TE Vfgh Beschluss 2022/6/23 WIV1/2022

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Veröffentlicht am 23.06.2022
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Index

82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art141 Abs1 liti, Art141 Abs1 litj
ÄrzteG 1998 §59, §68 Abs1, §73, §74, §75, §77 Abs1, §96, §97
Ärztekammer-WahlO 2006 §8 Abs1, §26, §27 Abs1
Satzung der Ärztekammer für Oberösterreich 2020 §2, §21
VfGG §7 Abs1, §68
  1. B-VG Art. 141 heute
  2. B-VG Art. 141 gültig ab 01.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 41/2016
  3. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 115/2013
  4. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  5. B-VG Art. 141 gültig von 01.04.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/2012
  6. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.2004 bis 31.03.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  7. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.1995 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 1013/1994
  8. B-VG Art. 141 gültig von 01.07.1989 bis 31.12.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  9. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.1989 bis 30.06.1989 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  10. B-VG Art. 141 gültig von 01.10.1975 bis 31.12.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 409/1975
  11. B-VG Art. 141 gültig von 07.02.1958 bis 30.09.1975 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 12/1958
  12. B-VG Art. 141 gültig von 19.12.1945 bis 06.02.1958 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  13. B-VG Art. 141 gültig von 05.04.1931 bis 30.06.1934 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 103/1931
  14. B-VG Art. 141 gültig von 03.01.1930 bis 04.04.1931
  1. ÄrzteG 1998 § 59 heute
  2. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.07.2021 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2020
  3. ÄrzteG 1998 § 59 gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 172/2021
  4. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.09.2020 bis 30.06.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 86/2020
  5. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.09.2020 bis 31.08.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 28/2019
  6. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 04.08.2015 bis 31.08.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2015
  7. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.07.2015 bis 03.08.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2015
  8. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.07.2015 bis 30.06.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2014
  9. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 19.08.2010 bis 30.06.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 61/2010
  10. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.01.2010 bis 18.08.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2009
  11. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.01.2010 bis 31.01.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  12. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 16.07.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2009
  13. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 20.10.2007 bis 15.07.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2009
  14. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 27.07.2006 bis 19.10.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2006
  15. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 01.01.2006 bis 26.07.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 156/2005
  16. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 11.08.2001 bis 31.12.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2001
  17. ÄrzteG 1998 § 59 gültig von 11.11.1998 bis 10.08.2001
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Zurückweisung einer Wahlanfechtung gegen die Nichtaufnahme eines – aus der Ärztekammer ausgeschiedenen – emeritierten Arztes in die Wählerliste für die Wahl in die Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich mangels Anfechtungslegitimation; keine unsachliche Definition der Kammerangehörigen; Einbeziehung der nicht mehr Erwerbstätigen in die Berufsvertretung nicht geboten; keine Bedenken im Hinblick auf den aktiv wahlberechtigten Personenkreis für die Wahl und die – an die Mitgliedschaft in der Ärztekammer anknüpfende – Einspruchslegitimation hinsichtlich der (Nicht-)Aufnahme von Personen in die Wählerliste

Spruch

Die Anfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Sachverhalt, Anfechtungsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Anfechtungswerber, der bis zum 31. Dezember 2012 den Beruf des Arztes ausgeübt hat, erhob am 1. Februar 2022 bei der Wahlkommission zur Durchführung der Ärztekammerwahl in Oberösterreich einen Einspruch gegen die Nichtaufnahme seiner Person in die Wählerliste für die am 6. April 2022 stattfindende Wahl in die Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich. Ein inhaltlich gleichlautender Einspruch hinsichtlich der Nichtaufnahme des Anfechtungswerbers in die Wählerliste wurde von einem in der Ärzteliste geführten Arzt erhoben.

2. Mit als "Mitteilung über den Beschluss der Wahlkommission" betiteltem Bescheid vom 11. Februar 2022 hat die Wahlkommission zur Durchführung der Ärztekammerwahl in Oberösterreich die Einsprüche des Anfechtungswerbers und der vom Anfechtungswerber verschiedenen Person vom 1. Februar 2022 unter Bezugnahme auf §27 Ärztekammer-Wahlordnung 2006 (ÄKWO 2006) sowie §§8, 68 Abs1 und 4, 70 Abs1 und 77 Abs1 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) abgewiesen.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Anfechtungswerber mit am 10. September 2012 bei der Ärztekammer für Oberösterreich eingelangtem Schreiben die Ausübung seines ärztlichen Berufes mit 31. Dezember 2012 abgemeldet habe, weshalb seine ordentliche Kammermitgliedschaft gemäß §68 Abs4 ÄrzteG 1998 mit diesem Zeitpunkt erloschen sei. Da der Anfechtungswerber die Voraussetzungen für eine Eintragung als ordentlicher Kammerangehöriger zum Stichtag nicht erfüllt habe, sei die Nichteintragung seiner Person in die Wählerliste rechtmäßig; er sei bei der am 6. April 2022 stattfindenden Wahl in die Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich demnach weder aktiv noch passiv wahlberechtigt.

