Entscheidungsdatum
12.09.2022Index
83 Naturschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Y (= belangte Behörde) vom 29.04.2022, Zl ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben, und
1.1. Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses betreffend den Vorwurf, AA, Adresse 1, **** Z, habe als Abfallbesitzer zwischen dem 08.03.2021 und dem 09.03.2021 gefährlichen Abfall, nämlich Druckgaspackungen (Spraydosen) mit Restinhalten (SNR: ***) insbesondere eine Dose eines Bremsreinigers, in der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, mit der Absicht, ihn dort langfristig zu belassen, in einem näher bezeichneten Restmüllbehälter und sohin außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten, unzulässig abgelagert und mit anderen Abfällen vermischt, wodurch abfallrechtlich erforderliche Untersuchungen oder Behandlungen erschwert oder behindert worden seien, sowie
1.2. Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses betreffend den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe als Abfallbesitzer zwischen dem 08.03.2021 und dem 09.03.2021 nicht gefährlichen Abfall, nämlich Weiß- bzw Verpackungsglas (SNR: ***) Altpapier, Papier und Pappe unbeschichtet (SNR: ***), Aluminium, Aluminiumfolien (SNR: ***), Kunststofffolien (SNR: ***),
PVC-Abfälle (SNR ***), Holzabfälle, organisch behandelt (zB ausgehärtete Lacke, organische Beschichtungen; SNR: ***), in der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, mit der Absicht, ihn dort langfristig zu belassen, in einem näher bezeichneten Restmüllbehälter und sohin außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten unzulässig abgelagert und mit anderen Abfällen vermischt, wodurch abfallrechtlich erforderliche Untersuchungen oder Behandlungen erschwert oder behindert worden seien
aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß
§ 45 Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt sowie
1.3. die in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 850,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden, auf Euro 425,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden, und die in Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 425,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, auf Euro 225,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Stunden, herabgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass
es im angefochtenen Straferkenntnis
bei den Verwaltungsvorschriften, die durch die Taten verletzt worden sind
(§ 44a Z 2 VStG):
zu 1. „§ 79 Abs 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in Verbindung mit (iVm) § 15 Abs 2 Z 1 und 3 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002, in der Fassung (idF)
BGBl I Nr 71/2019“
zu 2. „§ 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 iVm § 15 Abs 2 Z 1 und Abs 3 AWG 2002,
BGBl I Nr 102/2002, idF BGBl I Nr 71/2019“
und bei den Strafsanktionsnormen (§ 44a Z 3 VStG):
zu 1.: „§ 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002, idF BGBl I Nr 71/2019“ und
zu 2.: „§ 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 BGBl I Nr 102/2002, idF BGBl I Nr 71/2019“
zu lauten hat.
2. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG iVm § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens mit Euro 65,00 neu bestimmt.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis vom 29.04.2022, Zl ***, hat die belangte Behörde AA (= Beschwerdeführer) zur Last gelegt, zwischen dem 08.03.2021 und 09.03.2021
1. einen näher bestimmten gefährlichen Abfall in der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, mit der Absicht, ihn dort langfristig zu belassen, in einem näher bezeichneten Restmüllbehälter und sohin außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten, unzulässig abgelagert und mit anderen Abfällen vermischt zu haben, wodurch abfallrechtlich erforderliche Untersuchungen oder Behandlungen erschwert oder behindert worden seien, sowie 2. einen näher bestimmten nicht gefährlichen Abfall in der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, mit der Absicht, ihn dort langfristig zu belassen, in einem näher bezeichneten Restmüllbehälter und sohin außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten unzulässig abgelagert und mit anderen Abfällen vermischt zu haben, wodurch abfallrechtlich erforderliche Untersuchungen oder Behandlungen erschwert oder behindert worden seien. Dadurch habe er zu 1. eine Verwaltungsübertretung nach
§ 79 Abs 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in Verbindung mit (iVm)
§ 15 Abs 2 Z 1 und Abs 3 AWG 2002 begangen, weshalb über ihn gemäß § 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 850,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzstrafe von 7 Stunden, verhängt wurde; zu 2. habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 iVm § 15 Abs 3 AWG 2002 begangen, weshalb über ihn gemäß § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 eine Geldstrafe in Höhe von Euro 450,00, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden, verhängt wurde. Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens hat die belangte Behörde mit insgesamt Euro 130,00 festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 02.06.2022 hat AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Y, Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29.04.2022, Zl ***, erhoben und beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; hilfsweise wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG einzustellen oder allenfalls gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG eine Ermahnung auszusprechen; sofern das angefochtene Straferkenntnis nicht aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt werden sollte, wurde zumindest eine Herabsetzung der verhängten Strafen auf die Hälfte gemäß
§ 20 VStG beantragt.
