Entscheidungsdatum
14.07.2022Norm
WRG 1959 §21aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde der A, vertreten durch Rechtsanwalt B in ***, ***, sowie über die Beschwerden der C GmbH (***), der D GmbH (***), von E und F (***), von G (***), von H (*** und ***), von I und J (***) und der K AG (***), alle ebenfalls vertreten durch Rechtsanwalt B in ***, ***, gegen den Anpassungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 20.12.2021, ***, nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24.06.2022 zu Recht:
1. Der Beschwerde der A, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insoferne stattgegeben, als diese Genossenschaft hinsichtlich der im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk St. Pölten Land unter der Postzahl *** eingetragenen Wehranlage gemäß § 21a WRG 1959 verpflichtet wird, folgende gestaffelte Restwassermenge von der Wehranlage „***“ (Postzahl ***) in die Ausleitungsstrecke der *** wie folgt abzugeben:
Von 01.03. bis 30.09.: 1.100 l/s
Von 01.10. bis 28.02. bzw. 29.02.: 600 l/s
Der Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vom 20.12.2021, ***, lautet nunmehr:
„II. (Messung):
Die Messung hat bei einer Durchflussmenge < 7 m³/s zu erfolgen, wobei diese bis spätestens 31.12.2022 durchzuführen ist. Zur Messung ist ein geeignetes Profil unterhalb der Wehranlage (***) nach dem Zufluss der Fischaufstiegshilfe, bewilligt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 05.10.2009, ***, welche beim *** liegt, heranzuziehen, wobei mit Hilfe der Messung eine Einstellung der Dotationseinrichtung (das ist die Fischaufstiegshilfe sowie die Schützenanlage) zu erfolgen hat.“
2. Die Beschwerden der C GmbH (***), der D GmbH (***), von E und F (***), von G (***), von H (*** und ***), von I und J (***) und der K AG (***) werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
3. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die A hat ein im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk St. Pölten Land unter der Zahl *** eingetragenes Wasserrecht für den Betrieb einer Wehranlage („***“). Die Anlage befindet sich im *** bei Flusskilometer ***.
Mit Bescheid vom 20.12.2021, ***, verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten die Beschwerdeführerin (A) gemäß § 21a WRG 1959, bei der bewilligten Wehranlage jedes Jahr von März bis September 1500 l/s und von Oktober bis Februar 1000 l/s an Restwassermenge in die *** abzugeben. Zur Herstellung von Messeinrichtungen flussab der Wehranlage räumte die Behörde eine Frist von drei Monaten ein, welche zur Kontrolle der Einhaltung der Restwasserabgabemenge dienen sollten.
Dagegen erhob die A, rechtsanwaltlich vertreten, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte im Schriftsatz vom 18.01.2022 vor, dass für die Verhältnismäßigkeitsprüfung wichtige Sachverhaltselemente nicht festgestellt worden wären und der mit den vorgeschriebenen Maßnahmen verbundene Aufwand nicht näher beurteilt worden wäre. Auch wäre die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wassernutzung nicht berücksichtigt worden. Der Aufwand wäre nicht quantifiziert worden und läge ein erheblicher Eingriff in jedes der acht Wasserbenutzungsrechte am Werkskanal vor. Es wäre nicht eingerechnet, dass zwischen der Wehranlage und der Messstelle *** noch weitere Gerinne wie der *** in die *** münden würden, woraus zu schließen wäre, dass im gegenständlichen Bereich weniger Wasser als an der Messstelle zur Verfügung stehe. Es würde eine Reduktion des Jahresarbeitsvermögens im Ausmaß von 15,82 % errechnet und wäre beabsichtigt, dazu noch eine Berechnung durch einen einschlägigen Sachverständigen vorzulegen. Angegeben werde, dass die Kraftwerke der Mitglieder der Wasserwerksgenossenschaft (Anmerkung: die gegenständlichen acht Anlagen) in Summe ca. 2.000 Haushalte mit elektrischer Energie versorgen würden.
Es wäre bei der Bemessung des Aufwandes im Sinne des § 21 Abs. 3 lit. a WRG zu berücksichtigen, dass eine dauerhafte Produktionseinbuße von nachhaltig und emissionsfrei erzeugter sowie netzstabilisierender elektrischer Energie eintreten werde, dass sogar die Unrentabilität der Kraftwerksanlagen wegen der Kosten für die laufende Erhaltung des Werkskanals und der Kosten für die Messeinrichtung eintreten werde. Auch würde sich die Vorschreibung der Restwassermenge negativ auf die Effizienz der Kraftwerke auswirken. Zu berücksichtigen wären auch die laufenden Kosten der angeordneten Messung.
Die NGP-Verordnung 2015 würde nur die Kapitel 6 und 5.1 als Maßnahmenprogramm betreffen, der angefochtene Bescheid würde aber mehrfach auf Kapitel 5.3.4.1 hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit bestimmter Maßnahmen verweisen. Letzteres wäre keinesfalls geeignet, die im Einzelfall vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ersetzen.
Überdies enthalte lit. d des § 21a Abs. 3 spezifische Kriterien für Wasserkraftwerke.
