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10 VerfassungsrechtNorm
PG 1965 §53Leitsatz
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht befugt, Gesetzesvorschriften aufgrund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefaßt haben könnte, in Prüfung zu ziehen. Begründete verfassungsrechtliche Bedenken werden bloß gegen §314 ASVG, nicht aber auch gegen §53 bzw §56 Abs2 litc PG 1965 vorgetragen werden. Das Fehlen der Darlegung von Bedenken gegen einzelne der (hier: möglicherweise) angefochtenen Normen bildet einen zur sofortigen Zurückweisung des Antrages führenden Mangel. Der Antrag läßt überdies nicht erkennen, aus welchen Gründen durch die (hier möglicherweise) angefochtenen Gesetzesbestimmungen in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar eingegriffen wird. Insbesondere fehlt etwa eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob §314 ASVG (oder der Abs1 dieser Bestimmung) für die Antragsteller unmittelbar oder erst durch den auf §56 PG 1965 gestützten Bescheid über die Bemessung des besonderen Pensionsbeitrages wirksam geworden ist. Der Antrag leidet aus diesem Grund an einem nicht behebbaren Formgebrechen.Spruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. In ihrer durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt eingebrachten, verbesserten Eingabe stellen die Antragsteller nter Bezugnahme auf Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG abschließend die folgenden - unverändert wiedergegebenen - Anträge:
".... 1) die Gesetzesstelle des §314 ASVG als verfassungswidrig ebenso aufzuheben ebenso
2) die Gesetzesstelle des §56 (2) litc PG 1965
da diese Gesetzesstellen gegen die Bestimmung des Artikels 7 BVG verstoßen.
Weiters beantragen wir den Ersatz der Kosten, wobei im Sinne des §27 Verfassungsgerichtshofgesetz letzter Satz, der Zuspruch für alle regelmäßig anfallenden Kosten zuzüglich USt begehrt wird."
Punkt 2 der Eingabe enthält unter der Überschrift "Prüfungsgegenstand" folgenden Satz:
"Wir bekämpfen gem. Artikel 140 BVG die §314 (1) Z7 ASVG und den §53 (2) litc PG wegen der Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gem. Artikel 7 BVG."
In dem mit "Antragslegitimation" überschriebenen Punkt 3 der Eingabe findet sich (im vorletzten Absatz der betreffenden Ausführungen) ein Satz mit folgendem Wortlaut:
"Dagegen richtet sich der Antrag auf Überprüfung des §314
(1) ASVG 1955 und den §53 PG 1965 hinsichtlich ihrer Verfassungsgemäßheit."
2. Begründend führen die Antragsteller - sinngemäß zusammengefaßt - aus: Die Antragsteller seien Diözesanpriester der Diözese Graz-Seckau. Sie seien zunächst im Seelsorgedienst der Diözese Graz-Seckau tätig und dabei von der Sozialversicherungspflicht ausgenommen gewesen. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hätten sie als Vertragslehrer des Bundes an allgemeinbildenden höheren Schulen Religion unterrichtet; während dieser Zeit seien sie der Sozialversicherungspflicht unterlegen. In der Folge sei jeder der beiden Antragsteller in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund übernommen worden und bis zum Übertritt in den Ruhestand als Religionsprofessor an einer allgemeinbildenden höheren Schule tätig gewesen. Da den Antragstellern nach Übernahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis die im Seelsorgedienst zurückgelegte Zeit (gemäß §53 Abs2 litc des Pensionsgesetzes 1965) als Ruhegenußvordienstzeit angerechnet worden sei, ein Überweisungsbetrag nach §308 Abs1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes - ASVG aber nicht habe geleistet werden können, sei den Antragstellern gemäß §56 Abs1 und 3 des Pensionsgesetzes 1965 ein besonderer Pensionsbeitrag vorgeschrieben worden. Diesen hätten sie überwiegend aus eigenen Mitteln leisten müssen, weil ihnen die Diözese Graz-Seckau hiezu lediglich eine Beihilfe in der Höhe von 7 % der gesamten bisher bezogenen Einkünfte geleistet habe.
