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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 5. Jänner 1994, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte am 12. Juli 1993 den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den polnischen Staatsangehörigen S. für die berufliche Tätigkeit als "KFZ-Spengler-Restaurateur" (spezielle Kenntnisse erforderlich: "KFZ-Spengler, Mechaniker, Schweißkenntnisse"). Im Antragsformular war hinsichtlich Beschäftigtenstand der beschwerdeführenden Partei eine inländische Person als Angestellte und ein Ausländer als Arbeiter angegeben.
Mit Bescheid vom 14. Juli 1993 (Zl. 6702 B/1098496) lehnte das zuständige Arbeitsamt den Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. In der Begründung führte das Arbeitsamt dazu aus, nach § 4 Abs. 6 AuslBG dürften Beschäftigungsbewilligungen nach Überschreitung der Landeshöchstzahl nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 leg. cit. vorlägen und weitere (im Bescheid durch Anführung der entsprechenden Gesetzesstelle näher genannte) Voraussetzungen erfüllt seien. Der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der Berufung vom 3. August 1993 wird eingangs auf eine dem Antrag nachgereichte Begründung vom "14.7.1993" hingewiesen. Im vorgelegten Akt der Verwaltungsbehörde findet sich dazu ein Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 12. Juli 1993, in dem dem Ansuchen um Beschäftigungsbewilligung für S. noch folgendes hinzugefügt wurde:
S. sei nicht nur ein hervorragender Spengler und Mechaniker, sondern habe außerordentliche Fähigkeiten bei der Restauration von Oldtimern gezeigt und entwickelt. Er sei imstande, Karosserie- und Blechteile fast 100 %-ig originalgetreu nachzufertigen und sei in seinen Schweißarbeiten fast "als virtuos" zu bezeichnen. Selbst Spenglermeister hätten festgestellt, daß seine Arbeiten von außerordentlicher Qualität seien. Hier komme selbstverständlich die Praxis in Polen (Nichtvorhandensein von Ersatzteilen) und ein ausgesprochenes Talent zum Tragen. Seine Kenntnisse auf dem Sektor der Elektromechanik, Autoelektrik und der Besitz eines österreichischen Führerscheins wären für den KFZ-Betrieb der beschwerdeführende Partei außerordentlich vorteilhaft. Es werde um baldige positive Erledigung gebeten, da S. als Arbeitskraft dringend im Betrieb benötigt werde.
Dem Schreiben vom 12. Juli 1993 war eine beglaubigte Übersetzung eines polnischen Arbeitszeugnisses des S. über seine Beschäftigung als Maurer, Mechaniker, Automechaniker und Elektromonteur in einem polnischen landwirtschaftlichen Unternehmen vom 22. Oktober 1984 bis 31. August 1991 angeschlossen.
In der Berufungsschrift wird ausgeführt, es werde noch einmal festgehalten, daß S. eine äußerst wertvolle und durch einen österreichischen Arbeitnehmer trotz mehr als einjähriger Bemühungen "absolut nicht ersetzbare Ersatzkraft" darstelle. Der Betrieb habe sich auf die Restaurierung von "Oldies und Oldtimern" spezialisiert. Bei diesen Fahrzeugen sei besonderes Engagement, Talent, Phantasie und Improvisationsgabe eine unabdingbare Voraussetzung. Genau dies sei in einem "selten hochwertigen Zusammenspiel" bei S. vorhanden. Es handle sich um einen jungen, erst knapp über ein Jahr existierenden Betrieb und die beschwerdeführende Partei sei mittlerweile mit Aufträgen konfrontiert, die ohne die Mitarbeit des S. nicht oder nur teilweise auszuführen seien. Gerade die Spezialisierung hebe die beschwerdeführende Partei aus der Masse "der kränkelnden KFZ-Branche" heraus. Eine weitere lang anhaltende Suche stelle "für unseren Betrieb eine ernsthafte Gefährdung" dar. S. habe auch "absolut nicht" die Absicht, in Österreich ortsansässig zu werden, sondern es handle sich bei ihm ausdrücklich um einen "klassischen Gastarbeiter".