Der Aufwand bestehe in gegenständlichem Fall nicht nur aus einem in Geld bezifferbaren Verlust, sondern auch in einer Beeinträchtigung wichtiger öffentlicher Interessen. Es müsse analog § 104a WRG bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 21a das öffentliche Interesse an der Verbesserung des Gewässerzustandes mit sonstigen öffentlichen Interessen abgewogen werden. Es müsse auch bei seit langem bestehenden unbefristeten Wasserbenutzungsrechten unter bestimmten Voraussetzungen eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses am Gewässerschutz hingenommen werden.
Zur unzureichenden Verhältnismäßigkeitsprüfung werde im Detail vorgebracht, dass im angefochtenen Bescheid nicht erkennbar wäre, weshalb der gegenständliche Gewässerabschnitt einen schlechten ökologischen Zustand aufweise. Es wäre auch die 2015 errichtete Fischaufstiegshilfe mit der daraus resultierenden Restwasserabgabe im NGP 2015 höchstwahrscheinlich noch nicht berücksichtigt. Wenn der deskriptive Teil des NGP, etwa die Bestandsaufnahme nach § 55c Abs. 2 Z 1 und § 55d WRG, mit dem tatsächlichen Zustand in Widerspruch stehe, wäre vom tatsächlichen Zustand und nicht von dem im NGP beschriebenen auszugehen. Es könne im Rahmen des zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahrens sowohl eine andere Einteilung als auch andere Einstufung gegenüber dem NGP 2009 vorgenommen werden. Es hätte daher von der belangten Behörde eine eigenständige Bewertung des Ist-Zustandes vorgenommen werden müssen. Es hätte sorgfältig ermittelt werden müssen, welche biologischen, hydromorphologischen und allgemeinen Bedingungen nach der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer nicht eingehalten würden. Werte wären dazu zu ermitteln und in welchem Ausmaß diese zur Erreichung des guten ökologischen Zustandes verbessert werden müssten.
Von der belangten Behörde würde außer Acht gelassen werden, dass auch die Komponente Fische für einen guten ökologischen Zustand verbessert werden müsse. Auch müssten neben den der Beschwerdeführerin auferlegten Maßnahmen, um die Verhältnismäßigkeit zu wahren, gleichzeitig die für die Verbesserung dieser Komponente erforderlichen Maßnahmen gesetzt werden. Weiters wäre vom Amtssachverständigen der Aspekt der Unmöglichkeit einer Wiederherstellung der ursprünglichen Fischpopulation außer Acht gelassen worden.
In der gegenständlichen Restwasserstrecke wären Querbauwerke und Hochwasserschutzvorrichtungen vorhanden, welche die Durchgängigkeit des Gewässers verhindern würden. Solange diese nicht durchgängig gemacht würden, könne der vorgesehene Eingriff nicht zum angestrebten Ziel führen und wäre daher unverhältnismäßig. Es wäre auch unschlüssig, weshalb der NGP 2015 für den gegenständlichen Wasserkörper die Herstellung der Durchgängigkeit erst bis 2027 vorsehe. Dies wäre sachlich nicht gerechtfertigt.
Weiters wäre die Verhältnismäßigkeit auch deshalb nicht gegeben, weil sich das Maßnahmenprogramm des NGP auf den gesamten Wasserkörper beziehe und dieser nicht nur die gegenständliche Restwasserstrecke umfasse. So lange nicht dargelegt werde, wie die angestrebte Zustandsverbesserung auch in diesem Oberlauf oberhalb der gegenständlichen Restwasserstrecke erreicht werde, wäre die Verhältnismäßigkeit der auferlegten Maßnahmen nicht erwiesen. Es müssten zugleich die im restlichen Bereich dieses Wasserkörpers für die Zielerreichung notwendigen Maßnahmen gesetzt werden.
Schließlich fehle auch eine Betrachtung der Gesamtsituation beginnend von *** bis ***. Offen bleibe ein Gesamtkonzept dafür.
Es wäre eine Teilstrecke zwischen *** und *** inzwischen behördlich als erheblich veränderter Oberflächenwasserkörper im Sinne der NGP-VO 2015 anerkannt worden Es wäre auch eine Einstufung der gegenständlichen Ausleitungsstrecke als erheblich veränderter Oberflächenwasserkörper geboten.
Weiters werde auf die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23.10.2018, LVwG-AV-844/001-2014, verwiesen, worin die Restwasserdotation auf 500 l/s bzw. 10 % des Durchflusses reduziert worden wäre, weil nicht auszuschließen wäre, dass auch mit dieser Menge das angestrebte Ziel erreicht werden könne. Es müsse daher zunächst versuchsweise auch gegenständlich eine geringere Restwassermenge vorgeschrieben werden.
Die Beurteilung des gelindesten Mittels wäre nicht ausreichend erfolgt, da auch Maßnahmen zur Durchgängigkeit erforderlich wären sowie morphologische Maßnahmen. Es müsse ermittelt werden, welche Maßnahmen neben einer Restwassererhöhung für die Verbesserung der Durchgängigkeit und der Morphologie in Betracht kämen und darauf aufbauend müsse eine Abwägung erfolgen und die Kombination jener Maßnahmen ermittelt werden, welche für die Beschwerdeführerin den geringsten Eingriff bewirken würden.
Eine nähere fachliche Begründung für die aufgetragene gestaffelte Restwasserabgabe würde fehlen. Es stelle sich die Frage, ob für die Leitart Aalrutte eine Erhöhung der Restwasserabgabe auf 1,5 m³/s in der wärmeren Jahreszeit erforderlich wäre.