3. Mit seiner auf Art141 Abs1 liti und litj B-VG gestützten Anfechtung begehrt der Anfechtungswerber, "der Verfassungsgerichtshof möge den Beschluss der Wahlkommission vom 11.02.2022 auf Nichtaufnahme des Anfechtungswerbers in die Wählerliste der Wahl der Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich im Jahre 2022 infolge Anwendung verfassungswidriger Bestimmungen aufheben." Der Anfechtungswerber regt an, "der Verfassungsgerichtshof möge über die Bestimmungen §70 Abs1 und 77 Abs1 Ärztegesetz, §21 Abs1 Satzung der Ärztekammer für Oberösterreich und §8 Abs1 Ärztekammerwahlordnung 2006 ein Normprüfungsverfahren ein[…]leiten und das in den genannten Bestimmungen verwendete Wort 'ordentlicher' Kammerangehörige[r] als verfassungswidrig aufheben."

Begründend führt der Anfechtungswerber im Wesentlichen aus, dass die gewählten Organe der Selbstverwaltung Entscheidungen treffen würden, denen sich auch er als pensionierter Arzt zu unterwerfen habe bzw die für ihn Gültigkeit entfalten würden, wie zB die Festsetzung von Umlagen und die Zuerkennung von Leistungen aus der Wohlfahrtskasse. Folglich müsse ihm das Recht auf aktive Teilnahme an der Wahl in die Vollversammlung der Ärztekammer, der er angehöre, zukommen.

4. Die Wahlkommission zur Durchführung der Ärztekammerwahl in Oberösterreich legte den Verwaltungsakt vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169/1998, idF BGBl I 172/2021 lauten:

"Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung, Streichung aus der Ärzteliste

§59. (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:

1.   durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,

2.   wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,

3.   auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei

a) eine krankheitsbedingte Nichtausübung,

b) ein Beschäftigungsverbot gemäß Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl Nr 221/1979,

c) eine Karenz gemäß MSchG, Väter-Karenzgesetz (VKG), BGBl Nr 651/1989, oder anderer gleichartiger landes- oder bundesgesetzlicher Vorschriften,

d) Zeiten, in denen Leistungen gemäß Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG), BGBl I Nr 103/2002, bezogen werden sowie

e) auslandsbedingte Studienaufenthalte für die Dauer von maximal einem Jahr, in begründeten Ausnahmefällen von maximal zwei Jahren,

keine Einstellung der Berufsausübung darstellen.

4.   auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,

5.   auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder

6.   auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.

(2) […]

(3) Die Präsidentin/Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hat

1.   in den Fällen des Abs1 Z1 und 5 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;

2.   im Fall des Abs1 Z2 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht bestanden hat und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;

3.   in den Fällen des Abs1 Z3 und 6 die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen und die Ärztin/den Arzt von der Streichung zu verständigen;

4.   […]

(4) – (7) […]

[…]

Kammerangehörige

§68. (1) Einer Ärztekammer gehört als ordentlicher Kammerangehöriger jeder Arzt an, der

1.   in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß §4 eingetragen worden ist und

2.   seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt und

3.   keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds bezieht.

Bezieher einer Alters- oder ständigen Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds sind ordentliche Kammerangehörige, wenn sie auf Grund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten.

(2) Ordentliche Angehörige einer Ärztekammer sind ferner Ärzte, die gemäß §34 in die Ärzteliste eingetragen worden sind und ihren Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausüben.

(3) Ärzte gemäß Abs1 und 2 haben sich zwecks Feststellung der Kammerzugehörigkeit innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Bestätigung über die Eintragung bei ihrer Ärztekammer zu melden.

(4) Die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer erlischt, wenn der Arzt

1.   seinen Berufssitz (seine Berufssitze), seinen Dienstort (seine Dienstorte) oder, sofern es sich um einen Wohnsitzarzt handelt, seinen Wohnsitz (§47) in den Bereich einer anderen Ärztekammer verlegt hat oder

2.   von der Österreichischen Ärztekammer gemäß §59 aus der Ärzteliste gestrichen worden ist.

