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82/01 Gesundheitsrecht, OrganisationsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags des Landesverwaltungsgerichts Salzburg auf Aufhebung (von Teilen) der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG-VO 2018); keine Präjudizialität der mittlerweile aufgehobenen Bestimmungen der Verordnung im fortgesetzten Verfahren vor dem VerwaltungsgerichtSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Salzburg, "§4 iVm der Tabelle betreffend Salzburg auf Seite 7 der Anlage 2 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG-VO 2018) […] in eventu […] die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG-VO 2018) zur Gänze" als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die Salzburger Landesregierung erteilte mit Bescheid vom 18. Februar 2016 der mitbeteiligten Partei des Anlassverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg gemäß §14 Abs2 litc und f iVm §12a Abs1 und §12d Salzburger Krankenanstaltengesetz 2000 (SKAG) die Bewilligung zur Erweiterung eines selbständigen Ambulatoriums durch Errichtung einer näher beschriebenen MR-PET-Anlage, welche Positronen-Emissions-Computer-Tomographie (PET-CT) und Magnetresonanztomographie kombiniere, in Salzburg (Stadt). Gegen diesen Bescheid erhob der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Beschwerde.
2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Landesverwaltungsgericht Salzburg im zweiten Rechtsgang (vgl VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009) den auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "§4 iVm der Tabelle betreffend Salzburg auf Seite 7 der Anlage 2 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG-VO 2018)", in eventu diese Verordnung zur Gänze als gesetzwidrig aufheben.
3. Begründend führt das Landesverwaltungsgericht Salzburg aus, es habe das Verfahren nach den §§14 Abs2 iVm 12a Abs2a SKAG idF LGBl 25/2018 fortzusetzen. Das anhängige Bewilligungsverfahren habe die Errichtung und den Betrieb eines PET-MR zum Gegenstand. Infolgedessen habe das Landesverwaltungsgericht §4 iVm der Anlage 2 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2018) anzuwenden, weil §4 Abs1 ÖSG VO 2018 unter dem Begriff "PET" in einem Klammerausdruck sowohl PET-CT als auch PET-MR erfasse und somit beide Gerätetypen unter die einschlägige Festlegung fielen. Die angefochtenen Bestimmungen seien somit präjudiziell. In der Sache macht das antragstellende Landesverwaltungsgericht geltend, die angefochtene Verordnung sei infolge der Doppelfunktion der Gesundheitsplanungs GmbH "kompetenzrechtswidrig". Dies führe die Weisungsbefugnisse der obersten Organe "ad absurdum", weil keine umfassenden, klar voneinander abzugrenzenden Weisungsbefugnisse bestünden. Anstelle einer "Mischverordnung" hätten nach den gesetzlichen Ermächtigungen zwei getrennte Verordnungen erlassen werden müssen, weshalb die ÖSG VO 2018 auch gesetzwidrig sei.
4. Die damals zuständige Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat eine Äußerung erstattet, in der die Zurückweisung des Antrages infolge mangelhafter Antragsformulierung, in eventu die Abweisung begehrt und dem Antragsvorbringen in der Sache entgegengetreten wird.
5. Die Gesundheitsplanungs GmbH hat die Verordnungsakten vorgelegt und eine Äußerung erstattet, die jener der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz entspricht.
6. Die Salzburger Landesregierung hat von einer Äußerung abgesehen.
7. Ferner haben die mitbeteiligte Partei des Anlassverfahrens sowie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (jetzt: Dachverband der Sozialversicherungsträger) jeweils eine Äußerung erstattet.
III. Erwägungen
1. Der Antrag ist nicht zulässig:
2. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003). Ein solcher Fall liegt hier vor.
3. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg wendete sich gegen näher bezeichnete Bestimmungen der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2018), kundgemacht am 9. Juli 2018 unter Nr 1/2018 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), in eventu gegen diese Verordnung zur Gänze.
4. Die ÖSG VO 2018 wurde mit Ablauf des 18. Februar 2021 durch §6 Abs2 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2020), kundgemacht unter Nr 2/2021 im RIS (Sonstige Kundmachungen/Strukturpläne Gesundheit), aufgehoben und durch die ÖSG VO 2020 ersetzt.
5. Vor dem Hintergrund, dass das Landesverwaltungsgericht Salzburg seine Entscheidung an der maßgeblichen Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auszurichten hat, ist es ausgeschlossen, dass das Landesverwaltungsgericht Salzburg die angefochtenen Bestimmungen der ÖSG VO 2018 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (noch) anzuwenden und seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Diese Bestimmungen sind sohin für das Landesverwaltungsgericht Salzburg nicht mehr präjudiziell. Ihre Anfechtung erweist sich damit sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch hinsichtlich des Eventualantrages als unzulässig.
IV. Ergebnis
1. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Präjudizialität, Entscheidungserlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), NovellierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V46.2019Zuletzt aktualisiert am
12.10.2022