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82/01 Gesundheitsrecht, OrganisationsrechtNorm
B-VG Art10 Abs1 Z12Leitsatz
Aufhebung der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlicherklärung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien 2017 (ÖSG VO 2018) und der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlicherklärung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien – VO 2019) – soweit diese als Verordnungen des Bundes in Geltung standen – mangels Zustimmung der Länder und auf Grund Wegfalls der gesetzlichen Grundlage; Abweisung des Antrags auf Aufhebung einer Wortfolge der RSG Wien – VO 2019 (betreffend Rehablilitation), soweit er sich auf diese Verordnung als Verordnung des Landes Wien beziehtRechtssatz
Verfassungswidrigkeit des §23 Abs1 zweiter, dritter und vierter Satz, Abs2 zweiter, dritter, vierter und fünfter Satz und Abs4, Abs6 und Abs7 Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz - G-ZG idF BGBl I 26/2017. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31.12.2023 in Kraft. Abweisung des Antrags des VwGH auf Aufhebung der §§18, 19 und 20 Abs1 und Abs2 G-ZG idF BGBl I 26/2017. Abweisung des Antrags auf Aufhebung des §10 Wr Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 idF LGBl 10/2018. Abweisung des Antrags auf Aufhebung des §5 Abs3a sowie der Wendung "und 5" in §7 Abs2 zweiter Satz Wr KrankenanstaltenG 1987 idF LGBl 18/2011.
Zurückweisung des Hauptantrags sowie des ersten, zweiten und dritten Eventualantrags betreffend §2 Abs6 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2018). Gesetzwidrigkeit der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2018) soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung stand. Keine Gesetzwidrigkeit der §2 Abs5 und Abs6 und der Wortfolge "bzw je Bundesland gemäß Abs6" in §2 Abs7 Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2017 (ÖSG VO 2018) soweit die Bestimmungen als Verordnung des Landes Wien in Geltung standen.
Aufhebung der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien - VO 2019) soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung steht. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31.12.2023 in Kraft.
Abweisung des Antrags auf Aufhebung der Wortfolge "Rehabilitation (Erwachsene) - siehe ÖSG VO in der jeweils geltenden Fassung" in Anlage 1 - Blatt 1 der Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien - VO 2019) soweit sie als Verordnung des Landes Wien in Geltung steht.
Im Unterschied zu den angefochtenen Bestimmungen unterscheidet §21 G-ZG zwischen grundsatzgesetzlichen und anderen Bestimmungen, weshalb sich die Bedenken des VwGH nicht auf diese Bestimmungen erstreckten. Vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bedenken ist §21 G-ZG trennbar.
Die Bundes-Zielsteuerungskommission bzw die Landes-Zielsteuerungskommissionen stellen die Grundlage für die - als bedenklich erachtete - Verordnungserlassung her. Das Bedenken des VwGH richtet sich jedoch dagegen, dass eine Verwaltungsbehörde Verordnungen zu erlassen hat, deren Inhalte nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Ingerenz oberster Organe stünden, weshalb der Sitz der Verfassungswidrigkeit in §23 Abs4 G-ZG liegt. Im Fall der Aufhebung dieser Bestimmungen bliebe es bei unverbindlichen Planungsakten der Bundes-Zielsteuerungskommission bzw der Landeszielsteuerungskommissionen, wogegen der VwGH keine Bedenken vorgebracht hat.
Aus dem Antrag des VwGH, der die verfassungsrechtlichen Grenzen der Beleihung thematisiert, ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich dieses Bedenken gegen §23 Abs4 G-ZG und die damit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen des G-ZG richtet.
Der VfGH hält es jedenfalls für denkmöglich, dass der VwGH diese Bestimmungen (eine Zeichenfolge in der ÖSG VO 2018 in der Stammfassung bzw gegen eine Wortfolge in der RSG Wien - VO 2019) in dem bei ihm anhängigen Revisionsverfahren anzuwenden hat. Daran ändert - angesichts der für den VwGH maßgeblichen Rechtslage im Revisionsverfahren - auch der Umstand, dass die ÖSG VO 2018 bereits außer Kraft getreten ist, ebenso wenig wie die Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien, dass der angefochtene Passus der RSG Wien - VO 2019 bloß als nicht verbindlicher Verweis zu verstehen sei (weil der VfGH im Rahmen der Präjudizialitätsprüfung nicht berechtigt ist, den VwGH an eine bestimmte Rechtsanschauung zu binden).
