TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 96/06/0001

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Veröffentlicht am 28.03.1996
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO Tir 1989 §31;
BauRallg;
B-VG Art118 Abs3 Z9;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
ROG Tir 1984 §19 Abs3;
ROG Tir 1984 §20 Abs1;
ROG Tir 1984 §23 Abs4;
ROG Tir 1984 §24 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der Z sowie des M, alle in L, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Oktober 1995, Zl. Ve1-550-2087/1-14, betreffend Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Lermoos, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben insgesamt dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 93/06/0235, verwiesen. Mit diesem wurde die Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführer gegen einen Bescheid der Tiroler Landesregierung, betreffend einen Abbruchsauftrag, abgewiesen. Den Beschwerdeführern war aufgetragen worden, die ohne Baubewilligung auf dem Dach aufgestellten massiven Blumentröge zu entfernen und die weitere Benützung des Flachdaches als Terrasse zu unterlassen. In der Begründung hatte der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt, aus der rechtskräftigen Baubewilligung vom 30. Juli 1991 und den einen Bestandteil des Bescheides bildenden Plänen gehe hervor, daß das ursprünglich als Terrasse geplante Flachdach mit einer vorgesehenen gemauerten Brüstung und einer Pergola ohne diese Brüstung und Pergola bewilligt wurde. Der Baubewilligungsbescheid habe u.a. die Vorschreibung enthalten, daß die Brüstung nicht zur Ausführung kommen dürfe, womit die geplante begehbare Terrasse hinfällig sei. Schon auf Grund der Formulierung im Zusammenhang mit der Korrektur auf dem Einreichplan (Streichen der Mauerbrüstung und der Pergola) könne kein Zweifel daran bestehen, daß keine begehbare Terrasse bewilligt wurde, sondern lediglich ein Flachdach, dem kein anderer Zweck zukomme, als der Abschluß und Schutz der darunter liegenden Räumlichkeiten. Die Verwendung eines Flachdaches als begehbare Terrasse bedürfe einer Baubewilligung gemäß § 25 lit. d der Tiroler Bauordnung, weil die Änderung des Verwendungszweckes auf die Zulässigkeit dieses Gebäudeteiles im Hinblick auf § 12 Abs. 1 der Technischen Bauvorschriften (TBV) von Einfluß sei.

In der Folge beantragten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 14. Juli 1994 beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Erteilung der Baubewilligung zur Änderung des Verwendungszweckes des beschriebenen Flachdaches vom bisher genehmigten Zweck (Abschluß und Schutz der darunter liegenden Räumlichkeiten) in eine begehbare Terrasse, wobei, wie den beiliegenden Einreichplänen zu entnehmen ist, zur Abgrenzung des begehbaren Bereiches der Terrasse eine Absturzsicherung dergestalt vorgenommen werden sollte, daß 45 cm hohe, jeweils 2 m lange und 60 cm tiefe Blumentröge auf dem Terrassenboden so aufgestellt würden, daß kein Zutritt zu einer absturzgefährlichen Stelle möglich sei und auch Kinder gegen Absturz ausreichend gesichert seien. Zu den Grundgrenzen der Anrainer sollten die Blumentröge so aufgestellt werden, daß die Innenseite der Blumentröge mit dem Mindestabstandsbereich von 3 m zusammenfällt.

In der über dieses Ansuchen durchgeführten mündlichen Verhandlung sprachen sich die Anrainer gegen die Erteilung der beantragten Bewilligung aus, weil damit die nach dem Aufbauplan der mitbeteiligten Gemeinde maximal zulässige Höhe überschritten würde und die Abstandsbestimmungen deshalb nicht eingehalten würden, weil die Blumentröge so aufgestellt würden, daß die Abstandsvorschriften nur mit der Innenseite der Blumentröge eingehalten würden, jedoch die gesamte Tiefe dieser Tröge in den Abstandsflächen zu liegen käme. In der Folge änderten die Beschwerdeführer ihr Bauvorhaben insofern ab, als die Blumentröge zur Gänze außerhalb der Abstandsflächen geplant wurden. In den Blumentrögen war, abgesehen vom geplanten dichten Bewuchs, noch die Errichtung eines Maschengitters vorgesehen, wodurch die Absperrung eine Gesamthöhe von 1,10 m erreichen sollte.

