandersatz gerichteten Anträge waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 7. September 2022
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022160032.L03Im RIS seit
17.10.2022Zuletzt aktualisiert am
17.10.2022