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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch DDr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Oktober 1994, Zl. 101.865/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 14. Oktober 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin vom 16. Dezember 1993 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß §§ 4 und 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ab.
Begründend führt die belangte Behörde aus, § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz besage, daß Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden dürfe, bei denen ein Grund für die Versagung eines Sichtvermerks gemäß § 10 Abs. 1 Fremdengesetz vorliege, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Es stehe fest, daß die antragsgegenständliche Wohnung nur über eine Nutzfläche von 24 m2 verfüge und die Beschwerdeführerin diese Wohnung gemeinsam mit vier anderen Personen benütze. Ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 Nutzfläche pro Person könne im Hinblick auf eine derartige Beengtheit eine für Inländer ortsübliche Unterkunft jedenfalls nicht vorliegen. Es ergäbe sich somit der Ausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz.
Die Beschwerdeführerin verfüge zwar über familiäre Bindungen in Österreich, es seien jedoch auch die Anträge ihres Ehegatten und ihrer Kinder auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abgewiesen worden. Außerdem greife laut ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine "Sichtvermerksversagung" nicht mit derselben Wahrscheinlichkeit und Intensität in das Privat- und Familienleben ein wie ein Aufenthaltsverbot. Es sei daher den öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung Priorität einzuräumen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die Verwaltungsakten mit dem Antrag vor, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem Beschwerdevorbringen, es hätte die belangte Behörde darzulegen gehabt, "auf welche Verordnung bzw. auf welche Gesetzesstelle sie sich bei der Festlegung bei der Nutzfläche von 10 m2 pro Person beruft", zeigt die Beschwerdeführerin im Ergebnis eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit auf.
Die belangte Behörde ging von einem "grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 Nutzfläche pro Person" für das Vorliegen einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft aus. Welche Erwägungen dieser Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "ortsübliche Unterkunft" zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. dazu aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0361, und vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0089).
Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff).
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an notwendigen Stempelgebühren insgesamt lediglich S 390,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen zu je S 120,--, eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides S 30,--, eine Vollmacht S 120,--) aufgelaufen sind.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994180979.X00Im RIS seit
02.05.2001