Mit Schriftsatz vom 20.06.2022, Zl *** hat die belangte Behörde den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 29.04.2022 dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.
Am 30.08.2022 hat die öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers verwies auf das bisherige Vorbringen, insbesondere die Beschwerde vom 02.06.2022. Ergänzend hielt er fest, dass die belangte Behörde es auch verabsäumt habe, § 33a VStG zu berücksichtigen.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei, durch die Einvernahme der CC, des DD sowie des Diplominformatikers
(Dipl. Inf.) EE als Zeugin/als Zeugen, durch die Einvernahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen Ing. FF sowie durch Verlesung des behördlichen Aktes und des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, jeweils samt Beilagen.
Ergänzende Beweisanträge wurden nicht gestellt und weitere Beweise auch nicht aufgenommen.
II. Beschwerdevorbringen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe es verabsäumt, sich mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, dass nicht alle im angefochtenen Straferkenntnis aufgelisteten gefährlichen und nicht gefährlichen Abfallarten von ihm stammen würden. Insbesondere sei weder er selbst noch seine Mutter zu den der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Lichtbildern befragt worden.
Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde mit der Entsorgung von näher genannten Abfällen im Restmüllcontainer ende. Weshalb die weiteren Geschehnisse am Abend des 08.03.2021 sowie in den darauffolgenden Tagen keine Berücksichtigung gefunden hätten, habe die belangte Behörde nicht begründet. Dabei verweist der Beschwerdeführer auf die Aussage seiner Mutter als Zeugin, wonach er über deren Rat die von ihm zunächst im Restmüllcontainer entsorgten Abfälle von dort wieder entfernt habe. Eine endgültige Entledigung der Gegenstände durch ihn [= den Beschwerdeführer] im Sinne des
§ 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 sei noch gar nicht erfolgt. Er [= der Beschwerdeführer] habe somit im Sinne des § 8 Abs 2 VStG noch keine strafbare Handlung gesetzt, sondern einen Erfolg abgewendet.
Selbst wenn er [= der Beschwerdeführer] die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AWG 2002 begangen hätte, hätte gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG von einer Bestrafung abgesehen und das Verfahren eingestellt werden müssen, jedenfalls wäre statt der Bestrafung lediglich eine Ermahnung zu erteilen gewesen. Die Kriterien für die Anwendung des
§ 45 Abs 1 Z 4 VStG seien jedenfalls erfüllt gewesen.
Die belangte Behörde hätte auch nicht berücksichtigt, dass er [= der Beschwerdeführer] zum Tatzeitpunkt, also am 08.03.2021, 17 Jahre alt und somit als Jugendlicher gemäß § 4 Abs 2 VStG anzusehen gewesen wäre. Da er unbescholten sei, die Abfallgegenstände nach entsprechendem Hinweis durch den Nachbarn entsorgt habe und auch keine Erschwerungsgründe vorlägen, seien die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG erfüllt. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die verhängten Strafen jeweils auf die Hälfte herabzusetzen.
Der Beschwerdeführer weist zudem auf einen Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hin. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt – Seite 5 des angefochtenen Straferkenntnisses – habe er [= der Beschwerde-führer] weder Glas noch Altpapier, noch Aluminium, noch PVC-Abfälle, noch Holzabfälle im besagten Restmüllcontainer entsorgt. Dennoch sei ihm die gesetzwidrige Entsorgung der eben genannten, als Abfälle zu qualifizierenden Gegenstände zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses konkret angelastet worden. Aufgrund des aufgezeigten Widerspruches zwischen dem Spruch und der Begründung erfülle das angefochtene Straferkenntnis nicht die Anforderung des § 44a Z 1 und 2 VStG und sei daher rechtswidrig.
Ergänzend führt der Beschwerdeführer noch an, dass die belangte Behörde § 33a VStG, wonach die Beratung Vorrang vor einer Bestrafung habe, nicht entsprechend gewürdigt habe.