Auch gebe es einen Widerspruch bei der Staffelung, da im angefochtenen Bescheid bei der gestaffelten Dotation „Winterhalbjahr und Sommerhalbjahr“ angegeben werde, im Spruch aber ein Zeitraum von März bis September (sieben Monate). Die Hauptaktivitätszeit der Fische wäre von 15.03.bis 15.09. und daher auch diese gegebenenfalls vorzusehen.
Wenn in der *** in Zukunft weniger als 1500 l/s bzw. 1000 l/s geführt würden, wäre die Beschwerdeführerin unverschuldet nicht in der Lage, die geforderte Restwassermenge abzugeben.
Die Frist von drei Monaten wäre nicht zumutbar, da die Errichtung der Messeinrichtung Bauarbeiten im Fluss erfordere. Auch müsse für die von der Republik in Anspruch zu nehmenden Grundflächen die Zustimmung der Grundeigentümerin vorliegen oder ein Zwangsrecht eingeräumt werden.
Schließlich wären die im Bescheid enthaltenen ergänzenden Stellungnahmen der Amtssachverständigen bisher nicht zur Kenntnis gebracht worden und daher das Parteiengehör verletzt.
Der gegenständlich angeordnete teilweise Nutzungsentzug wäre formell als Enteignung zu sehen und müsse dafür eine Entschädigung ausgesprochen werden. Eine genaue Berechnung werde noch durch ein vorzulegendes Sachverständigengutachten erfolgen. Beantragt werde eine deutliche Reduzierung der auferlegten Restwasserabgabe, die Abgabeverpflichtung nur bei entsprechendem Wasserdargebot in der *** festzulegen, die Frist zur Herstellung der Messeinrichtung mit 9 Monaten mindestens zu bemessen und Zwangsrechte für die Messeinrichtungen einzuräumen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Beschwerde vom 18.01.2022 wurde auch im Namen der Mitglieder der Beschwerdeführerin, das sind acht Betreiber von Wasserkraftanlagen am *** Werkskanal, erhoben. Es sind dies G (***), E und F (***), die C GmbH & Co KG (***), H (*** und ***), die D GmbH (***), die K AG (***) und I und J (***).
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat daraufhin eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 24.06.2022 anberaumt, in der Beweis erhoben wurde durch Einvernahme des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin sowie der anwesenden Wasserkraftanlagenbetreiber G (***) und H (*** und ***). Weiters wurde Beweis erhoben durch Einholung einer Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes sowie Abgabe von fachlichen Stellungnahmen durch die beigezogenen Amtssachverständigen für Gewässerbiologie und für Wasserbautechnik/Gewässerschutz in der Verhandlung.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.06.2022 erklärte der Rechtsvertreter der Wasserwerksgenossenschaft, von der C (***) bevollmächtigt worden zu sein, weiters erklärten in der Verhandlung G und H (hat zwei Anlagen), dass der Rechtsvertreter der A auch deren Vertretung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren übernimmt, was vom Rechtsvertreter bestätigt wurde. Die Vollmachtserteilung erfolgte somit mündlich. Hinsichtlich der anderen vier Wasserkraftanlagenbetreiber teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin – nach Rücksprache mit den Betreibern - mit mail vom 28.06.2022 seine Vertretungsbefugnis mit.
Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:
Bei Kilometer *** in der *** mündet das *** die *** in den *** Werkskanal aus. Es fließt dieser Werkskanal dann als ein Strang zunächst zur Wasserkraftanlage *** (D), dann weiter zur Postzahl *** (C GmbH & Co KG). Anschließend folgt bei einem Teilungsbauwerk die Aufspaltung des Werkskanals in einen linken und einen rechten Arm. Am linken Arm befinden sich in Fließrichtung gesehen zunächst die Anlage mit der Zahl *** (E und F), dann *** (G) und schließlich *** (H). Am rechten Arm kommt zunächst nach dem Teilungsbauwerk die Anlage mit der Postzahl *** (H) und anschließend *** (I und J). Danach erfolgt die Wiedervereinigung der beiden Werkskanalarme. Im nachfolgenden ungeteilten Werkskanal liegt schließlich noch die Anlage mit der Zahl *** (K AG).
In der *** befindet sich bei Flusskilometer *** in der Katastralgemeinde *** eine Wehranlage (***) zum Aufstau des anfließenden Wassers und zur Ableitung in einen linksufrig ausmündenden Werkskanal (*** Werkskanal). Dafür besteht zugunsten der Beschwerdeführerin ein im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk St. Pölten Land eingetragenes Wasserbenutzungsrecht mit der Wasserbuch Postzahl ***. Das in den Werkskanal abgeleitete Wasser dient insgesamt acht an diesem Kanal bestehenden Wasserkraftanlagen zur Stromerzeugung.
Alle acht Kraftwerksanlagen sind mit einer Francis-Turbine ausgestattet.
Das *** befindet sich im Detailwasserkörper „***“ (Nr. ***) und verläuft die gegenständliche Restwasserstrecke von Flusskilometer *** bis *** im Sanierungsgebiet des NGP 2015. Der Wasserkörper weist einen mäßigen ökologischen Zustand und einen unbefriedigenden morphologischen Zustand auf, die vor allem durch die aktuelle Restwassersituation hervorgerufen werden.