Nach Auffassung der Antragsteller widerspricht es dem Gleichheitsgrundsatz, daß nach §314 Abs1 ASVG die Diözese nur dann einen Überweisungsbetrag zu leisten hat, wenn ein gemäß §5 Abs1 Z7 ASVG von der Vollversicherung ausgenommener Geistlicher der katholischen Kirche aus dem Geistlichen Stand ausscheidet, nicht aber auch dann, wenn er - wie dies bei den Antragstellern der Fall ist - im Geistlichen Stand verbleibt, jedoch in ein (pensionsversicherungsfreies) öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eintritt.
3.a) (Individual-)Anträge nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG, die nicht begehren, das - nach Auffassung des Antragstellers verfassungswidrige - Gesetz seinem "ganzen Inhalte" nach oder in "bestimmte(n)" Stellen aufzuheben (§62 Abs1 erster Satz VerfGG) oder die keine Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit der aufzuhebenden Norm sprechenden Bedenken (im einzelnen) enthalten (§62 Abs1 zweiter Satz VerfGG), sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht verbesserungsfähig und als unzulässig zurückzuweisen.
Es ist daher Prozeßvoraussetzung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nach Art140 Abs1 B-VG, daß im Antrag sowohl die bekämpften Stellen des Gesetzes genau und eindeutig bezeichnet als auch die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit - in überprüfbarer Art - präzise ausgebreitet werden (s. zu all dem etwa VfSlg. 12263/1990 mit Hinweisen auf Vorjudikatur).
b) Die oben (unter I.1.) wörtlich wiedergegebenen Stellen des (Individual-)Antrages lassen nicht eindeutig erkennen, ob die Aufhebung des §314 ASVG in seinem gesamten Umfang oder nur des Abs1 dieses Paragraphen (der im übrigen keine Gliederung in Ziffern aufweist, sodaß die an einer Stelle der Antragsbegründung aufscheinende Anführung einer Z7 des §314 Abs1 ASVG ins Leere geht) begehrt wird. Es ist ferner im Hinblick auf die wiedergegebenen Stellen der Antragsbegründung nicht eindeutig erkennbar, ob der Aufhebungsantrag sich auf §53 des Pensionsgesetzes 1965 zur Gänze oder bloß auf den Abs2 litc dieser Bestimmung bezieht, ebensowenig, ob überdies (oder allenfalls lediglich) §56 Abs2 litc des Pensionsgesetzes 1965 Gegenstand des Aufhebungsantrages ist. Es fehlt daher an der von §62 Abs1 erster Satz VerfGG geforderten, jeden Zweifel über den Umfang des Aufhebungsantrages ausschließenden Grenzziehung. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht befugt, Gesetzesvorschriften aufgrund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen der Antragsteller ins Auge gefaßt haben könnte, in Prüfung zu ziehen (s. VfSlg. 11152/1986).
c) Dazu kommt, daß begründete verfassungsrechtliche Bedenken bloß gegen §314 ASVG, nicht aber auch gegen die zitierten Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965 vorgetragen werden. Das Fehlen der Darlegung von Bedenken gegen einzelne der (hier: möglicherweise) angefochtenen Normen bildet jedoch einen zur sofortigen Zurückweisung des Antrages führenden Mangel (s. etwa VfSlg. 11970/1989 mwH).
d) In einem gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestellten (Individual-)Antrag ist auch darzutun, inwieweit das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für den Antragsteller wirksam geworden ist (§62 Abs1 dritter Satz VerfGG).
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Antrag läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen durch die (hier möglicherweise) angefochtenen Gesetzesbestimmungen in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar eingegriffen wird. Insbesondere fehlt etwa eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob §314 ASVG (oder der Abs1 dieser Bestimmung) für die Antragsteller unmittelbar oder erst durch den auf §56 des Pensionsgesetzes 1965 gestützten Bescheid über die Bemessung des besonderen Pensionsbeitrages wirksam geworden ist. Der Antrag leidet aus diesem Grund an einem nicht behebbaren Formgebrechen (vgl. VfGH 17.3.1993, G203/92, B59/93).
4. Die Zurückweisung des (Individual-)Antrages konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Bedenken, VfGH / FormerfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G277.1992Dokumentnummer
JFT_10059693_92G00277_00