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27/04 Sonstige Rechtspflege;Norm
GEG §9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 27. Juni 1995, Zl. Jv 50380-33a/95, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer wurden in der Pflegschaftsache 2 P 255/77 des Bezirksgerichtes St. Pölten mit Zahlungsauftrag vom 24. April 1995 Gerichtsgebühren in Höhe von S 3.170,-- vorgeschrieben. Mit Schreiben vom 11. Mai 1995 beantragte der Beschwerdeführer den Nachlaß dieser Gerichtsgebühren, da er bei einem monatlichen Einkommen von S 7.437,-- (Sondernotstand) und einer Sorgepflicht für die 1991 geborene Tochter Ramona und schließlich Bank- und anderen Verbindlichkeiten in der Gesamthöhe von S 939.068,-- auch bei äußerster Einschränkung seiner Lebensbedürfnisse nicht in der Lage sei, diese Gebühren zu bezahlen.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid den auf § 9 Abs. 2 GEG gestützten Nachlaßantrag ab. Die Tatbestandsvoraussetzung der "besonderen Härte" sehe auch § 9 Abs. 1 GEG als Voraussetzung einer Stundung (Verlängerung der Zahlungsfrist) vor. Daraus folge, daß die für einen Nachlaß geforderte "besondere Härte" nicht schon in Schwierigkeiten erblickt werden könne, die vorübergehender Art sein können, sondern zur Voraussetzung habe, daß eine Besesserung - auf Dauer - nicht mehr zu erwarten sei. Die Behörde verneinte das Vorliegen von "dauernden besonderen Härtegründen", weil der Antragsteller Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 37 Grundbuch 19113 E und zu 120/864 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 205 Grundbuch 19518 M sei. Aus dem zugrundeliegenden Pflegschaftsakt ergebe sich, daß der Zahlungspflichtige beabsichtige, das zuletzt genannte Objekt (eine Eigentumswohnung) zu verkaufen. Es sei daher anzunehmen, daß der Antragsteller nach Verkauf des Vermögenswertes in der Lage sein werde, Gerichtsgebühren in Höhe von S 3.170,-- zu bezahlen. Der Antragsteller verdiene monatlich S 7.707,--, seine Gattin monatlich S 20.000,--, sodaß der notwendige Unterhalt nicht gefährdet sei.
In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe ihm hinsichtlich der Feststellung, er werde demnächst eine Eigentumswohnung veräußern, kein Parteiengehör gewährt; ansonsten hätte er darlegen können, daß mit der Veräußerung der Eigentumswohnung der Ankauf eines kleinen Hauses teilweise finanziert worden sei, wobei jedoch die Verbindlichkeiten im wesentlichen bestehen blieben und es daher auch auf unabsehbare Zeit nicht möglich sei, die vorgeschriebenen Gerichtsgebühren selbst bei Einschränkung auf notwendigste Bedürfnisse zu finanzieren. Der Kauf des kleinen Hauses sei über Wunsch seiner berufstätigen Gattin erfolgt, welche über ein gewisses Einkommen verfüge (die von der Behörde festgestellten S 20.000,-- bestreitet der Beschwerdeführer nicht). Das Einkommen seiner Gattin werde ausschließlich zur Bezahlung der bestehenden Kreditverbindlichkeiten verwendet und stehe zur Deckung des gemeinsamen Unterhaltes nicht zur Verfügung.
Bei Gewährung des Parteiengehörs hätte der Beschwerdeführer weiters vorbringen können, daß er auch für den Sohn seiner Gattin aus erster Ehe unterhaltsmäßig aufkommen müsse (im hg. gestellten Verfahrenshilfeantrag gibt der Beschwerdeführer diesbezüglich eine Belastung von S 600,-- an). Die belangte Behörde hätte sich detailliert damit auseinandersetzen müssen, ob bei diesen Einkommensverhältnissen die Einbringung des streitverfangenen Betrages den Nahrungsstand des Beschwerdeführers beeinträchtigen würde. Unter Bedachtnahme auf das Monatseinkommen von S 7.437,-- würde bei Bezahlung der Gerichtsgebühren von S 3.170,-- dem Beschwerdeführer nicht einmal ein persönliches Existensminimum gemäß § 291 EO verbleiben bzw. wäre durch die Einhebung sein notwendiger Unterhalt gefährdet. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil das Vorliegen des Tatbestandes "besondere Härte" verneint wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 GEG wird, wenn der Zahlungspflichtige die geschuldeten Beträge nicht sogleich erlegt oder diese nicht aus einem Kostenvorschuß berichtigt werden können, die Einbringung dieser Beträge von einem hierzu bestimmten Beamten des Gerichtes erster Instanz veranlaßt (Zahlungsauftrag); der Zahlungsauftrag hat u.a. die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei Zwangsfolge einzuzahlen. Der Zahlungsauftrag ist ein Exekutionstitel i.S.d.