Die Abgabe einer Restwassermenge in die *** ist im Konsens zur *** (Postzahl ***) nicht festgelegt worden.
Es besteht seit zumindest 2015 neben der genannten Wehr am rechten *** eine Fischaufstiegshilfe, über welche 400 l/s Wasser an die *** im Bereich des *** abgegeben werden. Dafür existiert eine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 05.10.2009, ***, die für die Aufrechterhaltung der Fischaufstiegshilfe die genannte Dotationswassermenge vorsieht. Die Bewilligung vom 05.10.2009 ist unbefristet erteilt.
Zur Erreichung des Zielzustandes eines guten ökologischen Zustandes für das Sanierungsgebiet des 2. NGP (2015), in dem die gegenständliche Restwasserstrecke liegt, ist sowohl eine ausreichende Restwasserführung als auch eine Umgestaltung der Gewässermorphologie notwendig. Derzeit erfolgt eine Restwasserabgabe über die Fischaufstiegshilfe mit 400 l/s.
Im Unterlauf der *** wurde ein wasserrechtlich bewilligter wasserwirtschaftlicher Versuch („***“) durchgeführt bei Flusskilometer *** bis ***. Um auf die Versuchsdurchführung Rücksicht zu nehmen, hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 23.10.2018, LVwG-AV-844/001-2014, bei vier im Nahebereich zur Versuchsstrecke gelegenen Wasserkraftanlagen eine Restwassermenge, welche in die *** abzugeben ist, im Ausmaß der für den Versuch festgelegten Basisdotationsmenge von 500 l/s (mit dynamischer Erhöhung) als erforderlich ausgesprochen. Dies anhand der damals vorhandenen Erkenntnisse.
Weiters ist eine Restwassermessung an der *** („***“) unmittelbar in gegenständlicher Restwasserstrecke im Auftrag der NÖ Landesregierung durchgeführt worden (von Flusskilometer *** bis ***). Die Vermessung in der Restwasserstrecke ist entsprechend den Vorgaben der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer erfolgt. Bei einer Restwasserabgabe von 0,45 m³/s können in keinem Abschnitt des gemessenen Bereiches die Zielwerte nach Anhang G der QZV Ökologie OG erreicht werden.
Die Messungen sind zur Darstellung der mit derzeitiger Restwassermenge bestehenden hydromorphologischen Verhältnisse sowie zur Abschätzung der für eine Erreichung des Zwischenzieles nach dem NGP 2 und NGP 3 erforderlichen Restwassermenge erfolgt. Bei der Messung mit einer Restwasserabgabe von 2,24 m³/s sind die maßgeblichen Fließgeschwindigkeiten und Wassertiefen nach Anhang G der QZV Ökologie OG erhoben worden. Die gegenständlich ermittelten Werte bestätigen die Ergebnisse des wasserwirtschaftlichen Versuchs „***“.
Bei bewilligungskonformem Betrieb und lediglich Abgabe von 400 l/s an Restwasser über die Fischaufstiegshilfe neben dem *** kommt es in der gegenständlichen Restwasserstrecke zu geringen Wassertiefen und geringen Fließgeschwindigkeiten, die zu einer Erwärmung des Wassers führen. Es werden dadurch standorttypische, temperatur- und sauerstoffempfindliche Tierarten, nämlich Makrozoobenthos und Fische, verdrängt. Der Gewässerzustand in diesem Bereich ist ein mäßiger ökologischer.
Der 2. NGP sieht zur Erreichung des Zwischenzieles im Hinblick auf die im WRG 1959 normierte Zielerreichung eines „guten ökologischen Zustandes“ für den von diesem NGP erfassten (zweiten) Sanierungsraum vor, dass unabhängig von der Herstellung der Durchgängigkeit des Gewässers eine Restwassermenge in diesem Sanierungsraum, dem die gegenständliche Restwasserstrecke angehört, von NQt (= 3620 l/s) oder von 50 % des MJNQt – falls dieser Wert niedriger als der erstgenannte ist – (= 2710 l/s) verhältnismäßig ist. Der 3. NGP entspricht inhaltlich dem 2. NGP und geht hinsichtlich der zur Zielerreichung eines „guten ökologischen Zustandes“ erforderlichen Maßnahmen über letzteren hinaus. Die Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer normiert unter anderem dieselben Werte als ständige Basiswasserführung im Gewässerbett, um den guten Zustand für die biologischen Qualitätskomponenten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreichen zu können.
Die Ergebnisse der Restwassererhebung „***“ (Bericht vom 15.10.2019 vom L GmbH) haben die Annahmen des wasserwirtschaftlichen Versuches „*** ***“ bestätigt. Die fischökologischen Verbesserungen haben bei einer Abgabe von 1500 l/s an Restwasser eine Fischpassierbarkeit von zumindest ca. 70 % der Ausleitungsstrecke ergeben, bei einer Menge von 500 l/s jedoch 0 %. Bei einer Restwasserdotation von 1000 l/s ist der Wert 25 %.