Eine Verlegung des Dienstortes gemäß Z1 liegt nicht vor, wenn der Arzt auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften, insbesondere auf Grund von Karenzierung und Dienstzuteilung, vorübergehend im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland ärztlich tätig wird.

(5) Ärzte, die nicht die Erfordernisse der Abs1 oder 2 erfüllen, sowie Amtsärzte können sich bei der Ärztekammer, in deren Bereich sie ihren Hauptwohnsitz haben, freiwillig als außerordentliche Kammerangehörige eintragen lassen.

[…]

§70. (1) Die ordentlichen Kammerangehörigen sind berechtigt, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes die Mitglieder der Vollversammlung (Kammerräte) zu wählen.

(2) Die ordentlichen Kammerangehörigen können nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes zu Mitgliedern der Vollversammlung (Kammerräten) gewählt werden.

(3) Jeder Kammerangehörige hat Anspruch auf die Wahrung seiner beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen durch die Kammer nach Maßgabe der §§66 und 66a sowie der anderen jeweils hiefür geltenden Vorschriften.

(4) Jeder Kammerangehörige ist berechtigt, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes sowie der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Satzung die Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds und anderer Einrichtungen der Ärztekammer in Anspruch zu nehmen.

(5) – (6) […]

[...]

Organe der Ärztekammern

§73. (1) Organe der Ärztekammer sind:

1.   die Vollversammlung (§§74 bis 80),

2.   der Kammervorstand (§81),

3.   der Präsident und die Vizepräsidenten (§83),

4.   die Kurienversammlungen (§84),

5.   die Kurienobmänner und ihre Stellvertreter (§85),

6.   das Präsidium (§86),

7.   die Erweiterte Vollversammlung (§§80a und 80b) sowie

8.   der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds (§113).

(2) […]

Vollversammlung

§74. (1) Die Vollversammlung besteht aus mindestens zwölf und höchstens 100 Kammerräten. Die Vollversammlung legt bei Beschluß über die Anordnung der Wahl die Zahl der Kammerräte und deren Verteilung auf die Kurienversammlungen unter Berücksichtigung auf die Zahl der der Kammer angehörenden Kurienangehörigen zueinander fest.

(2) Die Kammerräte werden durch allgemeine und gleiche Wahl nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes für die Dauer von fünf Jahren berufen. Das Wahlrecht ist durch geheime und persönliche Abgabe der Stimme oder durch Übermittlung des Stimmzettels auszuüben. Die Funktionsperiode der Vollversammlung endet mit der Konstituierung der neu gewählten Vollversammlung.

(3) – (4) […]

Durchführung der Wahlen in die Vollversammlung

§75. (1) Die Vollversammlung der Ärztekammer hat vor Ablauf der fünfjährigen Funktionsperiode (§74 Abs2) oder mit dem Beschluß auf Auflösung der Vollversammlung die Wahl der Vollversammlung anzuordnen.

(2) – (4) […]

(5) Innerhalb von zwei Wochen nach Kundmachung des Wahlergebnisses kann die Wahl gemäß Art141 B-VG von jeder wahlwerbenden Gruppe beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden.

Einrichtung und Aufgaben der Wahlkommission und Teilwahlkommissionen

§75a. (1) Zur Durchführung und Leitung der Wahl ist eine für alle Wahlkörper zuständige Wahlkommission am Sitz der Ärztekammer zu bestellen. Die Wahlkommission besteht aus

1.   einer/einem Vorsitzenden (Wahlkommissärin/Wahlkommissär) und

2.   je zwei Personen aus jedem Wahlkörper als weitere Mitglieder.

(2) – (4) […]

(5) Der Wahlkommission obliegt insbesondere

1.   die Wahlausschreibung, die Bestimmung des Wahltages (der Wahltage) und der sich daraus ergebenden Termine und Fristen, insbesondere des Zeitraums, innerhalb dessen die amtlichen Wahlkuverts bei der Wahlkommission einlangen müssen,

2.   die Bekanntmachung, an welcher Stelle und innerhalb welcher Zeit (Tag und Stunde) die Wählerlisten zur Einsichtnahme aufliegen,

3.   die Auflegung der Wählerlisten,

4.   die Übermittlung der Wählerlisten an die wahlwerbenden Gruppen,

5.   die Entscheidung über Einsprüche gegen die Wählerlisten,

6.   die Entscheidung über die Wählbarkeit der wahlwerbenden Personen,

7.   die Entscheidung über die Gültigkeit der Wahlvorschläge,

8.   die Verlautbarung der Wahlvorschläge,

9.   die Bestimmung der Form und des Inhalts des amtlichen Stimmzettels,

10. die Leitung der Wahlhandlung,

11. die Prüfung der Identität und der Wahlberechtigung der wählenden Personen,

12. die Entgegennahme der Wahlkuverts und die Entscheidung über die Gültigkeit der abgegebenen Stimmzettel,

13. die Feststellung des Wahlergebnisses,

14. die Zuweisung der Mandate an die wahlwerbenden Gruppen,

15. die Kundmachung des Wahlergebnisses und

16. die Verständigung der gewählten Kammerrätinnen/Kammerräte.