III. Sachverhalt:
1. Allgemeine Feststellungen:
Der am XX.XX.XXXX geborene Beschwerdeführer, wohnhaft Adresse 1, **** Z, ist derzeit als Mechanikerlehrling tätig. Sein monatliches Nettoeinkommen beträgt rund Euro 1.100,00. Er verfügt über kein sonstiges Vermögen. Ihn treffen keine Sorgepflichten.
Im Verwaltungsstrafregister scheint eine Vormerkung wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem KFG 1967 auf.
2. Zum Tatvorwurf:
CC, die Mutter des Beschwerdeführers, wohnhaft Adresse 1, **** Z, war am 08.03.2021 Mieterin der Garagenbox ** der Wohnanlage
Adresse 2 in **** Y. Diese Garagenbox benutzte deren Sohn (= der Beschwerdeführer) als Abstellplatz für sein Moped, aber auch zur Lagerung von Teilen von Mopeds. Darüber hinaus führte der Beschwerdeführer in dieser Garagenbox Arbeiten an Mopeds/Motorrädern – teilweise auch gemeinsam mit Kollegen/Freunden – durch.
Am späten Abend des 07.03.2021 (Sonntag) hielt sich der Beschwerdeführer mit einer weiteren Person – GG – in der Garagenbox ** der Wohnanlage Adresse 2 auf. Der Beschwerdeführer und sein Kollege wollten verschiedene, in der Garage befindliche Gegenstände entsorgen. Deshalb brachten sie zumindest einen Restmüllcontainer der Wohnlage aus dem Müllraum in die Garage.
Im Zuge der Entrümpelung der Garage hat unter anderem der Beschwerdeführer mit Öl verschmutzte Papierfetzen, eine Spraydose (Bremsreiniger), Getriebeteile eines Mopeds, die Sitzbank eines Mopeds sowie weitere, Mopeds zuzuordnenden Teile, wie Bremsbacken, eine Lenkstange, Gasgriffe, Rückspiegel etc, in den Restmüllbehälter eingebracht. Die eben angeführten Gegenstände befanden sich jedenfalls am 08.03.2021 um 13:08 Uhr in einem zur Wohnanlage Adresse 2, **** Y, gehörenden Restmüllbehälter. Zu diesem Zeitpunkt hat der Zeuge Dipl. Inf. EE den Inhalt eines Restmüllbehälters der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, auf zwei Lichtbildern (siehe Beilage A zur Niederschrift) festgehalten. Dass die Spraydose (Bremsreiniger) befüllt war, lässt sich nicht feststellen.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Beschwerdeführer die in Spruchpunkt 1.2. des gegenständlichen Erkenntnisses angeführten Gegenstände – Weiß- bzw Verpackungsglas, unbeschichtete(s) Papier und Pappe, Aluminium und Aluminiumfolien, Kunststofffolien,
PVC-Abfälle sowie organisch behandelte Holzabfälle, wie ausgehärtete Lacke oder organische Beschichtungen, – in den Restmüllbehälter eingebracht hat.
Jeweils am Mittwoch findet die Entleerung der Restmüllbehälter der Wohnlage Adresse 2, **** Y, statt. Die Abholung des Restmülls erfolgt durch die Yer Kommunalbetriebe AG.
Der Zeuge Dipl. Inf. EE hat unter anderem die von ihm am 08.03.2021 angefertigten Lichtbilder an JJ, damals Umwelt- und Abfallberater der Yer Kommunalbetriebe AG, Geschäftsbereich Abfallwirtschaft, weitergeleitet. Aufgrund dessen erging an jene Mitarbeiter, die am 10.03.2021 die Abholung des Restmülls der Anlage Adresse 2, **** Y durchführen sollten, die ausdrückliche Anordnung, den Inhalt der dort zu entsorgenden Restmüllbehälter genau zu kontrollieren. Insbesondere war anhand der vom Zeugen Dipl. Inf. EE zur Verfügung gestellten Lichtbilder zu kontrollieren, ob Metall-, Karosserie- oder Rahmenteile von Motorrädern/Mopeds in den Restmüllbehältern entsorgt worden seien. Diesem Auftrag kamen die Mitarbeiter, unter anderem der Zeuge KK, nach. Die Entleerung der Restmüllbehälter wurde so vorgenommen, dass eine Kontrolle des vorgefundenen Restmülls stattfinden konnte. Dabei wurden jene Gegenstände, die sich bereits zu Mittag des 08.03.2021 in einem Restmüllbehälter befanden, vorgefunden. Die Entleerung der Restmüllbehälter wurde dann aufgrund der vorgefundenen, Mopeds und Motorrädern zuzuordnenden Gegenstände nicht weiter fortgesetzt.
