TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/21 LVwG-2022/25/2408-1

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Veröffentlicht am 21.09.2022
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Entscheidungsdatum

21.09.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, vertreten durch Rechtanwalt BB, Adresse 2, **** Y, vom 13.09.2022 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 22.08.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird Herrn AA folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:

„1. Datum/Zeit:          24.09.2021, 11:00

Ort:                               **** X, Adresse 2

Laut Anzeige des Zollamt Österreich, Zollstelle Flughafen W, vom 27.09.2021, GZ:***, wurde anlässlich einer Zollkontrolle am 24.09.2021 um 11:00 Uhr, beim CC-Paketversand in **** X, ein Paket mit 410 Dosen Snus, davon 260 Stück „DD White Dry“ sowie 150 Dosen „EE White Dry“ (vermutlich aus Dänemark) geöffnet und beschlagnahmt.

Im Zuge des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnten unter anderem Sie als

Empfänger dieser Sendung identifiziert werden.

Sie haben sich der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung dadurch schuldig gemacht, dass Sie gemeinsam mit FF die oben angeführten Tabakerzeugnisse bestellt haben, wodurch der Verkäufer beauftragt wurde, die Tabakerzeugnisse im Postweg zu versenden, obwohl der Versandhandel mit Tabakerzeugnissen nach § 2a Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz - TNRSG in Österreich verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

1.  § 14 Abs. 1 Zif. 2 i.V.m. § 2a Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz, BGBl. Nr. 431/1995. zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2019. (kurz: TNRSG) iVm § 7 Verwaltungsstrafgesetz 1991. BGBl. Nr. 52/1991. zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2018. (kurz: VStG 1991)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 750.00

16 Stunden

 

§ 14 Abs. 1 TNRSG.

BGBl. 431/1995 i.d.g.F.

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Das sichergestellte Paket, vermutlich aus Dänemark, mit 410 Dosen Snus wird gemäß § 14 Abs. 2 TNRSG eingezogen, für verfallen erklärt und vernichtet.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 75,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch

mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 825,00“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher Herr AA das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang und Inhalt nach anficht und durch seine Rechtsvertretung im Wesentlichen ausführt, dass laut dem bekämpften Straferkenntnis er Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung geleistet habe, dies allerdings nur fahrlässig, wie dies im bekämpften Straferkenntnis mehrmals festgehalten sei. Gemäß § 7 VStG sei aber nur ein vorsätzliches Handeln strafbar, weshalb auf Grund dieser Diskrepanz keine Tatbestandsmäßigkeit vorliege und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sei, weshalb ersatzlose Aufhebung des bekämpften Straferkenntnisses beantragt werde.

II.      Sachverhalt:

Bei einer Kontrolle im CC, V, Adresse 2, **** X, wurde durch Organe des Zollamtes Österreich am 24.09.2021 um 11 Uhr ein vermutlich aus Dänemark versendetes Paket kontrolliert. Der Versender dieses Paketes konnte nicht festgestellt werden. Adressiert war die Sendung an GG, Adresse 1, **** Z. Inhalt der Sendung waren 260 Stück DD White Dry und 150 Stück EE White Dry. Besteller dieser 410 Dosen Snus waren FF und der Beschwerdeführer AA, die dafür das CC-Konto von GG verwendeten, da sie selbst über kein aktives Konto verfügten. Nicht festgestellt konnte, ob diese Ware ausschließlich für den Eigenbedarf der beiden Besteller bestimmt war oder ob eine Absicht bestand, etwas davon an Dritte zu verkaufen. Die gelieferte Menge hätte für einen Zeitraum von circa 4,5 Monaten für den Eigenbedarf der beiden Besteller ausgereicht.

AA ist bislang unbescholten, seine wirtschaftlichen Verhältnisse konnten nicht festgestellt werden.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Y.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren sind folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz BGBl Nr 431/1995, BGBl I Nr 66/2019:

„§ 1.

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als


1. „Tabakerzeugnis“ jedes Erzeugnis, das zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen
bestimmt ist, sofern es ganz oder teilweise aus Tabak, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Tabak in gentechnisch veränderter oder unveränderter Form handelt, besteht,

[…]

12. „Versandhandel“ (Fernabsatz) Versand und Lieferung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen insbesondere durch Herstellerinnen bzw. Hersteller, Importeurinnen bzw. Importeure, Händlerinnen bzw. Händler an Verbraucherinnen bzw. Verbraucher.

§ 2a.

