TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/28 95/07/0197

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Veröffentlicht am 28.03.1996
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Index

L37136 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Steiermark;
L82406 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §1452;
AWG Stmk 1990 §2 Abs3 Z1;
AWG Stmk 1990 §9;
AWG Stmk 1990;
MüllabfuhrO Gössendorf §4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. September 1995, Zl. 3-38.40 8-95/1, betreffend Anschlußpflicht an die Müllabfuhr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Gössendorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Gössendorf vom 10. Februar 1995 wurde ausgesprochen, daß die Liegenschaft Th., B.-Straße 62, deren Eigentümer der Beschwerdeführer ist, gemäß § 9 Abs. 6 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, LGBl. Nr. 5/1991 (StAWG) in Verbindung mit § 2 der Müllabfuhrordnung der Gemeinde Gössendorf vom 9. Dezember 1992 an die öffentliche Müllabfuhr der Gemeinde Gössendorf angeschlossen ist und daß gemäß § 4 der Müllabfuhrordnung ein Restmüllbehälter mit einem Fassungsvermögen von 80 l beigestellt wird.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer verfüge über keine Anlage zur Behandlung von Abfällen im Sinne des § 9 Abs. 4 StAWG, weshalb er nicht von der Anschlußpflicht an die öffentliche Müllabfuhr ausgenommen werden könne. Es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß in einem Dreipersonenhaushalt und einer Zahnarztpraxis keine nicht verwertbaren Abfälle anfielen.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.

Mit Bescheid vom 7. September 1995 wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es, das Grundstück des Beschwerdeführers liege im Abfuhrbereich der Müllabfuhr der Gemeinde Gössendorf, weshalb Anschlußpflicht an die öffentliche Müllabfuhr bestehe. Von dieser Anschlußpflicht könne der Beschwerdeführer nicht ausgenommen werden, da er über keine eigene behördlich genehmigte Anlage zur Behandlung von Abfall verfüge. Andere Ausnahmetatbestände seien im StAWG nicht vorgesehen. Die Beistellung des 80 l-Restmüllbehälters stütze sich auf § 4 Abs. 1 lit. a und Abs. 8 lit. a der Müllabfuhrordnung der Gemeinde Gössendorf, wonach grundsätzlich für jeden Eigentümer einer im Abfuhrbereich gelegenen Liegenschaft zumindest ein Restmüllbehälter beizustellen sei. Damit sei bereits das Mindestmaß in Größe und Anzahl der verwendeten Müllbehälter beigestellt und werde dadurch einem zu erwartenden geringen Restmüllaufkommen Rechnung getragen. Dieses Minimum an Müllbehältern sei jedenfalls bereitzustellen, da erfahrungsgemäß in jedem Haushalt nicht verwertbare Abfälle anfielen, die einer geordneten Entsorgung zugeführt werden müßten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, § 9 StAWG sei nur dann anwendbar, wenn Abfall im Sinne des § 2 dieses Gesetzes anfalle. Die belangte Behörde habe sich nicht davon überzeugt, ob die Behauptung des Beschwerdeführers, bei ihm falle kein Abfall im Sinne des § 2 StAWG an, zutreffe. Der Beschwerdeführer wohne mit seiner Familie seit Jahrzehnten in seinem Wohnhaus und bewirtschafte eine Landwirtschaft. Bis zum heutigen Tag seien keine Schäden durch Abfall, Müll oder andere Abfallstoffe auf dem Grundstück des Beschwerdeführers feststellbar gewesen und auch nicht auf Grundstücken von Nachbarn und Anrainern. Wenn aber keine Schäden festgestellt werden könnten, dann könne eine Anschlußverpflichtung an die Müllabfuhr nicht gegeben sein.