Am 10.03.2021 haben CC und ihr Ehemann, die Eltern des Beschwerdeführers, mehrere nicht mehr gebrauchte Gegenstände von Mopeds am Recyclinghof der Gemeinde Z entsorgt. Diese Gegenstände waren zuvor in der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, abgeholt worden. Der Beschwerdeführer und seine Freunde halfen, das Auto der Eltern des Beschwerdeführers zu beladen. Dass diese Gegenstände bereits vor der vorgesehenen Abholung des Restmülls durch die Yer Kommunalbetriebe AG am 10.03.2021 aus den Restmüllbehältern der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, entnommen waren, steht nicht fest.
IV. Beweiswürdigung:
Die allgemeinen Feststellungen des Kapitels 1. stützen sich auf die Aussagen des Beschwerdeführers sowie die vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholten Auszüge aus dem Verwaltungsstrafregister.
Zur Frage des Einbringens von Mopedbestandteilen in einen oder mehrere Restmüllbehälter der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, liegen unterschiedliche, teils widersprüchliche Beweisergebnisse vor. Diese Beweisergebnisse würdigt das Landesverwaltungsgericht Tirol wie folgt:
Dipl. Inf. EE hat den Beschwerdeführer und dessen Kollegen – laut dem Beschwerdeführer handelt es sich dabei um GG – spätabends bei ihrer Tätigkeit in der Garagenbox ** der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, gefilmt. Die extrahierten Bilder wurden am 16.06.2021 an die belangte Behörde übermittelt und von dieser am 29.06.2022 an das Landesverwaltungsgericht Tirol weitergeleitet. Der genannte Zeuge hat im Zuge der mündlichen Verhandlung am 30.08.2022 durch Einsicht in sein Handy und damit nachvollziehbar dargelegt, dass die Videoaufnahme nach 23:00 Uhr am 07.03.2021 angefertigt wurde.
Auf einem der darauf extrahierten Lichtbilder ist klar erkennbar, dass sich in der Garagenbox ein Restmüllbehälter der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, befindet. Auch der Beschwerdeführer hat im Rahmen seiner Einvernahme zum Ausdruck gebracht, dass er und seine Kollegen die Garage „entrümpeln wollten“ und zu diesem Zweck auch einen Restmüllbehälter in die Garagenbox verbracht hatten.
Der Zeuge Dipl. Inf. EE hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachweisbar dargelegt, dass die als Beilage A zur Niederschrift genommenen beiden Lichtbilder von ihm stammen. Der Zeuge hat dies unter Vorlage der beiden Lichtbilder ausdrücklich festgehalten. Damit ist dokumentiert, dass sich jedenfalls in einem Restmüllbehälter der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, am 08.03.2022 um 13:08 Uhr, verschiedene, von Mopeds stammende Gegenstände befanden. Die genaue Uhrzeit der Aufnahme der beiden Lichtbilder (Beilage ./A) hat der Zeuge Dipl. Inf. EE anhand der Einsicht in sein Handy erläutert. Der Zeuge hat in weiterer Folge angegeben, diese beiden Lichtbilder an JJ, Yer Kommunalbetriebe AG, Geschäftsbereich Abfallwirtschaft, weitergeleitet zu haben. JJ habe ihm (= dem Zeugen Dipl. Inf. EE) mitgeteilt, im Zuge der Abholung des Restmülls am 10.03.2021 eine entsprechende Kontrolle zu veranlassen.
Der Zeuge KK, Berufskraftfahrer der Yer Kommunalbetriebe AG, hat im Rahmen seiner Einvernahme ausgesagt, dass an die zuständigen Mitarbeiter und folglich auch an ihn der klare Auftrag durch die Yer Kommunalbetriebe AG ergangen sei, dass in der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, die Restmüllbehälter auf nicht fachgemäß entsorgte Gegenstände zu überprüfen seien. Diese Überprüfung sollte insbesondere anhand der beiden, als Beilage ./A zum Akt genommenen Lichtbilder durchgeführt werden.
Laut der Aussage des Zeugen KK konnten insbesondere die auf den beiden Lichtbildern (Beilage ./A) abgebildeten Gegenstände bei der Kontrolle der Restmüllbehälter der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, vorgefunden werden. Folglich sei auch die Entleerung und Abholung des Restmülls am 10.03.2021 unterblieben.
