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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Februar 1996, Zl. SD 1494/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer befinde sich seinen Angaben zufolge seit 11. Juni 1992 in Österreich. In der Folge habe er mehrere Sichtvermerke aufgrund von Verpflichtungserklärungen erhalten. Sein letzter Sichtvermerk sei bis 30. Dezember 1993 gültig gewesen. Sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. April 1994 abgewiesen worden. Seit Erlassung dieses Bescheides sei der Beschwerdeführer nicht mehr aufenthaltsberechtigt. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. November 1994 abgewiesen worden. § 17 Abs. 4 FrG stehe der Ausweisung nicht entgegen.
Im Ausweisungsverfahren sei nur die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes und nicht die Frage, ob der Beschwerdeführer - wie von ihm behauptet - die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbewilligung (Unterhalt, Arbeitsbewilligung, Fremdsprachkenntnisse usw.) erfülle, zu prüfen. Wie bereits dargestellt, sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers derzeit nicht rechtmäßig.
In bezug auf § 19 FrG, auf den gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. Bedacht zu nehmen sei, bringe der Beschwerdeführer vor, daß seine Eltern österreichische Staatsbürger seien und für seinen Unterhalt aufkämen sowie daß seine Ehefrau und sein minderjähriger Sohn in Österreich wohnten. Ein Eingriff in das Familienleben sei daher, auch wenn sich seine Ehegattin und sein minderjähriger Sohn, ebenso wie er, unberechtigt in Österreich aufhielten, gegeben. Dessen ungeachtet sei aber die Ausweisung zur Erreichung eines geordneten Fremdenwesens (öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und daher zulässig. Der Beschwerdeführer übersehe nämlich, daß er sich bereits mehr als ein Jahr illegal in Österreich aufhalte und im vorliegenden Verfahren keine Möglichkeit bestehe, seinen Aufenthalt und den seiner Ehegattin zu legalisieren. Die Ausweisung verfolge lediglich den Zweck, den Beschwerdeführer zu verhalten, den rechtswidrigen Zustand zu beenden und das Bundesgebiet zu verlassen. Eine weitere Tolerierung des rechtswidrigen Aufenthaltes bis zu einem allfälligen Obsiegen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und bis zur allfälligen Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung erscheine nicht vertretbar.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verfahrensmängel geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn deshalb aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde wird zugestanden, daß sich der Beschwerdeführer - im übrigen auch seine Ehegattin und sein Kind - im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides ohne Berechtigung hiezu in Österreich aufgehalten habe.
2.1. Der Beschwerdeführer hält die Ausweisung ungeachtet dessen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde - so ist das Beschwerdevorbringen der Sache nach zu verstehen - nicht (ausreichend) auf § 19 FrG Bedacht genommen habe. Dazu weist er darauf hin, daß er mit seiner Familie in einer seinem Vater gehörigen Wohnung lebe und dieser ihn und seine Familie erhalte, sodaß der Republik Österreich kein finanzieller Nachteil erwachse. Die Ehegattin des Beschwerdeführers sei als Gesellschafterin eines protokollierten Unternehmens tätig und trage zum Familienunterhalt bei. Der Beschwerdeführer sei Lehrer, spreche perfekt Deutsch und Serbo-Kroatisch und könne jederzeit in Österreich dringend benötigte Lehrtätigkeit bei hier aufhältigen Flüchtlingen leisten.
Durch die Ausweisung des Beschwerdeführers würde es zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Trennung einer intakten Familie kommen, wobei noch zu berücksichtigen wäre, daß der Beschwerdeführer in enger Beziehung zu Österreich stehe, seien doch hier seine Eltern und seine Gattin voll integriert. Schließlich sei noch zu bedenken, daß der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung für sich und seine Familie noch nicht entschieden habe.
2.2. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde eine Unzulässigkeit der Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des § 19 FrG nicht darzutun. Die belangte Behörde hat auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte private und familiäre Situation Bedacht genommen und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen, wobei sie freilich zu Recht auf die Minderung des Gewichtes dieses Eingriffes im Hinblick darauf hingewiesen hat, daß sich (auch) die Ehegattin und das Kind des Beschwerdeführers unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, somit auch für diese Personen die gesetzliche Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG zur Erlassung einer Ausweisung vorliegen. Darauf hingegen, daß der Beschwerdeführer, wie er meint, jederzeit eine dringend benötigte Lehrtätigkeit für Flüchtlinge leisten könnte, hat die belangte Behörde im Einklang mit dem Gesetz im gegebenen Zusammenhang nicht zugunsten des Beschwerdeführers Bedacht genommen, da dieser Umstand allenfalls im öffentlichen Interesse gelegen sein könnte, nicht jedoch dem Bereich des Privat- und Familienlebens zurechenbar ist. Daß der Verwaltungsgerichtshof über eine vom Beschwerdeführer gegen ihn und seine Familie betreffende negative Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz erhobene Beschwerde noch nicht abgesprochen habe, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der gegen den Beschwerdeführer verfügten Ausweisung ohne rechtliche Relevanz, existiert doch keine Vorschrift, welche die zur Erlassung einer Ausweisung zuständige Behörde verpflichtet, mit dieser Entscheidung bis zum Abschluß eines derartigen Beschwerdeverfahrens zuzuwarten; daß aber der besagten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet und war nach Ausweis des Beschwerdeaktes tatsächlich nicht der Fall.
Den mithin - unter zusätzlicher Berücksichtigung des insgesamt erst ca. dreieinhalbjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich - nicht stark ausgeprägten privaten und familiären Interessen am weiteren Verbleib im Bundesgebiet war das große Gewicht, das der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) zukommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1353, und vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/18/1355), gegenüberzustellen. Wenn die belangte Behörde angesichts des hohen Stellenwertes dieses maßgeblichen öffentlichen Interesses zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Ausweisung zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen notwendig sei, so kann darin im Hinblick auf die erhebliche Beeinträchtigung des besagten öffentlichen Interesses (konkret: an einem geordneten Fremdenwesen) durch den bereits über eineinhalbjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers einerseits und die, wie dargetan, nicht schwer wiegenden privaten und familiären Interessen andererseits keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.
3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist der Verfahrensrüge, derzufolge die belangte Behörde "angezogene" Akten, darunter auch jene des Bundesministers für Inneres betreffend den Antrag des Beschwerdeführers nach dem Aufenthaltsgesetz, nicht beigeschafft habe, der Boden entzogen.
4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180111.X00Im RIS seit
02.05.2001