Die Abfallsituation im Lebensbereich des Beschwerdeführers sei seit mindestens 50 Jahren gleichgeblieben. Es sei daher davon auszugehen, daß "im Sinne der Bestimmungen der Ersitzung oder Verjährung" die Behörde durch ein stillschweigendes Dulden des Zustandes die Abfallsituation genehmigt habe. Der Beschwerdeführer verfüge daher auf Grund der langjährig gleichbleibenden Ausübung über eine durch Ersitzung behördlich genehmigte Anlage zur Abfallverwertung.

Eine gesetzliche Bestimmung hinsichtlich der Grundsätze der Abfallentsorgung sei nicht vorhanden. Wenn es aber keine gesetzlichen Grundlagen gebe, könne eine Anschlußverpflichtung nicht vorgenommen werden. Dazu komme, daß eine Abfallentsorgung überhaupt nicht notwendig sei, da der Beschwerdeführer seinen gesamten Müll selbst verwerte.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 9 Abs. 1 StAWG sind die Eigentümer der im Abfuhrbereich gelegenen Grundstücke berechtigt und verpflichtet, diese an die öffentliche Müllabfuhr anzuschließen und damit die auf ihren Grundstücken anfallenden Abfälle nach § 2 Abs. 3 Z. 1 durch die öffentliche Müllabfuhr sammeln und abführen zu lassen.

Bei den im § 9 Abs. 1 angeführten Abfällen nach § 2 Abs. 3 Z. 1 StAWG handelt es sich um Abfälle aus privaten Haushalten und öffentlichen Einrichtungen sowie hausmüllähnliche Abfälle (Müll).

Nach § 9 Abs. 4 StAWG können von der Anschlußpflicht an die öffentliche Müllabfuhr die Eigentümer von Grundstücken (Betrieben) ausgenommen werden, wenn sie über eigene, behördlich genehmigte Anlagen zur Behandlung von Abfall verfügen und nachweisen können, daß der Abfall entsprechend den Grundsätzen des § 3 Abs. 3 des Abfallwirtschaftskonzeptes und des Abfallwirtschaftsplanes entsorgt wird. Hierüber hat die Gemeinde auf begründeten Antrag mit Bescheid zu entscheiden.

Nach § 9 Abs. 6 StAWG gilt der Anschluß an die öffentliche Müllabfuhr mit der Beistellung der Müllbehälter (§ 10) als vollzogen. Die Gemeinde hat hievon die Anschlußpflichtigen nachweislich zu verständigen. Auf Antrag eines Anschlußpflichtigen, der binnen einem Monat nach Zustellung der Verständigung eingebracht werden kann, hat die Behörde über die Anschlußpflicht einen Bescheid zu erlassen und die Größe und Anzahl der erforderlichen Müllbehälter mit Bescheid festzusetzen.

§ 9 StAWG stellt die gesetzliche Grundlage für die Pflicht von Liegenschaftseigentümern zum Anschluß an die öffentliche Müllabfuhr dar. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es gebe keine solche Rechtsgrundlage, ist daher unzutreffend.

Daß auf einer Liegenschaft wie jener des Beschwerdeführers, auf der sich ein Dreipersonenhaushalt und eine Zahnarztpraxis befinden, Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 StAWG anfallen, konnten die Verwaltungsbehörden auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens annehmen. Außerdem wird dieser Umstand vom Beschwerdeführer selbst bestätigt, erwähnt er doch sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den auf seiner Liegenschaft anfallenden Müll. So ist beispielsweise in seinem Schreiben vom 20. Februar 1993 an die Gemeinde Gössendorf davon die Rede, daß er den Biomüll und den verrottbaren Abfall durch Verfütterung und Kompostierung entsorge.

§ 9 Abs. 4 StAWG sieht als unabdingbare Voraussetzung für eine Ausnahme von der Anschlußpflicht an die öffentliche Müllabfuhr das Vorliegen einer eigenen behördlich genehmigten Anlage zur Behandlung von Abfall vor. Über eine solche verfügt der Beschwerdeführer nicht. Einer "Ersitzung" sind verwaltungsbehördliche Akte nicht zugänglich.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995070197.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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