Die Aussagen der Zeugen Dipl. Inf. EE und KK stimmen insbesondere mit den Angaben der von JJ im Auftrag der Yer Kommunalbetriebe AG erstatteten Anzeige vom 11.03.2021 überein. In dieser Anzeige heißt es wörtlich:
„Uns ist vorgestern durch einen Anwohner der Wohnanlage Adresse 2 ein Hinweis eingegangen, dass durch Nutzer der Garage G** Metallteile bzw. Karosserie- und Rahmenteile von Motorrädern, sowie verschiedene Problemstoffe, illegal im Restmüll der Anlage entsorgt wurden. Diesem Hinweis sind wir nachgegangen und konnten die genannten Teile, während der regulären Abholung des Restmulls, wiederfinden. Ebenfalls wurde uns durch einen Mitarbeiter der Abfallsammlung von einem starken Benzingeruch in einem der Behälter berichtet. Seine Aussage hierzu finden sie im Anhang.“ [Der Anhang stammte vom Zeugen KK].
In der Anzeige werden die vorgefundenen Motorradteile, wie Bowdenzüge, Verstrebungen, Leitungen etc, angeführt. Festgehalten wird, dass auch eine Bremsreinigerdose entsorgt worden sei. Der Anzeige sind neben den vom Zeugen Dipl. Inf. EE angefertigten Lichtbilder (Beilage A zur Niederschrift) weitere Lichtbilder, auf denen der Inhalt eines Restmüllbehälters zu sehen ist, beigefügt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 30.08.2022 ließ sich zwar nicht eruieren, von dem die zwei weiteren Lichtbilder stammen, auf denen Teile von Mopeds und eine Mopedbank in einem Restmüllbehälter zu erkennen sind. Da sie der Anzeige beigeheftet waren, ist aber davon auszugehen, dass es sich dabei ebenfalls um Restmüllbehälter der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, handelt.
Die angeführten Beweismittel bilden die Grundlage für die vom Landesverwaltungsgericht Tirol getroffenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer vor dem Mittag des 08.03.2021 die beschriebenen Gegenstände in einen Restmüllbehälter der Wohnanlage Adresse 2,
**** Y, eingebracht hat.
Der Beschwerdeführer hat zwar das ihm vorgeworfene Verhalten weitgehend bestritten, allerdings konnte er im Rahmen seiner Einvernahme überwiegend keine konkreten Aussagen treffen. Insbesondere vermögen seine Aussagen die Angaben der beiden genannten Zeugen nicht in Zweifel zu ziehen. Darüber hinaus liegen die bereits vom Landesverwaltungsgericht Tirol erwähnten Lichtbilder vor.
Dass der Beschwerdeführer und dessen Freunde bereits vor dem 10.03.2021 die unzulässigerweise in die Restmüllbehälter eingebrachten Mopedbestandteile herausgenommen hätten, ist für das Verwaltungsgericht Tirol unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen KK und der Anzeige vom 11.03.2021 wenig glaubhaft. Die Zeugin CC hielt im Rahmen ihrer Einvernahme fest, dass sie am 08.03.2021 nicht kontrolliert hätte, ob unzulässigerweise die in den Restmüllbehälter eingebrachten Gegenstände wieder herausgenommen worden seien. Sie schwächte ihre Aussage zwar danach etwas ab, konnte sich aber nicht erinnern, ob durch sie eine entsprechende Kontrolle am 08.03.2021 vorgenommen worden wäre. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat keinen Zweifel daran, dass CC und ihr Ehemann am 10.03.2021 Teile von Mopeds am Recyclinghof Z entsorgt haben und diese aus der Garagenbox ** der Wohnanlage Adresse 2, **** Y, stammten. Für das Landesverwaltungsgericht Tirol ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Herausnahme dieser Gegenstände aus den Restmüllbehältern erfolgte, nachdem die Yer Kommunalbetriebe AG am 10.03.2021 eine Entleerung der Restmüllbehälter wegen der dort vorgefundenen, nicht zum Restmüll zählenden Gegenstände (Mopedteile) verweigerte.
Der Beschwerdeführer brachte zwar eine Dose Bremsreiniger in den Restmüllbehälter ein. Ob diese befüllt war, lässt sich allerdings nach der unwidersprochenen Aussage des abfalltechnischen Amtssachverständigen Ing. FF anhand der vorliegenden Fotos nicht feststellen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer die in Spruch-
punkt 1.2. des gegenständlichen Erkenntnisses angeführten, als nicht gefährliche Abfälle zu qualifizierenden Gegenstände in den Restmüllbehälter eingebracht hat.
