Entscheidungsdatum
23.08.2022Norm
GewO 1994 §74 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Wimmer als Einzelrichter über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H, in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 03. März 2021, Zl. ***, betreffend die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage durch Errichtung einer Windturbine in ***, ***, Grundstück Nr. ***, KG und Stadtgemeinde ***, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 28 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Bescheid vom 03. März 2021, Zl. *** wies die Bezirkshauptmannschaft Melk (in der Folge: belangte Behörde) den Antrag von der A Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: Beschwerdeführerin) vom 29. April 2019 ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei der Aufstellung der Windturbine um eine Änderung der Betriebsanlage handle, die geeignet sei, die Schutzinteressen des § 74 Abs. 1 GewO 1994 (zB. durch Lärm, Schattenwurf, möglicher Eisabwurf etc.) zu beeinträchtigen. Daher handle es sich um eine genehmigungspflichtige Änderung der bestehenden Betriebsanlage gemäß § 81 GewO. Die in der von B erstellten „Checkliste Schall für die Erstellung von UVE-Unterlagen für Windenergieanlagen“ (Stand Februar 2019) und damit einem antizipierten technisch-medizinischen Gutachten für die Frage der Zumutbarkeit ermittelten Richtwerte unter Berücksichtigung des gemessenen Grundgeräuschpegels würden durch die geplante Anlage nicht nur geringfügig, sondern gravierend überschritten. Deshalb sei aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass unzumutbare Belästigungen der Nachbarn nicht ausgeschlossen werden könnten. Aus dem eingeholten, schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Amtssachverständigen für Lärmtechnik hätte sich daher ergeben, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Lärmimmissionen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden könnten. Die Behörde komme in Anwendung des § 77 Abs. 1 und 2 GewO zu dem Schluss, dass im Falle der beantragten Änderung jedenfalls eine unzumutbare Belästigung, wenn nicht gar eine Gesundheitsgefährdung, der Wohnnachbarn nicht ausgeschlossen werden könne.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Mit Schreiben vom 23. März 2021 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde.
Sie beantragte den Bescheid aufzuheben und positiv neu zu entscheiden. Außerdem bot die Beschwerdeführerin an, den Standort der Windturbine um 24 m nach Westen zu verlegen um die Entfernung zum unmittelbaren Nachbarn zu verringern.
Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, dass auf Grund der Bauweise der Turbine ein Eisabwurf nicht möglich sei. Außerdem würden Winddurchschnittsdaten der Numibis Statistik der Fachabteilung *** des Landes NÖ-Anlagentechnik zeigen, dass nur 3,55% der Jahresstunden eine Windgeschwindigkeit von über 6 m/s auftrete. Bei Bedarf könnte die Drehzahl der Windturbine bei einer Windgeschwindigkeit von über 6 m/s etwa in den Nachtstunden mittels eingebauter Bremse auf null gesetzt werden. Weiters liege in unmittelbarer Nähe zur Betriebsanlage ein Bahngelände. Durch den dort entstehenden Bahnlärm würden die Grenzwerte für Schall weit höher überschritten werden. Es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, Bahnlärm, welcher weit höhere Lärmpegel verursache, nicht im Gutachten zu berücksichtigen.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 21. Februar 2022 wurde der Beschwerdeführerin vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorerst ein Verbesserungsauftrag erteilt. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt war ersichtlich, dass neben der lärmtechnischen Problematik das eingereichte Projekt mangels ausreichender Unterlagen insbesondere auch aus bautechnischer Sicht bisher nicht beurteilungsfähig war. Der Beschwerdeführer wurde deshalb ersucht die für eine bautechnische Begutachtung notwendigen Unterlagen nachzureichen, welche dieser mit Stellungnahme vom 02. März 2022 übersendete.
In weiterer Folge übermittelte der lärmtechnische Amtssachverständige am 4. Mai 2022 auf Anfrage des Gerichts an das Landesverwaltungsgericht ein Schreiben, wonach der mit dem Schreiben vom 16. April 2021 vorgelegte Messbericht ohne Datum, Zahl und Seitenzahlen auf der gezählten Seite 7 in Tabelle 2 für die Windgeschwindigkeiten 6m/s bis 10m/s die gleichen Werte wie in der Stellungnahme des lärmtechnischen ASV vom 12. Jänner 2021 in der Tabelle Seite 2 in der Spalte „Bericht E“ enthalte. Die Stellungnahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom 12. Jänner 2021 könne somit weiterhin aufrecht bleiben.
4. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin beantragte am 29. April 2019 die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windturbine (Kleinwindkraftanlage) im Standort ***, ***, Grundstücknr. ***, KG ***. Es handelt sich hierbei um eine Änderung der mit Bescheid vom 19. Februar 1997 genehmigten Betriebsanlage.
Die Windturbine soll im nördlichen Bereich des Grundstücks errichtet werden. Es soll ein Rohrmast mit der Windturbine in einen mobilen Pflanzkübel im Bereich des Eingangs aufgestellt werden. Der Pflanzenkübel soll Maße von 2,19 x 2,19 x 1,07 haben und auf einer Stahlbetonfundamentplatte mit Stampfbetonstreifenfundamenten stehen.
Der nächste Wohnnachbarschaftsbereich liegt in einer Entfernung von etwa 20 m (C und D).
Es zeigt sich, dass die Kriterien der „Checkliste Schall für die Erstellung von UVE-Unterlagen für Windenergieanlagen“ (Stand Februar 2019) bis zu einer Windgeschwindigkeit von 5 m/s eingehalten werden können. Im Bereich 7 m/s bis 10 m/s ergeben sich Überschreitungen des Kriteriums 1 von etwa 6 dB. Die betriebskausalen Immissionen der Windenergieanlage übersteigen in diesem Bereich das Kriterium 2 um etwa 9 dB bis 10 dB. Die nach der Checkliste maximal vertretbaren Pegelwerte können somit nicht eingehalten werden. Bei Windgeschwindigkeiten über 6 m/s wäre jedenfalls mit klaren Auffälligkeiten zu rechnen.
5. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten, unbedenklichen verwaltungsbehördlichen Verfahrensakt.
Die Feststellungen betreffend die Lärmimmissionen gründen auf dem nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen vom 12. Jänner 2021 welcher die Immissionen anhand des Prüfberichts E vom 26. November 2019 berechnete, weil davon ausgegangen wird, dass die gegenständliche Windturbine im Zustand wie in diesem Messbericht errichtet werden soll. Durch den Amtssachverständigen wurde eine schalltechnische Beurteilung anhand der Grenzwerte der „Checkliste Schall für die Erstellung von UVE-Unterlagen für Windenergieanlagen“ (Stand Februar 2019) durchgeführt. Die Beurteilung erfolgte für den Zeitraum der Nacht, da dieser die ungünstigste Situation darstellt.
Mit Schreiben vom 04. Mai 2022 wurde vom Amtssachverständigen, im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht, festgehalten, dass die Stellungnahme vom 12. Jänner 2021 weiterhin aufrecht bleiben kann. Der im Nachtrag zur Beschwerde von der Beschwerdeführerin vorgelegte Messbericht vom 16. April 2021 enthalte auf der gezählten Seite 7 in Tabelle 2 für die Windgeschwindigkeiten 6 m/s bis 10 m/s die gleichen Werte wie in der Stellungnahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen vom 12. Jänner 2021 in der Tabelle auf Seite 2 in der Spalte „Bericht E“.
6. Rechtslage:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 StF: BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 108/2022 lauten:
„§ 74. (1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
[…]“
„§ 77. (1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.
(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
[…]“
„§ 81. (1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
[…]“
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) StF: BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 141/2022 lauten:
„Artikel 18. (1) Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.
[…]“
7. Erwägungen:
Vorweg ist anzumerken, dass eine Eventualprüfung weiterer Aufstellungsorte im Rahmen eines gerichtlichen Beschwerdeverfahrens nicht vorgesehen ist. Verfahrensgegenstand ist einzig der eingereichte und der behördlichen Entscheidung zu Grunde liegende Standort. Sollte eine Änderung des Standortes gewünscht werden, müsste dies ausdrücklich beantragt werden.
Die Nutzung der Windturbine steht in direktem Zusammenhang mit der mit Bescheid vom 19. Februar 1997 genehmigten Betriebsanlage der Beschwerdeführerin. Das Errichten der Windturbine stellt demnach eine Änderung der bestehenden Betriebsanlage gemäß § 81 Abs. 1 GewO dar, da diese im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO geeignet ist die Nachbarn insbesondere durch zusätzlichen Lärm zu belästigen.
Gemäß § 77 Abs. 1 GewO ist eine Betriebsanlage und damit auch eine Änderung einer bestehenden Betriebsanlage nur zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a GewO) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 GewO auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Für die Nachbarstellung ist bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung durch die zu genehmigende Betriebsanlage ausreichend (vgl. VwGH vom 26. November 2015, 2012/07/0027). Bei einer Entfernung von 20 m von der Windturbine bis zum nächsten Wohngebäude ist im Sinne dieser Rechtsprechung jedenfalls von der Möglichkeit einer Belästigung auszugehen, wodurch die Nachbarstellung im konkreten Fall gegeben ist.