Nach derzeitiger Datenlage ist im Zeitraum von Oktober bis Februar eine Restwassermenge von 1000 l/s und in der Zeit von März bis September eine solche von 1500 l/s in der *** erforderlich, um das Zwischenziel (Annäherung an Zielzustand) des 2. und des 3. NGP zu erreichen. Die Ziele der beiden NGP sind deckungsgleich.
Es kommt bei den genannten Restwasserdotationen zu einer merklichen Verbesserung für das flusstypische Makrozoobenthos, für Fischbrut und Jungfische der temperaturempfindlichen Arten und wird Lebensraum verbessert.
Da bereits 400 l/s über die Fischaufstiegshilfe neben der *** in die *** abgegeben werden, ist eine Restwasserabgabemenge beim *** im Ausmaß von 1100 l/s (März bis September) und von 600 l/s (Oktober bis Februar) ausreichend.
Zur Abgabe der Restwassermenge von 1100 l/s bzw. 600 l/s wird die Schützenanlage beim *** und die Fischaufstiegshilfe von einem Fachmann entsprechend einzustellen sein. Eine bauliche Umgestaltung der Wehranlage oder der FAH ist dabei nicht erforderlich.
Die acht Wasserkraftanlagen, welche sich am *** Werkskanal befinden, erzeugen insgesamt eine durchschnittliche Strommenge von ca. 10 Millionen kWh, bei einer Restwasserabgabemenge von 600 l/s in den Wintermonaten und von 1100 l/s in den Sommermonaten treten in einem Durchschnittsjahr ca. 8 bis 15 % an Erzeugungseinbußen (800.000 kWh bis 1,5 Millionen kWh) ein. Das ergibt bei durchschnittlicher Berechnung je Wasserkraftanlage einen Wert von 112.500 kWh bis 187.500 kWh Jahresverlust.
Diese Feststellungen basieren auf folgender Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes sowie aus Folgendem:
Anhand der Wasserbuchauszüge im Verfahrensakt steht fest, dass jeweils eine Francis-Turbine in den Wasserkraftanlagen zum Einsatz kommt. Damit steht fest, dass ein Verbesserungspotenzial im Hinblick auf die Stromproduktion gegeben ist.
Außer Streit steht, dass derzeit 400 l/s über eine wasserrechtlich bewilligte Fischaufstiegshilfe neben dem *** – also am Beginn der gegenständlichen Restwasserstrecke - als Restwasser an die *** abgegeben werden und keine weitere Verpflichtung zu einer Restwasserabgabe besteht.
Der gewässerbiologische Amtssachverständige hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.06.2022 fachlich ausgeführt, dass bei Einhaltung des Konsenses für das *** (***) die öffentlichen Interessen der Beschaffenheit des Wassers und der Vermeidung einer Gefährdung der Tierwelt beeinträchtigt sind und eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes des Gewässers *** gegeben ist. Er führt begründend zur Wasserbeschaffenheit aus, dass wegen unzureichender Restwasserdotation – 400 l/s werden derzeit bescheidmäßig abgegeben – zu geringe Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten im Gewässer vorliegen, wodurch es zu einer Erwärmung des Gewässers und weiter zu sauerstoffzehrenden Vorgängen und einer unzureichenden Umlagerung von Feinsediment sowie einer unzureichenden Freispülung von organischen Feinteilen kommt. Er fordert eine Gesamtrestwasserabgabe von 1000 l/s bzw. 1500 l/s, wobei die 400 neben der *** als Teil davon angesehen werden können. Zur Tierwelt führt er aus, dass wegen der Beschaffenheitsveränderung des Wassers u. a. standorttypische Tierarten verdrängt werden. Der Amtssachverständige verweist hinsichtlich des ökologischen Zustandes darauf, dass dazu ein Zielzustand eines „guten ökologischen Zustandes“ zu erreichen wäre, dieser aber nachgewiesen derzeit nur ein mäßiger wäre. Begründend führt er aus, dass eine Befischung unter Berücksichtigung der Gewässerzustandsüberwachungsverordnung (GZÜV) diesen Mangelzustand nachgewiesen hat und auch Erhebungen beim Makrozoobenthos (MZB) im Jahr 2019 in strukturähnlichen ***abschnitten mit vergleichbarer Restwassersituation deutliche Zielverfehlungen zeigen. Er hält außerdem fest, dass die Zielverfehlung in der Restwasserstrecke zu einem Großteil auf die unzureichende Restwasserdotation zurückzuführen ist. Durch eine Erhöhung der Restwasserdotation im Ausmaß von 1000 l/s von Oktober bis Februar und 1500 l/s von März bis September sind seiner Ansicht nach merkliche Verbesserungen bei den Qualitätselementen Makrozoobenthos und Fische und damit eine Annäherung an die Umweltziele zu erwarten.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.06.2022 führt der gewässerbiologische Amtssachverständige auch näher zur Restwassermessung „***“ aus und legt dar, dass diese in gegenständlicher Restwasserstrecke durchgeführt wurde. Er verweist auf das Ergebnis der Erhebungen, wonach bei 450 l/s als Restwasserdotation in keinem der drei Abschnitte, in welche die Messstrecke gegliedert worden war, die Zielwerte nach Anhang G der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer (hinsichtlich Fließgeschwindigkeiten und Wassertiefen) erreicht werden konnten. (Die Abschnitte waren ein gut strukturierter oberer, ein moderat strukturierter mittlerer und einer, der keinerlei Strukturierungen aufwies und somit dem über weite Strecken der *** vorherrschenden Regulierungsprofil entsprach.) Dann hält er fest, dass die zweite bei der Messung herangezogene Dotationsmenge von 2240 l/s deutlich bessere Ergebnisse erbracht hat und durch die Restwassermessungen die Annahmen des wasserwirtschaftlichen Versuches „***“ eindeutig bestätigt worden sind. Es sind bei diesem Versuch anhand von hydraulischen Modellierungen fischökologische Verbesserungen ermittelt worden, und zwar bei Abgabe von 1500 l/s eine Fischpassierbarkeit zumindest von 70 % der Ausleitungsstrecke. Er schlussfolgert daraus, dass damit die Vernetzung des Lebensraumes auch maßgeblich verbessert wird. Weiters führt der Amtssachverständige aus, dass sich bei einer Dotation von 500 l/s keine fischpassierbare Strecke ergeben hat, bei einer Erhöhung der Dotationsmenge auf 1000 l/s nur ca. 25 % fischpassierbar werden. Weiters hält er fest, dass eine weitere Dotationsanhebung über 1500 l/s um 500 l/s nur ein Plus von weniger als 15 % an passierbarer Strecke erbracht hat, weshalb für die Hauptaktivitätszeit der Fische eine Mindestdotation von 1.500 l/s gefordert wird. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass eine vollständige Passierbarkeit auch zusätzliche bauliche Maßnahmen erfordert (Passierbarmachung von aktuell nicht ausreichend fischpassierbaren Querbauwerken).