In einer weiteren mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 1994 stellte der technische Sachverständige auf Grund des geänderten Bauvorhabens fest, die Eigenschaft der Blumentröge als baugenehmigungspflichtige Anlage bleibe nach wie vor, was die Absturzsicherung laut § 12 der Technischen Bauvorschriften (TBV) anlange, könne diese bei entsprechender Ausführung und Fixierung des Maschengitters als gegeben angesehen werden. Die Anrainer äußerten sich nach wie vor ablehnend zum Bauvorhaben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Jänner 1995 wurde das Bauansuchen der Beschwerdeführer abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, im Aufbauplan der Gemeinde Lermoos vom 27. Februar 1991 sei eine Terrassenwidmung nicht vorgesehen, durch die Baumaßnahme würde die zulässige Höhe laut diesem Aufbauplan überschritten.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung der Beschwerdeführer hat der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 9. Mai 1995 keine Folge gegeben. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. Oktober 1995 abgewiesen, wobei sie ausführte, es könne dahingestellt bleiben, ob die im Aufbauplan der mitbeteiligten Gemeinde erfolgte Festlegung von "91,6" den obersten Punkt von baulichen Anlagen oder die Wandhöhe des Gebäudes betreffe, da im genannten Aufbauplan hinsichtlich der zu bebauenden Liegenschaft auch die Festlegung "Flachdach" enthalten sei. Die beantragte Änderung des Verwendungszweckes von Flachdach in Terrasse samt baulichen Anlagen (Blumentröge) würde somit einen Widerspruch zum Aufbauplan darstellen, was insbesondere dadurch erkennbar sei, daß hinsichtlich des Nachbargrundstückes ausdrücklich die Festlegung "Terrasse" im Gegensatz zu den Grundstücken der Beschwerdeführer getroffen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Gemeinde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt und über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes den Teilbebauungs- und Aufbauplan "Kirchplatz" vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der gegenständliche "Teilbebauungs- und Aufbauplan Kirchplatz" beruht auf dem Gemeinderatsbeschluß vom 3. September 1991, er wurde auch ordnungsgemäß kundgemacht. Der Teilbebauungsplan Kirchplatz mit einem Maßstab 1 : 1000 enthält für das hier interessierende Gebiet die Festlegung als Kerngebiet, er weist Verkehrsflächen sowie die höchstzulässige Zahl der Vollgeschoße mit IV aus. Auf demselben Plandokument ist im Maßstab 1 : 500 der "Aufbauplan Kirchplatz" enthalten, der hinsichtlich der zu bebauenden Grundstücke die Festlegung einer Höhe von 91,6 und die Beschriftung "Flachdach" enthält, das im Norden angrenzende Grundstück Nr. 750/2 enthält die Beschriftung "Pultdach". Das daran nördlich anschließende Grundstück weist die Beschriftung "Terrasse", H = 89,76 m auf sowie die Bezeichnung "Flachdach" 93,2 m. Die an diese Grundstücke westlich anschließenden Grundstücke weisen die Höhenangaben 102,7 und 101,7 jeweils unter einem Dachsymbol aus. Der Legende ist zu entnehmen, daß sich die Höhenangaben auf 900 über NN beziehen und das Dachsymbol die Höhe des höchsten Punktes von baulichen Anlagen (§ 24 Abs. 2 und 5) - wohl TROG 1984 - festlegt.

Während die Beschwerdeführer darauf hinweisen, daß über der Eintragung betreffend ihre Liegenschaft das Dachsymbol fehlt und daher die festgelegten 91,6 m nur die Wandhöhe betreffen können und nicht die Höhe des höchsten Punktes, und außerdem im Aufbauplan die Festlegung eines Verwendungszweckes (Terrasse im Gegensatz zum Flachdach) gar nicht zulässig sei, sodaß ihr Bauvorhaben genehmigungsfähig sei, nehmen die Gemeindebehörden und auch die Aufsichtsbehörde den Rechtsstandpunkt ein, daß der Verordnungsgeber hier zwischen einer zulässigen Terrassenbenützung (auf dem Nachbargrundstück, allerdings bei einer niedrigeren Höhe der baulichen Anlage) und der Benützung nur als Flachdach unterschieden habe. Schon aus diesem Grund sei die hier beabsichtigte Verwendung als Terrasse unzulässig. Die Gemeindebehörden haben darüber hinaus noch die Ansicht vertreten, daß die nach dem Aufbauplan zulässige Gesamthöhe überschritten würde.