Aufgrund der dargelegten Beweiswürdigung trifft das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen des Kapitels 2. der Sachverhaltsfeststellung.
V. Rechtslage:
1. Abfallwirtschaftsgesetz 2002:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002, in den Fassungen BGBl I Nr 34/2006 (§ 15), BGBl I Nr 71/2019 (§ 79) und BGBl I Nr 200/2001 (§ 2), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2.
(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
[…]
(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind
[…]
2. „Siedlungsabfälle“
a) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;
b) gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen aus Haushalten ähnlich sind.
Siedlungsabfälle umfassen keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und keine Bau- und Abbruchabfälle. Gemischte Siedlungsabfälle gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaften nicht wesentlich verändert hat.
1. „gefährliche Abfälle“ jene Abfälle, die gemäß einer Verordnung nach § 4 als gefährlich festgelegt sind.
[…]
(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
1. ist ‚Abfallbesitzer‘
a) der Abfallerzeuger oder
b) jede Person, welche die Abfälle innehat
2. ist ‚Abfallerzeuger‘
a) jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder
b) jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder andere Arten der Abfallbehandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;
[…]“
„Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15. […]
(2) Das Vermischen oder Vermengen eines Abfalls mit anderen Abfällen ist unzulässig, wenn
1. abfallrechtliche Untersuchungen oder Behandlungen erschwert oder behindert werden,
[…]
(3) Abfälle dürfen außerhalb von
1. hiefür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
[…]“
„Strafhöhe
§ 79. (1) Wer
1. gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,
[…]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von € 850,00 bis € 41.200,00 zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von € 4.200,00 bedroht.
(2) Wer
[…]
3. nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3, 4 oder 4b sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen
§ 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,
[…]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8.400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2.100 € bedroht;
[…]
2. Abfallnachweisverordnung:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über ein Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnisverordnung 2020), BGBl II Nr 409/2020, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Geltungsbereich
§ 2. Diese Verordnung gilt für gefährliche und nicht gefährliche Abfälle gemäß dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002.“
§ 4. (1) Als gefährliche Abfälle gelten jene Abfallarten, die im Abfallsverzeichnis gemäß
Anhang 1 mit einem „g“ (gefährlich), sowie jene, die mit einem „gn“ (gefährlich, nicht ausstufbar) versehen sind.
[…]“
In Anhang 1 werden unter der Schlüsselnummer (SN) 54930 „feste fett- und ölverschmutzte Betriebsmittel (Werkstätten-, Industrie- und Tankstellenabfälle) sowie unter der SN 59803 „Druckgaspackungen (Spraydosen) mit Restinhalten“ geführt. Beide Abfallarten sind mit einem „G“ versehen.
[Die in Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten, mit den entsprechenden SN gekennzeichneten Abfallarten sind weder mit einem G noch mit einem GN versehen.]
3. Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der §§ 2, 11 und 12 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes (TAWG), LGBl Nr 3/2008 in der Fassung (idF) LGBl Nr 28/2011, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Spermüll ist jener Siedlungsabfall, der wegen seiner Größe oder Form nicht in die für die Sammlung des Siedlungsabfalls auf den einzelnen Grundstücken bestimmten Müllbehälter eingebracht werden kann.
(2) Getrennt zu sammelnde Siedlungsabfälle sind jene Siedlungsabfälle, die nach bundesrechtlichen Bestimmungen oder einer Verordnung der Landesregierung getrennt vom restlichen Siedlungsabfall zu sammeln sind.
(3) Restmüll (gemischter Siedlungsabfall) ist jener Siedlungsabfall, der nach der Trennung von den getrennt zu sammelnden Siedlungsabfällen und dem Sperrmüll verbleibt. Gemischte Siedlungsabfälle im Sinn des Europäischen Abfallverzeichnisses gelten auch dann weiterhin als gemischte Siedlungsabfälle, wenn sie einem Behandlungsverfahren unterzogen worden sind, das ihre Eigenschaft nicht wesentlich verändert hat.
(4) Sonstige Abfälle sind alle diesem Gesetz unterliegenden Abfälle mit Ausnahme der Siedlungsabfälle wie betriebliche Produktionsabfälle, Abfälle aus dem Bauwesen, Sandfanghinhalte, Rückstände aus der Kanalreinigung, Straßenkehricht