Nachdem die belangte Behörde Erhebungen über eine Aufenthaltsberechtigung des S. durchgeführt hatte, erging der nunmehr angefochtene Bescheid vom 5. Jänner 1994, mit dem die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. "§ 4 Abs. 6 i.V. mit § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG" keine Folge gab. Im Rahmen der Darstellung der einschlägigen Rechtslage führte die belangte Behörde u.a. aus, die für das Kalenderjahr 1994 mit Verordnung vom 26. November 1993, BGBl. Nr. 794/1993, mit 91.000 festgesetzte Landeshöchstzahl sei laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn dieses Jahres überschritten. Einzelbetriebliche Interessen könnten im Rahmen des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG bei Überschreiten der Landeshöchstzahl für sich allein nicht berücksichtigt werden. S. werde für die Beschäftigung als KFZ-Spengler und für die Restauration von KFZ-Oldtimern beantragt. Es sei als Nachweis für die Qualifikation von S. ein polnisches Arbeitszeugnis vorgelegt worden, das bestätige, daß S. in einem landwirtschaftlich-industriellen Unternehmen als Maurer, Mechaniker, Automechaniker und Elektromonteur beschäftigt worden sei. Dazu sei festzustellen, daß ein "einfaches Arbeitszeugnis" nicht einen Berufsausbildungsnachweis ersetze, der i.S. der österreichischen Berufsausbildungsvorschriften als adäquat zu werten wäre. Eine Berufsausbildung, die drei Lehrberufe umfasse und demnach eine extrem lange Lehrzeit bedingen würde, erscheine als nicht glaubhaft. Außerdem sei nach den der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Daten festgestellt worden, daß S. in den Jahren 1990 und 1991 kurzfristig in Österreich als Maurer beschäftigt gewesen sei. Weiters sei S. bereits im August 1992 für die berufliche Tätigkeit eines Hausarbeiters, "also einer unqualifizierten Tätigkeit", beantragt worden. Da somit ernsthafte Zweifel bezüglich der behaupteten Ausbildung und Fähigkeiten aufgetreten seien und auch keine geeigneten Nachweise für die behauptete Ausbildung als KFZ-Spengler erbracht worden seien, habe es die belangte Behörde im Rahmen ihres Rechtes auf freie Beweiswürdigung als nicht erwiesen angesehen, daß S. tatsächlich über die behauptete Ausbildung verfüge. Diese sei aber für die Ausübung der beantragten Tätigkeit "gesetzlich" vorgeschrieben. Des weiteren sei gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG die Bewilligung an das Vorliegen einer Berechtigung des Ausländers zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992, gebunden. Es sei festgestellt worden, daß S. nur über eine Aufenthaltsberechtigung für den Zweck eines Privataufenthaltes verfüge. Fremde mit einer derartigen Aufenthaltsbewilligung könnten nicht damit rechnen, in Österreich arbeiten zu dürfen. Darüber hinaus seien nach Ansicht der belangten Behörde die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG grundsätzlich nicht erfüllt, weil die dazu geforderten wichtigen Gründe, die eine Beschäftigung der ausländischen Arbeitskraft trotz Überschreiten der Landeshöchszahl rechtfertigen könnten oder öffentliche bzw. gesamtwirtschaftliche Interessen, welche die Beschäftigung von Ausländern erforderten, im Beschwerdefall nicht vorlägen. Nach der gegebenen "Sach- und Rechtslage" seien die Berufungsausführungen nicht geeignet, i.S.d. § 4 Abs. 1 AuslBG eine andere Entscheidung herbeizuführen, und weiters seien die Tatbestände des § 4 Abs. 6 Z. 2 nicht gegeben bzw. sei zu diesen Erteilungsvoraussetzungen in der Berufung "nichts relevantes" vorgebracht worden.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Bereits das Zutreffen eines dieser Versagungsgründe würde die Abweisung der Beschwerde rechtfertigen.
§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die belangte Behörde ist - wie bereits das Arbeitsamt - davon ausgegangen, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist und daß der Vermittlungsausschuß der beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht zugestimmt hat. Die beschwerdeführende Partei hat diese Annahme der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bestritten. Mit Rücksicht darauf wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren i.S.d.
§ 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, Zl. 92/09/0302, und die dort angeführte Judikatur).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Slg. Nr. 12797/A, vgl. ferner die Erkenntnisse vom 18. März 1993, 92/09/0243, vom 6. September 1993, 93/09/0129 und vom 21. Oktober 1993, 93/09/0157) liegt ein besonders wichtiger Grund i.S. der Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG nur bei Bestehen eines QUALIFIZIERTEN Interesses an der Beschäftigung des Ausländers vor, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfs hinausgehen muß (zum grundsätzlich sehr hoch angesetzten Kalkül der Z. 2 bis 4 des § 4 Abs. 6 AuslBG siehe etwa auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1994, 94/09/0001).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, daß seitens der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren mit dem die Wichtigkeit des S. für den Betrieb der beschwerdeführenden Partei betonenden Vorbringen nur für sich allein im Rahmen des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG nicht ausreichende einzelbetriebliche Gründe angesprochen wurden (vgl. in diesem Sinne beispielsweise auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1994, 93/09/0231, vom 20. April 1995, 94/09/0277 und vom 19. Oktober 1995, 94/09/0367). Soweit in der Beschwerde erstmals eindeutig in Richtung Erfüllung des Schlüsselkrafttatbestandes des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG argumentiert wird, steht dem das Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG entgegen. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang weiters vorbringt, die belangte Behörde wäre im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht gehalten gewesen, zum Vorliegen des Schlüsselkrafttatbestandes weitere Erhebungen zu pflegen, ist darauf hinzuweisen, daß es dazu konkreter Behauptungen seitens der beschwerdeführenden Partei bedurft hätte. Zur Angabe in der Beschwerde, beim Arbeitsamt sei aktenkundig, daß u. a. auch - im übrigen auch in der Beschwerde nicht näher bezeichnete - inländische Beschäftigte im Unternehmen der beschwerdeführenden Partei tätig seien, ist zu sagen, daß (worauf auch die Gegenschrift zutreffend verweist) im Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der strittigen Beschäftigungsbewilligung selbst nur von einem inländischen Angestellten die Rede ist. Die Erhaltung EINER inländischen Arbeitskraft wäre i.S.d. § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG, der von der Erhaltung von ARBEITSPLÄTZEN inländischer ARBEITNEHMER spricht, nicht ausreichend (siehe dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. September 1995, 94/09/0379).
Damit ist aber auch nach dem Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt der Ablehnung der beantragten Beschäftigungsbewilliung aufgrund der Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG gegeben; auf das - zu § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 1 AuslBG - erstattete Vorbringen war nicht mehr weiter einzugehen (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1995, Zl. 93/09/0475).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Abhaltung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994090052.X00Im RIS seit
20.11.2000