(6) – (10) […]

Wahlverfahren

§75b. (1) Die Wahlen in die Ärztekammern in den Bundesländern sind für jede Ärztekammer gesondert durchzuführen.

(2) Wahlkörper sind […]

Die Wahlkörperzugehörigkeit einer wahlberechtigten Person richtet sich nach ihrer Eintragung in die Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer zum Zeitpunkt des Stichtages.

(3) – (5) […]

(6) Die Wahlkommission hat die Wahlausschreibung kundzumachen und zusätzlich an ihrem Sitz zur Einsichtnahme aufzulegen. Die Wahlausschreibung hat insbesondere zu enthalten:

1. – 4. […]

5.   die Bekanntmachung, wo und wann die Wählerlisten und ein Abdruck dieser Verordnung eingesehen werden können,

6.   die Vorgabe, dass Einsprüche gegen die Wählerlisten innerhalb von zwei Wochen ab dem ersten Tag ihrer Auflegung bei der Wahlkommission einzubringen sind und dass verspätet eingebrachte Einsprüche unberücksichtigt bleiben,

7. – 11. […]

(7) Die Ärztekammer hat auf Grund der Ärzteliste der Wahlkommission spätestens am siebenten Tag nach dem Stichtag nach Wahlkörper gegliederte Verzeichnisse der wahlberechtigten Personen vorzulegen. Die Wahlkommission hat die Verzeichnisse als Wählerlisten für jeden Wahlkörper, in denen die wahlberechtigten Personen alphabetisch unter Angabe des Namens, der Arztnummer und des Berufssitzes oder des Dienstortes oder bei Wohnsitzärztinnen/Wohnsitzärzten des Wohnsitzes anzuführen und zu nummerieren sind, am Sitz der Geschäftsstelle zur öffentlichen Einsichtnahme und unter Hinweis auf die Möglichkeit der Beeinspruchung aufzulegen. Die Ärztekammern sowie die Dienstgeber (Dienstgeberinnen) von wahlberechtigten Personen haben der Wahlkommission die zur Durchführung der Wahl erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in die von ihnen geführten Aufzeichnungen zu gewähren. Die Wahlkommission hat auf Verlangen einer wahlwerbenden Gruppe, dieser, sofern sie einen gültigen Wahlvorschlag abgegeben hat, die Wählerlisten in Abschrift ab dem ersten Tag ihrer Auflegung gegen Ersatz der Kosten zu übermitteln. Abgesehen von Berichtigungen durch die Wahlkommission dürfen Eintragungen, Änderungen oder Streichungen ab dem ersten Tag der Auflegung der Wählerlisten nur mehr aufgrund berechtigter Beeinspruchungen vorgenommen werden.

(8) – (11) […]

Wahlordnung

§76. Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat nach Anhörung der Österreichischen Ärztekammer eine Wahlordnung zu erlassen. Diese hat insbesondere Näheres zu regeln über:

1.   das Wahlverfahren für die Wahlen in die Vollversammlung, insbesondere über die Ausschreibung der Wahlen, die Erfassung und Verzeichnung der Wahlberechtigten, die Wahlbehörden, den amtlichen Stimmzettel, das amtliche Wahlkuvert, das Abstimmungs- und Ermittlungsverfahren, die Einberufung der gewählten Kammerräte,

2. – 6. […]

Wahlrecht und Wählbarkeit

§77. (1) Wahlberechtigt sind alle ordentlichen Kammerangehörigen.

(2) Wählbar sind

1.   wahlberechtigte Kammerangehörige, die zum Wahlstichtag als Ärztinnen/Ärzte in Ausbildung in die Ärzteliste im Bereich der jeweiligen Ärztekammer eingetragen sind, sowie

2.   wahlberechtigte Kammerangehörige, die in der Ärzteliste im Bereich der jeweiligen Ärztekammer in den letzten zwei Jahren vor dem Wahlstichtag insgesamt mindestens sechs Monate eingetragen waren und darüber hinaus zum Wahlstichtag eingetragen sind.