Unter Heranziehung vor allem der Restwassermessung „***“ vom 15.10.2019 sowie unter Verweis auf den wasserwirtschaftlichen Versuch „***“, der bereits abgeschlossen ist, erachtet der gewässerbiologische Amtssachverständige die im angefochtenen Bescheid aufgetragene Restwasserabgabemenge (von Oktober bis Februar 1000 l/s und von März bis September 1500 l/s) als fachlich erforderlich, um das Zwischenziel im Sinne des NGP 2015, nämlich eine Verbesserung des Gewässerzustandes auf dem Weg zum Ziel eines „guten ökologischen Zustandes“ im Sinne des § 30a WRG 1959, zu erreichen. Für eine deutliche Unterschreitung der im NGP 2015 verbindlich festgelegten Basisrestwassermenge (aufgrund des niedrigeren Wertes 50 % des MJNQt, das sind im gegenständlichen Gewässerabschnitt 2710 l/s,) argumentiert der Amtssachverständige zu Gunsten der Beschwerdeführerin damit, dass an der *** eine spezielle Situation vorliegt. Aufgrund dieser Situation, der Amtssachverständige in der Verhandlung am 24.06.2022 weiter, wäre amtswegig eine Erhebung der erforderlichen Restwassermenge (konkret die „Restwassermessung ***“) beauftragt worden. In der Verhandlung führt der gewässerbiologische Amtssachverständige weiter aus, dass für die Hauptaktivitätszeit der Fische (in der Zeit von März bis September) eine Mindestdotation von 1500 l/s als erforderlich erachtet wurde. Er legt auch unter Berufung auf den Versuch „***“ dar, dass die Forderung deshalb bestehe, da bei einer Steigerung der Restwassermenge von 1000 l/s auf 1500 l/s ein wesentlicher Zugewinn in Höhe von 50 % an fischpassierbarer Strecke erzielt werden konnte. Bei einer Dotation von 500 l/s wären 0 % fischpassierbar. Bei einer Restwassermenge von 1000 l/s wären nur 25 % fischpassierbar.
Das Beschwerdevorbringen kann diese Ausführungen des Amtssachverständigen nicht ernsthaft in Zweifel ziehen.
Eine andere Art der Dotation, nämlich eine dynamische Restwasserdotation, hält der gewässerbiologische Amtssachverständige für nicht zielführend und wäre diese außerdem aufwendig.
Die 1000 l/s in den Wintermonaten (Oktober bis Februar) begründet der Amtssachverständige damit, dass beim wasserwirtschaftlichen Versuch „***“ die Erhebung des Makrozoobenthos im Spätwinter 2019 einen saprobiologisch „mäßigen ökologischen Zustand“ nahe der Grenze zu „unbefriedigend“ nach dem abflussarmen Jahr 2018 gezeigt hat. Weiters erläutert er, dass hervorgekommen wäre, dass die morphologischen Maßnahmen nur bei längerfristig erhöhten Wasserführungen ihre Wirkung entfalten könnten. Insgesamt wäre die Makrozoobenthos-Lebensgemeinschaft als nicht standorttypisch beurteilt worden, was auf zu geringe Wasserführungen in der Versuchsstrecke zurückgeführt werde.
Die von Beschwerdeführerseite begehrte Koppelung einer Restwasserabgabe mit der Herstellung der Durchgängigkeit der Gewässerstrecke (zur Verbesserung der Komponente „Fische“) wird vom 2. NGP nicht gefordert, ganz im Gegenteil sieht dieser NGP vor, dass losgelöst von der Herstellung der Fischpassierbarkeit eine Restwasserdotation bestimmten Ausmaßes als Maßnahme zur Zielerreichung des NGP vorgesehen ist. Nach der nun anzuwendenden NGP-V 2021 sind Maßnahmen, die bereits für die Umsetzung des NGP 2015 umzusetzen waren, unverzüglich in die Praxis umzusetzen.