Die Auswirkungen der zu genehmigenden Betriebsanlage bzw. der zu genehmigenden Änderung einer genehmigten Betriebsanlage sind dabei unter Zugrundelegung jener Situation zu beurteilen, in der die Immissionen für die Nachbarn am ungünstigsten, dh am belastendsten sind (vgl. VwGH vom 26. November 2015, 2012/07/0027).
Die vom Amtssachverständigen zur Beurteilung herangezogenen Lärm-Immissionsgrenzwerte wurden der „Checkliste Schall für die Erstellung von UVE-Unterlagen für Windenergieanlagen“ (Stand Februar 2019) entnommen. Diese Grenzwerte entsprechen dem aktuellen Stand der Technik und der medizinischen Wissenschaft und garantieren den Nachbarn einen Schutz vor unzumutbaren Belästigungen. Im Gutachten des Amtssachverständigen wird dargelegt, dass diese Grenzwerte nicht nur geringfügig, sondern sogar deutlich überschritten werden. So übersteigen die betriebskausalen Immissionen der Windenergieanlage bei Windgeschwindigkeiten von 7 m/s bis 10 m/s den Grenzwert um 9 dB bis 10 dB. Diese Immissionswerte wurden für den Zeitraum der Nacht erstellt, da dieser, im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung, die für die Nachbarn ungünstigste Situation darstellt. Diesem eingeholten schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten konnte der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten und somit auch nicht den Gegenbeweis zu diesem lärmtechnischen Gutachten erbringen.
Aus dem Grundsatz der Antragsbedürftigkeit der Betriebsanlagengenehmigung erschließt sich, dass das Vorhaben durch Auflagen nur soweit modifiziert werden darf, dass dieses in seinem Wesen nicht berührt wird. Ob eine Auflage in das Wesen eines Projektes eingreift, hängt von der Art der Anlage ab. Das Wesen einer Windenergieanlage ist es durch die Ausnutzung der Windkraft Energie zu erzeugen. Aus den technischen Unterlagen zur gegenständlichen Windturbine ergibt sich, dass die Leistung der Windturbine mit höherer Windgeschwindigkeit exponentiell zunimmt. Sprich erst bei hohen Geschwindigkeiten kann die Windturbine die volle Leistung entfalten. Somit würde der Vorschlag der Beschwerdeführerin die Windturbine bei Windgeschwindigkeiten von über 6 m/s zum Stillstand zu bringen, das Wesen der Windturbine berühren. Aus diesem Grund ist es nicht möglich die Änderung der bestehenden Betriebsanlage, unter Vorschreibung einer solchen Auflage, zu erteilen (vgl. VwGH vom 02. Oktober 1989, 87/04/0046).
Das Landesverwaltungsgericht kommt zu dem Schluss, dass im gegenständlichen Fall eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn im Sinne des § 77 Abs. 1 iVm § 74 Abs. 2 GewO nicht ausgeschlossen werden kann. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Schreiben der Beschwerdeführerin vom 03. August 2022, in welchem gefordert wird den Betrieb der Windkraftanlage ohne Berücksichtigung des § 74 und § 77 GewO freizugeben, ist folgendes anzumerken. Durch das Legalitätsprinzip der Verfassung sind die Verwaltung und die Gerichte an das Gesetz gebunden. Art. 18 Abs. 1 B-VG führt weiter aus, dass die Verwaltung nicht nur an die Gesetze gebunden ist, sondern auch nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Es ist dem Landesverwaltungsgericht und auch den Behörden demnach verwehrt sich über das Gesetz hinwegzusetzen. Es ist daher auch nicht möglich den Betrieb der Windenergieanlage ohne Berücksichtigung der § 74 und § 77 GewO „freizugeben“.
8. Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG konnte abgesehen werden, da bereits aufgrund des Akteninhaltes feststand, dass die Beschwerde abzuweisen ist und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.
9. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da sich die Entscheidung auf die zitierte und einheitliche Rechtsprechung bzw. die klare und eindeutige Rechtslage stützt (zur Unzulässigkeit der Revision bei klarer Rechtslage zB VwGH vom 15. Mai 2019, Ro 2019/01/0006).
Schlagworte
Gewerberecht; Betriebsanlage; Windenergieanlage; Genehmigung; Änderung; Auflage; Nachbar;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.592.001.2021Zuletzt aktualisiert am
13.10.2022