(3) – (4) […]

[…]

3. Abschnitt

Wohlfahrtsfonds

Sondervermögen für Versorgungs- und Unterstützungszwecke

§96. (1) Der Wohlfahrtsfonds bildet ein zweckgebundenes Sondervermögen der Ärztekammer. Die Beschlussfassung über den Wohlfahrtsfonds obliegt der Erweiterten Vollversammlung.

(2) Soweit in den einzelnen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, bezieht sich in diesem Abschnitt die Bezeichnung 'Kammerangehörige' sowohl auf Kammerangehörige der Ärztekammer als auch auf der jeweiligen Landeszahnärztekammer zugeordnete Kammermitglieder der Österreichischen Zahnärztekammer, ausgenommen der Angehörigen des Dentistenberufs.

(3) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind den Kammerangehörigen nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Versorgungs- und Unterstützungsleistungen zu gewähren.

(4) […]

[…]

Versorgungsleistungen

§97. (1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind Leistungen zu gewähren

1.   an anspruchsberechtigte Kammerangehörige für den Fall des Alters, der vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit,

2.   an Kinder von Empfängern einer Alters- oder Invaliditätsversorgung,

3.   an Hinterbliebene im Falle des Ablebens eines anspruchsberechtigten Kammerangehörigen sowie

4.   an ehemalige Kammerangehörige und Hinterbliebene von Kammerangehörigen, soweit deren Beiträge weder an eine andere Ärztekammer überwiesen noch dem Kammerangehörigen rückerstattet worden sind (§115).

(2) […]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Durchführung der Wahlen in die Ärztekammern in den Bundesländern und Nachwahlen in die Österreichische Ärztekammer (Ärztekammer-Wahlordnung 2006 – ÄKWO 2006), BGBl II 459/2006, idF BGBl II 355/2016 lauten:

"Aktives und passives Wahlrecht

§8. (1) Sofern ärztegesetzlich nicht anderes bestimmt ist, sind aktiv und passiv wahlberechtigt für die Vollversammlung alle am Stichtag (§2 Z3) in die Ärzteliste eingetragenen ordentlichen Kammerangehörigen.

(2) Das aktive und passive Wahlrecht für einen bestimmten Wahlkörper richtet sich nach §9 Abs2.

(3) Jede wahlberechtigte Person hat nur eine Stimme; sie darf auch nur in eine der Wählerlisten eingetragen werden.

[…]

4. Abschnitt

Wählerlisten und Wahlvorschläge

Herstellung und Auflegung der Wählerlisten

§26. (1) Die Ärztekammer hat auf Grund der Ärzteliste der Wahlkommission spätestens am siebenten Tag nach dem Stichtag nach Wahlkörper gegliederte Verzeichnisse der wahlberechtigten Personen vorzulegen.

(2) Die Ärztekammern sowie die Dienstgeber (Dienstgeberinnen) von wahlberechtigten Personen haben der Wahlkommission die zur Durchführung der Wahl erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in die von ihnen geführten Aufzeichnungen zu gewähren.

(3) Die Wahlkommission hat die Verzeichnisse gemäß Abs1 als Wählerlisten für jeden Wahlkörper, in denen die wahlberechtigten Personen alphabetisch unter Angabe

1.   des Namens,

2.   des Berufssitzes oder des Dienstortes oder bei Wohnsitzärzten (Wohnsitzärztinnen) des Wohnsitzes und

3.   der Arztnummer

anzuführen und zu nummerieren sind, am Sitz der Geschäftsstelle zur öffentlichen Einsichtnahme und unter Hinweis auf die Möglichkeit der Beeinspruchung aufzulegen.

(4) Die Auflegung der Wählerlisten gemäß Abs2 ist unter Hinweis

1.   auf den Ort und die Zeit der möglichen Einsichtnahme und

2.   auf die für das Einspruchsverfahren gemäß §27 geltenden Bestimmungen kundzumachen.

(5) […]

(6) Abgesehen von Berichtigungen durch die Wahlkommission, die

1.   offenkundig auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten oder

2.   Formmängel, insbesondere Schreib- oder Rechenfehler, oder

3.   den Mängeln gemäß den Z1 und 2 gleichzuhaltende, insbesondere auf einem technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende offenkundige Unrichtigkeiten

betreffen, dürfen Eintragungen, Änderungen oder Streichungen ab dem ersten Tag der Auflegung der Wählerlisten nur mehr im Weg des Einspruchsverfahrens vorgenommen werden.