Zum Vorbringen in der Beschwerde, die ursprüngliche Fischpopulation wäre nicht mehr erreichbar, führt der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aus, dass dies mit keinerlei fachlicher Argumentation belegt wäre. Er begründet weiter, dass der gegebene erhöhte Prädatorendruck sich bei annähernd natürlichen Fischbiomassen nicht wesentlich auf den fischökologischen Zustand auswirken würde, wobei dies nur bei guter Strukturausstattung und ausreichender Wasserführung nachhaltig erreichbar wäre. Schließlich weist der Amtssachverständige noch darauf hin, dass zu gering dotierte Restwasserstrecken aufgrund geringer Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten besonders stark zur Erwärmung neigen, weshalb eine deutlich erhöhte Dotation dem entgegenwirken würde.
Dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom 18.01.2022, es wäre eine Teilstrecke zwischen *** und *** inzwischen behördlich als erheblich veränderter Oberflächenwasserkörper im Sinne der NGP-VO 2015 anerkannt worden, ist entgegenzustellen, dass der gewässerbiologische Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargelegt hat, eine Einstufung eines Wasserkörpers als „erheblich verändert“ hätte per Verordnung zu erfolgen, wenn strukturelle Maßnahmen, die zur Erreichung des guten ökologischen Zustandes erforderlich wären, zu einer wesentlichen Beeinträchtigung einer wasserrechtlich aufrechten Nutzung führen würden. Auch führt er aus, dass für die Restwasserabgabe keine Einstufung als „erheblich veränderter Wasserkörper“ vorgesehen ist und dass derzeit an der gesamten *** keine Ausweisung als ein derartiger Wasserkörper vorliegt. Aus rechtlicher Sicht ist darauf zu verweisen, dass eine Einstufung als „erheblich veränderter Oberflächenwasserkörper“ einem eigenen Rechtsregime, nämlich nach § 30b WRG 1959, unterliegt.
Zum Vorschlag der Beschwerdeführerin, in Anlehnung an das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23.10.2018, LVwG-AV-844/001-2014, versuchsweise zunächst eine geringere Restwasserabgabe vorzuschreiben, um der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und dem gelindesten Mittel zu entsprechen, ist festzuhalten, dass damit eine dynamische Restwasserdotation angesprochen wird. (500 l/s bzw. 10 % des Durchflusses).
Dazu hat der gewässerbiologische Amtssachverständige in der Verhandlung am 24.06.2022 fachlich ausgeführt, dass eine Vorschreibung einer dynamischen Restwasserdotation eine aufwändige Vorrichtung erfordert, wie sie beim wasserwirtschaftlichen Versuch „***“ eingesetzt worden war, und beurteilt er eine solche gegenständlich als nicht zielführend.
Zum zitierten Erkenntnis vom 23.10.2018 wird festgehalten, dass dieses vier Wehranlagen weitab der gegenständlichen *** im Unterlauf der *** betrifft, bei denen eine Restwassermenge von 500 l/s Minimum mit dynamischer Steigerung der abzugebenden Wassermenge deshalb vorgeschrieben wurde, um im Einklang mit der Durchführung des wasserwirtschaftlichen Versuches „***“ zu stehen und diesen nicht zu beeinträchtigen. Angemerkt wird, dass das Erkenntnis vom 23.10.2018 auf die bis dahin vorliegenden Erkenntnisse aus dem wasserwirtschaftlichen Versuch *** gestützt wurde, mittlerweile aber mehr als drei Jahre verstrichen sind und der Versuch nunmehr abgeschlossen wurde. Zu den sich ergebenden neueren Erkenntnissen hat der gewässerbiologische Amtssachverständige oben (Seite 13 unten und Seite 15 dritter Absatz) bereits ausgeführt.
Zum Beschwerdevorbringen hinsichtlich eines Vorschlages einer erhöhten Dotation von 16.03. bis 15.09. hält der Amtssachverständige in der Verhandlung fachlich fest, dass der Beginn der Laichzeit bei den meisten heimischen Fischarten direkt von der Wassertemperatur abhängt und gerade die sensible Fischart Nase unter günstigen Außenbedingungen bereits in den ersten Märztagen mit dem Laichen beginnt. Deshalb fordert er den Beginn der erhöhten Dotation spätestens ab 01.03. Begründend für die Dauer der erhöhten Dotation bis Ende September führt der Amtssachverständige aus, dass auch in diesem Monat oftmals Lufttemperaturen über 30°C auftreten und deshalb auch in diesem Monat die erhöhte Dotation zu fordern ist. Diese dient nach seiner fachlichen Meinung sowohl dem Schutz der Jungfische als auch der temperaturempfindlichen Arten des Makrozoobenthos.
Betreffend Forderung in der Beschwerde nach einer wesentlichen Reduktion der Restwasserabgabe hält der gewässerbiologische Amtssachverständige in der Verhandlung fest, dass die vorläufige Restwassermenge sowohl im Ausmaß als auch in der saisonalen Staffelung zugunsten der Konsensinhaberin festgelegt worden ist. Die fachlich vorgeschlagene abzugebende Restwassermenge stellt aus seiner Sicht, wie bereits aus seinen vorhergehenden fachlichen Ausführungen ableitbar, eine deutliche Reduktion gegenüber den hydrologischen Richtwerten und auch Vorgaben hinsichtlich Wassertiefen, Fließgeschwindigkeiten und Dynamik gemäß der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer dar. Aus seiner Sicht kann daher weder hinsichtlich der Zeiträume noch hinsichtlich der Wassermengen eine weitere Verringerung gewährt werden.