Der Hauptantrag auf Aufhebung des Eintrages "11" in der Spalte der Rehabilitations-Indikationengruppe "ONK" in der Zeile für das Bundesland Wien in der Tabelle "AmbTP - SOLL 2020" in §2 Abs6 der ÖSG VO 2018 erweist sich schon deshalb als zu eng gefasst, weil sich bei einer - allfälligen - Aufhebung in diesem Umfang entsprechende Bedarfsfestlegungen aus §2 Abs5 ÖSG VO 2018 (in Verbindung mit der Einwohnerzahl Wiens) ergeben würden. Entsprechendes gilt für den ersten, zweiten und dritten Eventualantrag. Hingegen ist der vierte Eventualantrag, der auch §2 Abs5 ÖSG VO 2018 umfasst, nicht zu eng. Der Hauptantrag und der erste, zweite und dritte Eventualantrag zur ÖSG VO 2018 sind daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Bedenken haben sich hinsichtlich §23 Abs4 G-ZG (und des damit in Zusammenhang stehenden §23 Abs1 zweiter, dritter und vierter Satz, Abs2 zweiter, dritter, vierter und fünfter Satz, Abs6 und 7 leg cit) wegen Widerspruches zu Art102 B-VG aus den im E v 30.06.2022, G334/2021 ua, V265/2021, dargelegten Gründen als zutreffend erwiesen. Diese Bestimmungen sind daher als verfassungswidrig aufzuheben. Die Bedenken gegen die §§18, 19 und 20 Abs1 und Abs2 G-ZG haben sich aus den im E v 30.06.2022, G334/2021 ua, V265/2021, dargelegten Gründen als nicht zutreffend erwiesen. Der Antrag auf Aufhebung ist daher insoweit abzuweisen.
Die Bedenken gegen §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 haben sich aus den im E v 30.06.2022, G334/2021 ua, V265/2021, dargelegten Gründen als nicht zutreffend erwiesen. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.
Die Bedenken gegen §5 Abs3a (und die Wendung "und 5" in §7 Abs2 zweiter Satz) Wr KAG entsprechen jenen, die der VfGH in seinem Prüfungsbeschluss zu G334/2021 ua gegen die entsprechenden Bestimmungen des §10c Abs3 NÖ KAG bzw §6a Abs6a Oö KAG 1997 erhoben hat. Die Bedenken gegen §5 Abs3a (und die Wendung "und 5" in §7 Abs2 zweiter Satz) Wr KAG haben sich aus den in E v 30.06.2022, G334/2021 ua, V265/2021, dargelegten Gründen, als nicht zutreffend erwiesen. Aus denselben Gründen sind auch die vom VwGH gegen §5 Abs3a Wr KAG geltend gemachten Bedenken nicht begründet. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.
Die Bedenken gegen §2 Abs5, Abs6 und Abs7 ÖSG VO 2018 haben sich insoweit als zutreffend erwiesen, als sie darin bestanden, dass es den vom VwGH angefochtenen Bestimmungen der ÖSG VO 2018 im Fall der Aufhebung von §23 Abs4 G-ZG zum Teil an der gesetzlichen Grundlage fehlen würde. Infolge der Aufhebung von §23 Abs4 G-ZG wegen Verstoßes gegen Art102 B-VG entbehren §2 Abs5 und 6 und eine näher bezeichnete Wortfolge in §2 Abs7 ÖSG VO 2018 (teilweise, nämlich soweit diese Bestimmungen ihre Grundlage in §23 Abs4 G-ZG haben) der gesetzlichen Grundlage. Gelangt der VfGH zur Auffassung, dass die ganze Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt, so hat er die gesamte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben oder, wenn die Verordnung bereits außer Kraft getreten ist, auszusprechen, dass die gesamte Verordnung gesetzwidrig war. Der Fall des Art139 Abs3 Z1 (iVm Abs4 letzter Satz) B-VG liegt hier vor. Die ÖSG VO 2018 wurde durch §6 Abs2 der ÖSG VO 2020 mit Ablauf des 18.02.2021 aufgehoben. Es ist daher auszusprechen, dass die ÖSG VO 2018 - soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung stand - zur Gänze gesetzwidrig war.