Einspruchsverfahren und Abschluss der Wählerlisten

§27. (1) Innerhalb von zwei Wochen ab dem ersten Tag der Auflegung der Wählerlisten kann jeder (jede) Kammerangehörige

1.   wegen Aufnahme vermeintlich nicht wahlberechtigter Personen oder

2.   wegen Nichtaufnahme vermeintlich wahlberechtigter Personen

schriftlich Einspruch gegen die betreffende Wählerliste bei der Wahlkommission erheben. Einsprüche sind zu begründen, wobei die Frist um 12 Uhr des letzten Tages der Frist endet.

(2) Jeder Einspruch hat sich auf eine bestimmte Person zu beziehen und ist zu begründen. Ein Einspruch ist zurückzuweisen, sofern er sich auf mehrere Personen bezieht oder nicht begründet ist. Die Erhebung mehrerer Einsprüche ist zulässig.

(3) Die Wahlkommission hat Personen, auf die sich der Einspruch gegen die Wählerliste bezieht, hievon binnen zwei Tagen nach Einlangen des Einspruchs zu verständigen. Einwendungen der Betroffenen können nur berücksichtigt werden, wenn sie innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieser Verständigung bei der Wahlkommission schriftlich eingebracht werden.

(4) Die Wahlkommission hat über Einsprüche binnen acht Tagen nach Ablauf der Einspruchsfrist endgültig zu entscheiden, auch wenn in dieser Frist eine Äußerung des (der) vom Einspruch Betroffenen nicht eingelangt ist.

(5) Erfordern Entscheidungen der Wahlkommission eine Richtigstellung und Ergänzung der Wählerlisten, sind diese von der Wahlkommission unverzüglich durchzuführen.

(6) Die Wahlkommission hat ihre Entscheidung dem Einspruchswerber und dem durch die Entscheidung Betroffenen spätestens an dem der Entscheidung folgenden Tag schriftlich mitzuteilen.

(7) Nach Abschluss des Einspruchsverfahrens hat die Wahlkommission die Wählerlisten abzuschließen. Die abgeschlossenen Wählerlisten sind der Wahl zugrunde zu legen."

3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Satzung der Ärztekammer für Oberösterreich 2020 (abrufbar unter: https://www.aekooe.at/ihre-kammer/kundmachungen) lauten:

"§2 Kammerangehörige

(1) Der Ärztekammer gehört als ordentlicher Kammerangehöriger jeder Arzt an, der

1.   in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste eingetragen worden ist und

2.   seinen Beruf im Bereich der Ärztekammer für OÖ. tatsächlich ausübt und

3.   keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds bezieht.

Bezieher einer Alters- oder ständigen Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds sind allerdings dann ordentliche Kammerangehörige, wenn sie aufgrund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten.

(2) Ordentliche Angehörige der Ärztekammer für OÖ sind ferner Ärzte, die gemäß §§34 oder 35 Abs3 in Verbindung mit Abs8 in die Ärzteliste eingetragen worden sind und die ihren Beruf im Bereich der Ärztekammer für OÖ. ausüben.

(3) Ärzte, die nicht die Erfordernisse der Abs1 oder 2 erfüllen, sowie Amtsärzte können sich bei der Ärztekammer, in deren Bereich sie ihren Hauptwohnsitz haben, freiwillig als außerordentliche Kammerangehörige eintragen lassen.

[…]

§21 Rechte der Kammerangehörigen

(1) Die ordentlichen Kammerangehörigen sind berechtigt, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes die Mitglieder der Vollversammlung (Kammerräte) zu wählen.

(2) Die ordentlichen Kammerangehörigen können nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes zu Mitgliedern der Vollversammlung (Kammerräten) gewählt werden.

(3) […]

(4) Jeder Kammerangehörige ist berechtigt, nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes sowie der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Satzung die Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds und anderer Einrichtungen der Ärztekammer in Anspruch zu nehmen.

(5) […]"

III. Zur Zulässigkeit

1. Gemäß Art141 Abs1 liti B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen, gemäß litj dieser Bestimmung zudem über die Anfechtung von selbständig anfechtbaren Bescheiden und Entscheidungen der Verwaltungsbehörden sowie – sofern bundes- oder landesgesetzlich vorgesehen – der Verwaltungsgerichte unter anderem in diesen Fällen. Vom zitierten Begriff der "Wählerevidenzen" sind auch Wählerverzeichnisse (Wählerlisten) umfasst (vgl VfSlg 19.944/2015, 20.104/2016).

