Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde
1) des A L und 2) der J L, beide in E und beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12. Juli 1995, Zl. 1/01-33.739/1-1995, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 6. November 1981 war dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung zur Verrohrung eines Gerinnes auf bestimmt bezeichneten Grundstücken in einer Länge von ca. 70 m erteilt worden. Die Beschwerdeführer erweiterten in der Folge die Verrohrung dieses Gerinnes auf einer Teilstrecke von ca. 20 m, ohne hiefür um eine wasserrechtliche Bewilligung angesucht zu haben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 leg. cit. im Instanzenzug dazu verhalten, diese als eigenmächtige Neuerung beurteilte weitere Gerinneverrohrung bis zum 30. September 1995 zu beseitigen. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung mit den Ausführungen des von der Behörde erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, welcher dargestellt hatte, daß eine Gerinneverrohrung als naturfremde Verbauungstype anzusehen sei, die sowohl aus gewässerökologischer als auch aus hydraulischer Sicht abzulehnen sei. Wenn die Wasserführung des Gerinnes im Trockenwetterfall auch gering sei, bleibe die Funktion des Gerinnes als Lebensraum für Kleinstlebewesen dennoch auch bei geringer Wasserführung erhalten, welche Funktion durch eine Verrohrung eines Gerinnes aber ausgeschlossen werde. Die von den Beschwerdeführern vorgenommene Erweiterung der seinerzeit bewilligten Gerinneverrohrung sei in der bestehenden Form nicht bewilligungsfähig, da ihr öffentliche Interessen im Sinne einer Hintanhaltung eines schädlichen Einflusses auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer des natürlichen Gewässers und einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers entgegenstünden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehren; dem Inhalt ihres Vorbringens nach erachten sie sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben des ihnen gegenüber erlassenen wasserpolizeilichen Auftrages zur Beseitigung der Gerinneverrohrung als verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Unter einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne dieser Bestimmung ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung - sofern sie einer solchen überhaupt zugänglich sind - erforderlich gewesen wäre, aber nicht erwirkt worden ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 24. September 1991, SlgNF 13.492/A). Die rechtmäßige Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 setzt die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens voraus, in dem mängelfrei das Vorliegen der erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nachgewiesen wird, wobei die Frage, ob eine ohne Bewilligung vorgenommene Maßnahme einer Bewilligung bedurft hätte, im Verfahren zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages als Hauptfrage zu beurteilen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, 95/07/0084).
Grundsätzlich zutreffend hat die belangte Behörde die Bestimmung des § 41 WRG 1959 als jene Vorschrift erkannt, die geeignet sein konnte, die von den Beschwerdeführern gesetzte Maßnahme bewilligungspflichtig zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juni 1992, 89/07/0057). Die belangte Behörde hat es allerdings unterlassen, die von ihr unterstellte Bewilligungspflicht der von den Beschwerdeführern gesetzten Maßnahme im Lichte der Tatbestandsvoraussetzungen des § 41 WRG 1959 konkret zu prüfen und solche Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, die eine Kontrolle der rechtlichen Beurteilung über die Bewilligungspflicht der von den Beschwerdeführern vorgenommenen Erweiterung der Gerinneverrohrung ermöglichen.
Gemäß § 41 Abs. 1 WRG 1959 muß zu den dort genannten Maßnahmen vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde nämlich nur dann eingeholt werden, wenn diese Maßnahmen in öffentlichen Gewässern gesetzt werden. Die belangte Behörde hat durch Aufrechterhaltung des Spruches des Bescheides der Behörde erster Instanz die Bewilligungspflicht der Gerinneverrohrung auf § 41 Abs. 1 WRG 1959 gestützt, ohne jedoch die Feststellung zu treffen, daß es sich beim verrohrten Gerinne um ein öffentliches Gewässer handeln würde, was der Aktenlage nach wohl auch nicht als offensichtlich angesehen werden kann. Eine Bewilligungspflicht für die Gerinneverrohrung aus § 41 Abs. 2 WRG 1959 wiederum hätte vorausgesetzt, daß die von den Beschwerdeführern gesetzte Maßnahme geeignet sein konnte, entweder auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern einzuwirken. Auch zum Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen einer Bewilligungspflicht nach § 41 Abs. 2 WRG 1959, welche die belangte Behörde durch Übernahme des Spruches des Bescheides der Wasserrechtsbehörde erster Instanz allerdings ohnehin nicht angenommen zu haben scheint, fehlte es an jeglichen Sachverhaltsfeststellungen darüber, auf welche fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in welchen öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung durch die von den Beschwerdeführern gesetzte Maßnahme entstehen könnte (vgl. hiezu das in einem ähnlich gelagerten Fall ergangene hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, 94/07/0184).
Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt bedarf somit in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung, sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben war, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen bedurfte. Mit der Entscheidung in der Sache erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag der Beschwerdeführer, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995070171.X00Im RIS seit
12.11.2001