Hingegen haben sich die weiteren Bedenken, nämlich, dass die angefochtene Verordnung vom unzuständigen Organ der Gesundheitsplanungs GmbH erlassen worden sei, weiters dass sie infolge Aufhebung von §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 auch in ihrer Funktion als Verordnung des Landes Wien der gesetzlichen Grundlage entbehren würde, und schließlich, dass sie insofern gegen ihre gesetzlichen Grundlagen verstoßen würde, als diese die Erlassung "gemischter" Verordnungen auf den Gebieten des Gesundheitswesens und des Krankenanstaltenrechtes nicht zulassen würden, als unzutreffend erwiesen (E v 30.06.2022, G334/2021 ua, V265/2021). Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen waren daher nicht gesetzwidrig, soweit sie als Verordnungsbestimmungen des Landes Wien in Geltung standen.
Infolge der Aufhebung von §23 Abs4 G-ZG wegen Verstoßes gegen Art102 B-VG entbehrt die Wortfolge "Rehabilitation (Erwachsene) - siehe ÖSG VO in der jeweils geltenden Fassung" in Anlage 1 - Blatt 1 der RSG Wien - VO 2019 (teilweise, nämlich soweit diese Bestimmung ihre Grundlage in §23 Abs4 G-ZG hat) der gesetzlichen Grundlage. Gemäß Art139 Abs3 B-VG darf der VfGH eine Verordnung nur insoweit als gesetzwidrig aufheben, als ihre Aufhebung ausdrücklich beantragt wurde oder als er sie in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte. Gelangt der VfGH zur Auffassung, dass die ganze Verordnung der gesetzlichen Grundlage entbehrt, so hat er die gesamte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Die RSG Wien - VO 2019 ist daher - soweit sie als Verordnung des Bundes in Geltung steht - zur Gänze aufzuheben.
Hingegen haben sich die weiteren Bedenken, nämlich, dass die angefochtene Verordnung vom unzuständigen Organ der Gesundheitsplanungs GmbH erlassen worden sei, weiters dass sie infolge Aufhebung von §10 Wiener Gesundheitsfonds-Gesetz 2017 auch als Verordnung des Landes Wien der gesetzlichen Grundlage entbehren würde, und schließlich, dass sie insofern gegen ihre gesetzlichen Grundlagen verstoßen würde, als diese die Erlassung "gemischter" Verordnungen auf den Gebieten des Gesundheitswesens und des Krankenanstaltenrechtes nicht zulassen würde, als unzutreffend erwiesen (E v 30.06.2022, G334/2021 ua, V265/2021). Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "Rehabilitation (Erwachsene) - siehe ÖSG VO in der jeweils geltenden Fassung" in Anlage 1 - Blatt 1 der RSG Wien - VO 2019 ist daher, soweit er sich auf diese Verordnung als Verordnung des Landes Wien bezieht, abzuweisen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Kompetenz Bund - Länder Gesundheitswesen, Kompetenz Bund - Länder Sozialversicherung, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Krankenanstalten, Ambulatorien, Weisungsgebundenheit, Weisung, Beleihung, Hoheitsverwaltung, Vereinbarungen nach Art 15a B-VG, Aufsichtsrecht, Determinierungsgebot, Person juristische, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Präjudizialität, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, VfGH / Fristsetzung, VfGH / Bedenken, Planungsakte Verfahren, Verordnung Kundmachung, Oberste Organe der Vollziehung, Verantwortlichkeit Organe, Rechtspolitik, Gesellschaftsrecht, Bundesverwaltung mittelbare, Bundesstaatsprinzip, VfGH / Verwerfungsumfang, Behördenzuständigkeit, Zusammenwirken von Behörden, Behördenorganisation, Eventualantrag, Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage, VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:G39.2022Zuletzt aktualisiert am
12.10.2022