2. Die vorliegende, sowohl auf Art141 Abs1 liti als auch auf litj B-VG gestützte Anfechtung richtet sich gegen die Nichtaufnahme des Anfechtungswerbers in die Wählerliste für die Wahl in die Vollversammlung der Ärztekammer für Oberösterreich am 6. April 2022.

3. Der Anfechtungswerber bringt der Sache nach im Wesentlichen vor, dass die in §§70 Abs1 und 77 Abs1 ÄrzteG 1998 sowie in §8 Abs1 ÄKWO 2006 vorgesehene Beschränkung des aktiven Rechts zur Wahl in die Vollversammlung der Ärztekammer auf den durch §68 Abs1 ÄrzteG 1998 definierten Personenkreis der ordentlichen Kammerangehörigen als verfassungswidrig zu qualifizieren sei. Als Bezieher einer Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds sei der Anfechtungswerber – ohne dem Kreis der ordentlichen Kammermitglieder anzugehören – von den durch die Vollversammlung der Ärztekammer beschlossenen Rechtsakten persönlich betroffen. Die Tätigkeit eines Selbstverwaltungskörpers dürfe sich jedoch nur auf jenen Personenkreis beziehen, der dem Selbstverwaltungskörper die demokratische Legitimation vermittelt.

4. Die Anfechtung erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

4.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung hervorgehoben hat, ist die Anfechtungslegitimation – bei Fehlen entsprechender bundesgesetzlicher Regelungen – unmittelbar aus Art141 B-VG selbst abzuleiten, da eine sinngemäße Anwendung von §67 Abs2 VfGG etwa auf Verfahren über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen (Wählerverzeichnisse) und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen (Wählerverzeichnissen) nicht in Betracht kommt (vgl VfSlg 20.104/2016 mwN). Gemäß Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine Anfechtung gemäß liti bzw litj dieser Bestimmung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens gegründet werden. Demnach ist für die Beurteilung der Frage nach der Anfechtungslegitimation auf die einfachgesetzliche Ausgestaltung des zugrunde liegenden Verfahrens Bedacht zu nehmen (VfSlg 20.104/2016; VfGH 24.2.2020, WIV1/2020). Soweit die jeweilige Wahlordnung dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ein Rechtsmittelverfahren vorlagert, stellt die Entscheidung über das rechtzeitig erhobene Rechtsmittel gemäß §68 VfGG eine Zulässigkeitsvoraussetzung für das Anfechtungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof dar (vgl VfGH 24.9.2021, WI2/2021 ua).

4.2. Die unter diesem Gesichtspunkt zu berücksichtigende einfachgesetzliche Rechtslage stellt sich zusammengefasst wie folgt dar:

Gemäß §70 Abs1 und 2 bzw §77 Abs1 ÄrzteG 1998 sowie §8 Abs1 ÄKWO 2006 sind alle ordentlichen Kammerangehörigen bei den Wahlen in die Vollversammlung der Ärztekammer aktiv und passiv wahlberechtigt. Der derart festgelegte wahlberechtigte Personenkreis knüpft an den in §68 Abs1 ÄrzteG 1998 definierten Begriff des ordentlichen Kammerangehörigen an. Nähere Bestimmungen zur Wahl finden sich in der auf Grundlage des §76 ÄrzteG 1998 erlassenen Wahlordnung – derzeit die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Durchführung der Wahlen in die Ärztekammern in den Bundesländern und Nachwahlen in die Österreichische Ärztekammer (Ärztekammer-Wahlordnung 2006 – ÄKWO 2006), BGBl II 459/2006, idF BGBl II 355/2016 (in der Folge: ÄKWO 2006), deren 4. Hauptstück zusammengefasst die folgenden Regelungen über das Verfahren zur Erstellung von Wählerlisten enthält:

Die Ärztekammer hat auf Grund der Ärzteliste der Wahlkommission spätestens am siebenten Tag nach dem Stichtag nach Wahlkörper gegliederte Verzeichnisse der wahlberechtigten Personen vorzulegen (§26 Abs1 ÄKWO 2006). Die Wahlkommission hat die Verzeichnisse gemäß Abs1 leg cit als Wählerlisten für jeden Wahlkörper am Sitz der Geschäftsstelle zur öffentlichen Einsichtnahme und unter Hinweis auf die Möglichkeit der Beeinspruchung aufzulegen (§26 Abs3 ÄKWO 2006). Die Auflegung der Wählerlisten gemäß Abs2 leg cit ist unter Hinweis auf den Ort und die Zeit der möglichen Einsichtnahme und auf die für das Einspruchsverfahren gemäß §27 leg cit geltenden Bestimmungen kundzumachen (§26 Abs4 ÄKWO 2006). Innerhalb von zwei Wochen ab dem ersten Tag der Auflegung der Wählerlisten kann jeder (jede) Kammerangehörige(r) wegen Aufnahme vermeintlich nicht wahlberechtigter Personen oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich wahlberechtigter Personen schriftlich Einspruch gegen die betreffende Wählerliste bei der Wahlkommission erheben. Einsprüche sind zu begründen, wobei die Frist um 12 Uhr des letzten Tages der Frist endet (§27 Abs1 ÄKWO 2006). Die Wahlkommission hat Personen, auf die sich der Einspruch gegen die Wählerliste bezieht, hievon binnen zwei Tagen nach Einlangen des Einspruchs zu verständigen. Einwendungen der Betroffenen können nur berücksichtigt werden, wenn sie innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung dieser Verständigung bei der Wahlkommission schriftlich eingebracht werden (§27 Abs3 ÄKWO 2006). Die Wahlkommission hat ihre Entscheidung dem Einspruchswerber und dem durch die Entscheidung Betroffenen spätestens an dem der Entscheidung folgenden Tag schriftlich mitzuteilen (§27 Abs6 ÄKWO 2006).

Ein Rechtszug an ein Verwaltungsgericht ist nicht vorgesehen. Nach Abschluss des Einspruchsverfahrens hat die Wahlkommission die Wählerlisten abzuschließen; diese sind der Wahl zugrunde zu legen (§27 Abs7 ÄKWO 2006). Die Berechtigung zur Teilnahme an der Wahl richtet sich nach Abschluss der Wählerliste nur mehr nach den Eintragungen in diese und nicht danach, ob die darin eingetragenen Ärzte am Tag der Wahlausschreibung zu Recht als ordentliche Kammerangehörige gemäß §68 Abs1 ÄrzteG 1998 beurteilt worden sind, oder ob es zu einer rückwirkenden Streichung aus der Ärzteliste kam (vgl VfSlg 15.890/2000; sowie Wallner in: Neumayr/Resch/Wallner [Hrsg.], Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht, 2016, §§73-77 ÄrzteG 1998, Rz 4 f.).

4.3. Die in §27 Abs1 ÄKWO 2006 vorgesehene Beschränkung der Einspruchslegitimation auf Kammerangehörige – somit (im Wesentlichen) auf den Kreis der wahlberechtigten Personen – steht mit dem durch Art141 Abs1 liti und litj B-VG verfolgten Rechtsschutzziel, der Durchsetzung des subjektiven Rechts des tatsächlich wahlberechtigten Personenkreises auf Teilnahme an der Wahl, im Einklang. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es ausreichend, im Verfahren auf Überprüfung der Wählerevidenzen dem tatsächlich wahlberechtigten Personenkreis die Anfechtungslegitimation einzuräumen. Die (zusätzliche) Einräumung einer einfachgesetzlichen Einspruchslegitimation an nicht wahlberechtigte Personen ist zwar möglich (s etwa VfSlg 20.380/2020 zu §26 NÖ GRWO 1994; VfSlg 20.104/2016 zu §§28 bis 32 NRWO), jedoch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten.

4.4. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles sind auch keine Bedenken im Hinblick auf die konkrete einfachgesetzliche Ausgestaltung des durch §27 Abs1 ÄKWO 2006 sowie §§68 Abs1, 70 Abs1 bzw 77 Abs1 ÄrzteG 1998 und §8 Abs1 ÄKWO 2006 erfassten einspruchslegitimierten bzw wahlberechtigten Personenkreises entstanden.

4.4.1. §68 Abs1 ÄrzteG 1998 kennt zwei Fallgruppen ordentlicher Kammermitgliedschaft, nämlich jene Gruppe von Ärzten, die in die Ärzteliste eingetragen sind, ihren Beruf im Bereich der Kammer ausüben und keine Alters- oder Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehen, sowie die Gruppe der aus dem Wohlfahrtsfonds versorgungsberechtigten (somit an sich pensionierten Ärzte), die auf Grund ihrer ausgeübten ärztlichen Tätigkeit weiterhin Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten. Dieser Personenkreis ist gemäß §70 Abs1 bzw §77 Abs1 ÄrzteG 1998 sowie §8 Abs1 ÄKWO 2006 berechtigt, die Mitglieder der Vollversammlung der Ärztekammer zu wählen.

4.4.2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits in VfSlg 

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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