Verbot des Versandhandels und des Verkaufs an Jugendliche für
Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse

Der Versandhandel mit Tabakerzeugnissen gemäß § 1 Z 1 sowie von verwandten Erzeugnissen gemäß § 1 Z 1e ist verboten. Ebenso ist der Verkauf dieser Tabakerzeugnisse sowie verwandten Erzeugnisse an Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, verboten.

§ 14.

Strafbestimmungen


(1) Wer

1. Tabakerzeugnisse oder verwandte Erzeugnisse entgegen § 2 in Verkehr bringt,

2. gegen das Versandhandelsverbot gemäß § 2a verstößt,

3. gegen die Meldepflichten gemäß §§ 8, 8a, 8c, 10a und 10b verstößt,

4. entgegen § 11 Werbung oder Sponsoring betreibt,

5. gegen die Bestimmungen hinsichtlich des Erscheinungsbildes gemäß §§ 5 bis 6, 10c und 10f verstößt,

6. gegen die Bestimmungen in Bezug auf Beschlagnahme, Verfall und Produktrückruf der §§ 10d oder 10e verstößt,

7. gegen das Verkaufsverbot an Jugendliche gemäß § 2a verstößt,

begeht, sofern die Tat nicht nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.

[…]“

Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr. 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018:

„§ 7.

Anstiftung und Beihilfe

Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.“

V.       Erwägungen:

Im bekämpften Strafbekenntnis wird dem Beschuldigten angelastet, dass er sich der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung dadurch schuldig gemacht habe, dass er gemeinsam mit FF die oben angeführten Tabakerzeugnisse bestellt habe, wodurch der Verkäufer beauftragt worden sei, die Tabakerzeugnisse im Postweg zu versenden, obwohl der Versandhandel mit Tabakerzeugnissen nach § 2a TNSRG in Österreich verboten ist.

Gemäß § 7 VStG 1991 unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selber nicht strafbar ist. Unmittelbarer Täter ist, wer eine Verwaltungsübertretung begeht, wer also den entsprechenden Tatbestand zumindest teilweise in eigener Person verwirklicht. In Anknüpfung daran definiert § 7 VStG die beiden Fälle strafbarer Tatbeteiligung: Strafbar ist demnach das vorsätzliche Veranlassen eines anderen zur Begehung einer Verwaltungsübertretung (Bestimmungstäterschaft im Sinn des
§ 12 Fall 2 StGB, „Anstiftung“) sowie die vorsätzliche Erleichterung der entsprechenden Tatbegehung (Tatbegehung durch sonstigen Tatbeitrag im Sinn des § 12 Fall 3 StGB, „Beihilfe“).

Die Bestimmungstäterschaft besteht im vorsätzlichen Veranlassen eines anderen zur Tatausführung. Nach der ausdrücklichen Anordnung des § 7 VStG erfordert eine strafbare Beteiligung stets vorsätzliches Handeln des Tatbeteiligten. Die Beteiligungsstrafbarkeit gemäß § 7 setzt die Feststellung der entsprechenden Beitragshandlung, deren objektive Auswirkung in der Tathandlung des unmittelbaren Täters und die Vorsätzlichkeit des Beitragenden voraus. Der Vorwurf der Anstiftung macht auch die Nennung des § 7 und Ausführungen über das Verschulden im Spruch erforderlich; weiters sind der angestiftete unmittelbare Täter (zB VwGH 19.12.1997, 96/02/0594), der Umstand, dass die Haupttat begangen wurde sowie ferner die Tatzeit hinsichtlich der Begehung der Anstiftung (und nicht in Ansehung der Begehung der Tat durch den unmittelbaren Täter) anzuführen (VwGH 10.06.1985, 85/10/0043; 20.12.1995, 93/03/0166).

Im gegenständlichen Verfahren konnte mangels Feststellbarkeit der angestiftete unmittelbare Täter nicht benannt werden und findet sich im Tatvorwurf keine Ausführung über das Verschulden des Bestimmungstäters; die Tatzeit bezieht sich ebenfalls nicht auf die Begehung der Anstiftung. Für eine Strafbarkeit hätte es des Vorwurfes eines Vorsatzes bedurft. Demgegenüber wird in der Begründung mehrmals ausgeführt, dass hinsichtlich des Verschuldens die belangte Behörde von Fahrlässigkeit ausgeht.

Dies führt dazu, dass hinsichtlich des Tatvorwurfes keine Strafbarkeit vorliegt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Anstiftung
Beihilfe
Versand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.25.2408.1

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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