Exekutionsordnung.
Gemäß § 9 Abs. 1 GEG kann die vorgeschriebene Zahlungsfrist auf Antrag verlängert oder die Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einhebung mit einer besonderen Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen sei. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, jedoch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen der beiden im Gesetz enthaltenen Alternativvoraussetzungen ("besondere Härte" oder "im öffentlichen Intersse") abhängig (zuletzt hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1996, Zl. 95/16/0306 m.w.N.).
Auch ausgehend von den nunmehrigen Sachbehauptungen, der Verkaufserlös für die Eigentumswohnung sei für die Schaffung einer anderen Wohnmöglichkeit (Kleinhaus) verbraucht worden und es bestehe eine weitere Sorgepflicht für ein Kind in Höhe von S 600,-- monatlich kann der Verwaltungsgerichtshof aus nachstehenden Erwägungen nicht erkennen, daß die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht i.S.d. Gesetzes Gebrauch gemacht hätte:
Die Tatbestandsvoraussetzung, daß die Einbringung der Gebühr mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre, wird sowohl bei den Zahlungserleichterungen nach § 9 Abs. 1 GEG wie für den endgültigen Nachlaß nach § 9 Abs. 2 gefordert. Die Gewährung eines Nachlasses setzt somit voraus, daß sowohl die Entrichtung zu einem späteren Zeitpunkt als auch die Entrichtung in - allenfalls sehr kleinen - Monatsraten noch immer eine besondere Härte darstellen würden, sodaß nur mehr die endgültige Erlassung die Härte beseitigt.
Der Beschwerdeführer stellt allein einen Monatsbezug von S 7.437,-- der Gebührenforderung von S 3.170,-- gegenüber und begründet darauf die Auffassung, sein persönlicher Unterhalt wäre gefährdet. Abgesehen davon, daß gerade die von ihm genannten Bestimmungen der §§ 291 ff EO ihn davor bewahren, daß durch die Erfüllung der Gesamtforderung auf einmal "sein Nahrungsstand" beeinträchtigt werde, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen, daß nicht schon durch Zahlungserleichterungen gemäß § 9 Abs. 1, insbesondere durch die Entrichtung in kleinen Monatsraten, die behauptete besondere Härte beseitigt werde. Der 44-jährige Beschwerdeführer gibt selbst an, daß er DERZEIT aus gesundheitlichen Gründen keiner Beschäftigung nachgehen könne. Wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Natur rechtfertigen Stundung (Ratengewährung), aber keinen Nachlaß (siehe die Nachweise aus der hg. Rechtsprechung bei Tschugguel-Pötscher, Gerichtsgebühren4, E 47 zu § 9 GEG).
Der Beschwerdeführer konnte aus dem Erlös des Verkaufes der Eigentumswohnung zwar ein Haus (mit-) finanzieren, aber die geforderte Gebühr nicht berichtigen. Auch vor diesem Hintergrund kann das Weiterbestehen des Gebührengläubigers auf seiner Forderung nicht als besondere Härte angesehen werden.
Somit ließ schon der Inhalt der Beschwerde, unter Berücksichtigung der nach den Beschwerdebehauptungen von der Behörde nicht herangezogenen Sachverhaltselemente, erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorlag, sodaß die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Im Lichte der zitierten Vorjudikatur konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Durch die Entscheidung in der Sache selbst erübrigt sich eine Beschlußfassung über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzubilligen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996160020.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
17.07.2014