Gemäß § 18 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. Nr. 4, in der Fassung der Novelle Nr. 76/1990, hat jede Gemeinde, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, für die im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesenen Grundflächen einen Bebauungsplan zu erlassen. Nach § 19 leg.cit. ist im Bebauungsplan unter Bedachtnahme auf die Ziele der örtlichen Raumordnung und den Inhalt des Flächenwidmungsplanes sowie unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Bestandaufnahme festzulegen, wie die Bebauung und die Erschließung des Baulandes zu erfolgen hat. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind im Bebauungsplan festzulegen:

a) hinsichtlich der Erschließung die Straßenfluchtlinien der Verkehrsflächen (§ 21 Abs.1), b) hinsichtlich der Bebauung

1. die Baufluchtlinien, 2. die Bauweisen, 3. die Bauhöhen. Hinsichtlich der Erschließung und der Bebauung können noch weitere Festlegungen erfolgen. Nach § 20 Abs. 1 leg.cit. kann der Bebauungsplan durch örtliche Bauvorschriften ergänzt werden, in denen im Interesse der bestmöglichen Gestaltung des Orts- und Straßenbildes nähere Bestimmungen über die äußere Gestaltung von baulichen Anlagen festgelegt werden. Gemäß § 23 Abs. 1 leg.cit. können nach der Art der Anordnung der Gebäude zu den nicht straßenseitig gelegenen Grenzen der Bauplätze folgende Bauweisen festgelegt worden: a) geschlossene Bauweise,

b) offene Bauweise, c) besondere Bauweise. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung kann, soweit es im Interesse einer zweckmäßigen Bebauung gelegen ist, im Bebauungsplan eine besondere Bauweise vorgesehen werden. In diesem Fall sind die für die Anordnung und Gliederung der Gebäude und Nebenanlagen wesentlichen Festlegungen in einem einen Bestandteil des Bebauungsplanes bildenden eigenen Plan (Aufbauplan) festzulegen. Nach § 24 Abs. 1 leg.cit. ist die Bauhöhe durch Höchstmaße, durch Höchst- und Mindestmaße oder durch zwingende Maße festzulegen, wobei nach Abs. 2 der Bestimmung die Höhe von Gebäuden durch die Zahl der Vollgeschoße oder durch die Wandhöhe der Außenwände bestimmt ist und die Verknüpfung dieser Festlegungen zulässig ist. Darüber hinaus kann die Höhe des obersten Punktes des Gebäudes bestimmt werden.

Während im gegenständlichen Teil des Bebauungsplanes die maximale Zahl der Vollgeschoße mit IV angegeben ist, finden sich im "Aufbauplan Kirchplatz" weitere Festlegungen der Höhe der Gebäude bzw. sonstigen baulichen Anlagen sowie die Festlegungen "Flachdach, Pultdach und Terrasse".

Nun ist den Beschwerdeführern zuzugestehen, daß gemäß § 23 Abs. 4 TROG 1984 ein Aufbauplan nur für die Festlegung einer besonderen Bauweise vorgesehen ist. Da aber die Gemeinde grundsätzlich auch zur Erlassung örtlicher Bauvorschriften gemäß § 20 Abs. 1 leg.cit. zuständig ist, hiebei insbesondere auch die Festlegung von Dachformen, Dachdeckung, Anstrich u. dgl., einen Regelungsinhalt darstellen kann, bestehen keine Bedenken dagegen, wenn der Gemeinderat bei der Beschlußfassung über den Teilbebauungs- und Aufbauplan Kirchplatz in den als Aufbauplan bezeichneten Teil der Verordnung auch Bestimmungen aufgenommen hat, die zwar nicht Regelungsinhalt eines Aufbauplanes sind, aber dennoch in den Zuständigkeitsbereich des Gemeinderates fallen und Festlegungen getroffen hat, die der Gemeinderat auch zulässigerweise treffen kann. Wenn der Gemeinderat nun hinsichtlich der näheren Bestimmung über die äußere Gestaltung von baulichen Anlagen im Sinne des § 20 Abs. 1 TROG 1984 festgelegt hat, daß ein Teil der vom "Aufbauplan Kirchplatz" erfaßten Gebäude nur mit Flachdach, ein anderer mit Pultdach und ein anderer als Terrasse ausgestaltet werden kann, und in bezug auf die zu bebauende Liegenschaft ausschließlich die Festlegung "Flachdach" erfolgte, so konnte eine Baubewilligung für die beantragte Terrasse, die eben mit der Flachdachfestlegung in Widerspruch steht, nicht erteilt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch keine sachlichen Bedenken gegen die differenzierte Festsetzung von Terrassen einerseits und Flachdach andererseits, da die festgesetzte Höhe für die zulässige Terrasse (auf der Nachbarliegenschaft) mit 89,6 m auch insgesamt niedriger ist als die Festsetzung von 91,6 m für die zu verbauende Liegenschaft.

Im Ergebnis sind daher die Beschwerdeführer durch die Versagung der beantragten Baubewilligung in keinem Recht verletzt worden.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996060001.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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