Zur fachlich geforderten Restwasserdotation führt der Amtssachverständige schließlich aus, dass diese unmittelbar an der Wehranlage in die Restwasserstrecke zu erfolgen hat und die bereits mit Bescheid vorgeschriebene Menge von 400 l/s über eine Fischaufstiegshilfe als Teil der Gesamtrestwasservorgabe von 1000 l/s bzw. 1500 l/s zu sehen ist. Fachlich sind daher gegenständlich lediglich 600 l/s bzw. 1100 l/s zu fordern.
Dass zur Erreichung des guten ökologischen Zustandes auch Maßnahmen zur Durchgängigkeit sowie allenfalls morphologische Maßnahmen zu setzen sein werden, kann nicht helfen, da Gegenstand des 2. NGP eine Zielannäherung und nicht eine Zielerreichung ist. Gleiches gilt für den 3. NGP, soweit behördlich schrittweise mit Maßnahmenvorschreibungen vorgegangen wird. Der gewässerbiologische Amtssachverständige hat fachlich in der Verhandlung ausgeführt, dass für gegenständliche Restwasserstrecke aufgrund der maßgeblichen Entschärfung des Temperaturregimes – durch die geforderte Restwasserdotation – eine merkliche Verbesserung für das flusstypische Makrozoobenthos sowie für die Fischbrut und die Jungfische der temperaturempfindlichen Arten zu erwarten ist. Weiters erachtet er eine Erhöhung des Anteiles an Teilhabitaten mit erhöhter Fließgeschwindigkeit als ein Ergebnis der geforderten Restwasserdotation, wodurch die kleinräumige Vernetzung des Lebensraumes verbessert wird. Auch führt der Sachverständige aus, dass die erhöhten Fließgeschwindigkeiten zu einer besseren Durchströmung des Kieslückensystems beitragen und Ablagerungen von feinem organischem Material verringern.
Hinsichtlich der Verbesserung im Gewässer durch die gegenständlich aufgetragene Restwassermenge wird dem gewässerbiologischen Amtssachverständigen gefolgt, der schlüssig und nachvollziehbar merkliche Verbesserungen dargelegt und eine Fischpassierbarkeit in der Ausleitungstrecke bei dieser Restwassermenge in prozentuellem Ausmaß (ca. 70 %) angeführt hat.
Auch zum Beschwerdevorbringen, es wäre fraglich, ob für die Wiederbesiedlung durch die Aalrutte als Leitart tatsächlich die Erhöhung der Restwasserabgabe auf 1,5 m³/s in der wärmeren Jahreszeit erforderlich wäre, ist auf obige Ausführungen zu verweisen, wonach mit der fachlich geforderten Restwassermenge eine Zielannäherung im Sinne des 2. NGP an das zu erreichende Ziel des „guten ökologischen Zustandes“ gegeben ist und eine kumulative Setzung mehrerer Maßnahmen (zusätzlich zur Restwasservorschreibung etwa Ingenieurbiologische Strukturierungsmaßnahmen und anderes) nicht zwingend im 2. NGP vorgesehen ist. Wiederum wird darauf hingewiesen, dass nach der nun anzuwendenden NGP-V 2021 Maßnahmen, die bereits für die Umsetzung des NGP 2015 umzusetzen waren, unverzüglich in die Praxis umzusetzen sind.
Das weitere noch nicht behandelte Vorbringen in der Beschwerde vom 18.01.2022 ist rechtlicher Natur und wird unten erörtert. (Rechtliche Erwägungen).
Die durch die aufgetragene Restwassermenge eintretende Verbesserung ergibt sich aus den fachlichen Ausführungen des gewässerbiologischen Amtssachverständigen in der Verhandlung am 24.06.2022 (merkliche Verbesserung für Makrozoobenthos, Fischbrut und Jungfische, bessere Durchströmung des Kieslückensystems, Fischpassierbarkeit von 70 % der Ausleitungsstrecke, maßgebliche Verbesserung der Vernetzung des Lebensraumes).
Die von den acht betroffenen Wasserkraftanlagen erzeugten Strommengen in einem Durchschnittsjahr erschließen sich aus den Angaben der Beschwerdeführervertretung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, die für die genannten Kraftwerke eintretenden Erzeugungseinbußen bei Abgabe der aufgetragenen und nunmehr angefochtenen Restwassermenge können anhand der fachlichen Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 24.06.2022 errechnet werden (8 % bis 15 %).
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:
„Abänderung von Bewilligungen...
...
Einstufung als künstliche oder erheblich veränderte Oberflächenwasserkörper…
Stufenweise Zielerreichung…
Öffentliche Interessen.…
…
…
Weiters lautet die Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer (QZV Ökologie OG), BGBl. II Nr. 99/2010 idF BGBl. II Nr. 128/2019 auszugsweise:
„Richtwerte für den guten hydromorphologischen Zustand