TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/11 96/18/0154

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Veröffentlicht am 11.04.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

Aufenthaltsrecht Bosnien-Herzegowina 1995/389 §1 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der V in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Februar 1996, Zl. SD 1272/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Februar 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei im August 1992 sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist und habe nach Vorlage von Verpflichtungserklärungen Sichtvermerke bzw. eine Aufenthaltsbewilligung bis 5. Mai 1994 erhalten. Ein "Verlängerungsantrag" sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. Juni 1994 abgewiesen worden; seit Erlassung dieses Bescheides sei die Beschwerdeführerin nicht mehr zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Der dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. März 1995 keine Folge gegeben worden. Seit Erlassung dieses Bescheides stehe auch § 17 Abs. 4 FrG der Ausweisung nicht mehr entgegen.

In bezug auf § 19 FrG habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, bei ihren "Verwandten" Luka und Milica M. zu wohnen, ohne allerdings das Verwandtschaftsverhältnis näher zu bezeichnen. Die Beschwerdeführerin sei seit Oktober 1992 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen. Damit sei aber ein Eingriff in ihr Privat- und Familienleben i.S. des § 19 leg. cit. nicht begründet. Abgesehen davon sei der mit der Ausweisung verbundene Eingriff zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens, somit zur Erreichung eines im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles, dringend geboten. Einem geordneten Fremdenwesen komme ein hoher Stellenwert zu. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung infolge Versäumung der Antragsfrist abgelehnt worden sei. Die Beschwerdeführerin sei auch aufgrund der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 351/1995 nicht berechtigt, vom Inland aus einen neuen Antrag zu stellen, zumal sie bisher über keine Beschäftigungsbewilligung verfügt habe, und eine solche sogar mit Bescheid vom 22. Juni 1994 abgelehnt worden sei. Überdies sei gegen die Beschwerdeführerin bereits dreimal wegen unerlaubten Aufenthaltes eine Strafverfügung ergangen.

2. Mit der vorliegenden, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machenden Beschwerde begehrt die Beschwerdeführerin die Aufhebung dieses Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin gesteht zu, daß sie sich "derzeit ohne gültige Aufenthaltsbewilligung in Österreich (befinde)", verweist jedoch darauf, daß sie ihrer Meinung nach "als Kriegsflüchtling aus Bosnien-Herzegowina von der Österreichischen Bundesregierung ein befristetes Aufenthaltsrecht bis zum 30. Juni 1996 eingeräumt bekommen habe".

2. Aufgrund der damit angesprochenen Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 389/1995 (§ 1 Abs. 1) haben Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina und deren Ehegatten und minderjährige Kinder, die unter bestimmten Voraussetzungen vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (gemäß § 1 Abs. 4: bis 30. Juni 1996). Wesentlich für die Anwendbarkeit dieser Verordnung ist demnach, daß der betreffende Fremde "Staatangehöriger von Bosnien-Herzegowina" ist. Dies trifft indes für die Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung der - unbestritten gebliebenen - Feststellung im bekämpften Bescheid, wonach diese "Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation" sei, nicht zu. Der Umstand, daß die Heimatgemeinde der Beschwerdeführerin (behauptetermaßen) im "Kriegsgebiet liegt" - daß diese eine Grenzstadt i.S. des § 1 Abs. 3 der genannten Verordnung sei, wird nicht behauptet -, vermag das genannte Staatsbürgerschafts-Erfordernis nicht zu ersetzen.

Von daher gesehen stößt die - auf unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Annahme der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin seit ca. eineinhalb Jahren unrechtmäßig in Österreich aufhalte, auf keine Bedenken.

3. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stelle die Ausweisung einen schweren Eingriff in ihre "persönlichen Umstände" dar, da sie aufgrund ihres "nunmehr bereits 4-jährigen Aufenthaltes in Österreich sozial, wirtschaftlich und familiär vollkommen in Österreich integriert" sei. Lediglich aus dem geringfügigen Versehen einer verspäteten Antragstellung könne nicht abgeleitet werden, daß die Beschwerdeführerin die Ziele des Art. 8 Abs. 2 MRK gefährde.

4. Die belangte Behörde hat - unter der Annahme eines im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin - die Auffassung vertreten, daß im vorliegenden Fall die Ausweisung zum Schutz eines geordneten Fremdenwesens, welchem ein hoher Stellenwert zukomme, dringend geboten sei. Diese Beurteilung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Denn einerseits kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1353, und vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/18/1355). Andererseits sind die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib in Österreich angesichts ihres noch keineswegs langen Aufenthaltes in der Dauer von ca. dreieinhalb Jahren, wovon ein Zeitraum von bereits etwa eineinhalb Jahren als unrechtmäßiger Aufenthalt zu Buche schlägt, nicht so stark ausgeprägt, und zwar auch nicht unter Bedachtnahme auf ihr Zusammenleben mit "Verwandten", daß sie schwerer zu gewichten wären als das besagte öffentliche Interesse.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180154.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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